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Staatsoper Wien

Staatsoperndirektor Dominique Meyer über die Notwendigkeit, Energie zu sparen, die schönsten Plätze in der Staatsoper und die perfekten Klangfarben.
Thomas Malloth

„Ich mag es sehr, Opern aus der Nähe zu betrachten.“ Staatsoperndirektor Dominique Meyer über die Notwendigkeit, Energie zu sparen, die schönsten Plätze in der Staatsoper und die perfekten Klangfarben.

Kerzen wären natürlich etwas Besonderes, um einerseits die zeitlose Schönheit des Hauses zu unterstreichen und die Vorzüge im wahrsten Sinne des Wortes ins rechte Licht zu rücken. Wäre das Haus nicht die Wiener Staatsoper und gäbe es da nicht die Brandschutzverordnung… Damals, erzählt Direktor Dominique Meyer, und er meint damit wirklich die Anfangszeit großer Musiktheater, war es für die Zuschauer bitter kalt, wenn sie dem Musikgenuss frönen wollten. Die Heizmöglichkeiten waren eingeschränkt, lediglich in einigen Nebenräumen gab es Kamine. Im Französischen heißen diese Feuerstellen foyer. So kam das heutige Foyer zu seinem Namen, auch wenn es in den Opernhäusern mittlerweile in allen Räumlichkeiten wohl temperiert ist. Die optimale Beleuchtung ist also jetzt ein aktuelles Thema durch das Bedürfnis nach Energiekosteneinsparung. Denn bei den Hunderten von Lampen und Leuchten, die sich im ehrwürdigen Haus am Opernring befinden, schlummert einiges Optimierungspotenzial, wie der Staatsoperndirektor erzählt. Ab Herbst soll also mit der Umstellung auf LED-Leuchtkörper sukzessive begonnen werden, die immerhin eine Einsparung von 60 Prozent bei den Beleuchtungskosten bringen soll. Dabei war das Auswahlverfahren der richtigen Lampen nicht so einfach, so Meyer, musste doch die optimale Lichtwirkung herausgefunden werden.  Energieeffizienz ist also auch für Opernhäuser ein relevantes Thema.

ImmoFokus: Mit Energieeffizienz im technischen Sinne hat man als Direktor der Wiener Staatsoper wohl nicht täglich zu tun. Welchen Stellenwert hat das Thema dennoch für Sie?

Meyer: Ich bin der Meinung, dass ich nicht nur als Staatsoperndirektor, sondern überhaupt als Bürger eine Verpflichtung habe, mich mit dem Thema Energieeffizienz auseinanderzusetzen. Natürlich ist der Energieverbrauch an einem so großen Haus hoch, und ich halte es für geboten, dass wir uns dafür einsetzen, Energie zu sparen.

Die Budgets sind immer und überall knapp bemessen… Wie viel wird in Ihrem Haus für die Position „Energieversorgung“ aufgewendet? Wie schwierig ist es, technische Modernisierungen einzuplanen bzw. überhaupt zu planen?

Der Anteil des Bereichs Energie beläuft sich auf 0,6% der Gesamtkosten bzw. auf rund 3% der Sachkosten. Natürlich ist es in Zeiten von Budgetknappheit schwierig, in technische Modernisierungen zu investieren – aber gemeinsam mit unserem kaufmännischen Geschäftsführer Thomas Platzer schaffen wir auch das.

Staatsoper _ Dominique Meyer _ 007 © cityfoto

Wenn Sie Opernhäuser „technisch“ vergleichen müssten, z.B. Sydney versus Wien, worin bestehen für Sie die größten Unterschiede (z.B. Akustik, Lichtverhältnisse), welche Gemeinsamkeiten haben die Häuser aber auch?

Weltweit gibt es einige tausend Opernhäuser, die allesamt sehr unterschiedlich sind. Teilweise sind sie kaum vergleichbar – so gibt es historische Gebäