News

SORA-Studie zeigt Diskriminierung am Wohnungsmarkt

Eine SORA-Studie im Auftrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft zeigt rassistische Diskriminierung am Wohnungsmarkt.
Michael Neubauer
Diskriminierung
Diskriminierung
© AdobeStock

Eine SORA-Studie im Auftrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft zeigt rassistische Diskriminierung am Wohnungsmarkt. Anfang 2023 wurden 157 Inserate in Graz, Wien, Innsbruck und Linz von zwei Testpersonen mit fiktiven Biografien kontaktiert. "Muhammad Asif" erhielt in 50 Prozent eine Zusage für einen Besichtigungstermin. Fast jede fünfte Absage wurde damit begründet, dass die Wohnung bereits vergeben sei. "Michael Gruber", der immer nach Asif anrief, erhielt immer einen Termin.

"Menschen, die aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit außerhalb der Arbeitswelt diskriminiert werden, melden uns dies am häufigsten im Zusammenhang mit der Wohnungssuche. Weil die Einzelfälle oft schwer belegbar sind, wollten wir mit dieser Studie zeigen, wie häufig am Wohnungsmarkt diskriminiert wird", schilderte Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) die Motivation für diese Studie im Gespräch mit der APA.

Bei den Absagegründen des Testanrufers Asif, wonach die Wohnung schon vergeben sei (bei 18 Prozent der Anrufe bekam er diese Antwort) oder derzeit keine Termine vergeben würden (vier Prozent) dürfte es sich um falsche Vorwände gehandelt haben, da man den Mieter aufgrund seines "fremd" klingenden Namens wohl nicht haben wollte, vermutete Konstatzky. Habe doch der autochthon klingende Bewerber auch maximal zwei Stunden später noch eine Zusage erhalten. Aber auch wenn nicht direkt abgesagt wurde war es für Asif deutlich schwerer, nach dem Telefon-Erstgespräch an einen Besichtigungstermin zu kommen. So wurden in 34 Prozent der Fälle, in denen nicht direkt ein Termin zustande kam, weitere Unterlagen gefordert, in 25 Prozent zusätzlich eine schriftliche Bewerbung. Der Bewerber "Gruber" hingegen erhielt bei allen Anrufen direkt einen Termin für eine Besichtigung.

An anderen Faktoren als dem Namen und dem Akzent könne dieser Unterschied nicht gelegen haben, versicherte Konstatzky. Beide Anrufer gaben sich als mittleren Alters, ledig, unbefristet in technischen Berufen beschäftigt und gut verdienend. Michael Gruber ist in Österreich geboren und aufgewachsen und spricht Deutsch als Erstsprache. Mohammad Asif stammt aus Afghanistan, lebt seit 20 Jahren in Österreich und ist seit 5 Jahren eingebürgert, er spricht gut Deutsch mit Akzent. Diese Informationen kommunizierten sie aber nur auf Rückfrage. "Wie viel Geld er hat, wurde überhaupt nicht nachgefragt. Rein aufgrund seines Namens und Akzents wurde er ausgeschlossen." Dabei sei für den Vermieter "völlig unklar" ob es sich bei Muhammad Asif um einen österreichischen Staatsbürger handle oder nicht. "In der Realität betrifft das auch viele Menschen, die seit Jahrzehnten in Österreich leben oder hier geboren wurden."

Makler und Maklerinnen luden Asif nur bei 38 Prozent der Anfragen zu einer Besichtigung ein, private Vermieterinnen und Vermieter bei 78 Prozent. Auch regionale Unterschiede wurden beobachtet: Der Anteil an Telefonaten, in denen entweder gleich abgesagt oder weitere Voraussetzungen für eine Besichtigung genannt worden sind, war für den Testanrufer Mohammad Asif bei Wohnungsinseraten in Innsbruck und Linz am höchsten (71 Prozent). Auch in Wien war er mit 60 Prozent sehr hoch, für Wohnungen in Graz deutlich niedriger bei 22 Prozent.

"Viel Diskriminierung passiert subtil, oft auch unbewusst", so Konstatzky. Offen rassistische Äußerungen seien in der Studie zwar ausgeblieben, würden in der Realität aber vorkommen. "Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit auch beim Zugang zu Wohnraum. Das Studienergebnis ist alarmierend: Die Immobilienbranche muss daher alles daran setzen, um künftig hohe Standards für eine diskriminierungsfreie Wohnungsvermittlung festzulegen." Dafür habe die Gleichbehandlungsanwaltschaft Empfehlungen erarbeitet.

Grundsätzlich nicht erlaubt ist in Österreich etwa, eine Wohnung nur für Frauen auszuschreiben oder Alleinerziehende oder transgender Personen auszuschließen. Sowohl Makler und Maklerinnen als auch Eigentümer und Eigentümerinnen können im Fall einer Diskriminierung schadensersatzpflichtig werden. Vermietern und Vermieterinnen empfiehlt die GAW unter anderem, sich mit dem Gleichbehandlungsgesetz vertraut zu machen, Wohnungsanzeigen in einer inklusiven, diskriminierungsfreien Sprache zu formulieren und eine Liste objektiver Kriterien für die Reihung von Interessenten und Interessentinnen zu erstellen. Dazu gehören beispielsweise Zeitpunkt der Anfrage oder ausreichende Bonität. Darüber hinaus biete die GAW auch Schulungen zur diskriminierungsfreien Wohnungsvermittlung an. "Aber auch NGOs wie die Anti-Rassismus-Organisation ZARA oder die Dokumentationsstelle antimuslimischer Rassismus leisten wichtige Bildungsarbeit", so Konstatzky. Ein Problem seien auch Künstliche-Intelligenz-Systeme, die bei der Sortierung benutzt werden und - bewusst oder unbewusst - mit diskriminierenden Informationen gefüttert wurden.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine Studie der JKU von Doris Weichselbaumer und Hermann Riess. Vier männliche Profile mit "landestypischen" Vor- und Nachnamen (Österreich, Serbien, Türkei und Syrien) stellten insgesamt 3.900 schriftliche Anfragen auf private Wohnungsinserate in ganz Österreich. Der autochthone Österreicher erhielt auf rund 68 Prozent seiner Anfragen eine positive Rückmeldung (Einladung zu einem Besichtigungstermin bzw. konkrete Nachfrage nach weiteren Informationen). Die positiven Rückmeldungen für die Kandidaten mit migrantischen Namen waren deutlich geringer: serbisch: 61 Prozent, türkisch: 51 Prozent und syrisch/arabisch: 39 Prozent.

Gaben die fiktiven Bewerber weitere Informationen zu ihrer Herkunft an, veränderte sich die Rückrufquote: Wenn Migranten im Ausland geboren und aufgewachsen waren, waren die positiven Rückmeldungen am seltensten, wenn sie in Österreich geboren waren, deutlich häufiger. Insbesondere der syrische Kandidat profitierte vom Hinweis, dass er in Österreich geboren und aufgewachsen war (positive Rückmeldungen: 54 anstatt 39 Prozent). Der Kandidat mit dem serbischen Namen musste 28 Prozent mehr Vermieterinnen kontaktieren, um eine Einladung zu einer Besichtigung zu erhalten, als jener mit einem österreichischen Namen, jener mit türkischem Namen 86 Prozent und jener mit syrischem Namen 474 Prozent mehr.

Das Ausmaß an Diskriminierung unterschied sich dabei nicht nach Geschlecht, Migrationshintergrund oder Bildungsgrad der Vermieter und Vermieterinnen. Auch der Preis der Wohnung spielte keine Rolle. "Ein bisschen besser ist das Ergebnis in Städten als im ländlichen Raum, aber der Unterschied ist nicht statistisch signifikant", sagte Weichselbaumer. Wie auch am Arbeitsmarkt empfiehlt sie Vermietern und Vermieterinnen, sich bei der Auswahl Zeit zu lassen: "Die Gefahr ist, das man Leute aufgrund seines eigenen Bias (engl. "Vorurteil", Anm.) vorschnell ausschließt, anstatt ihnen eine faire Chance zu geben." (apa)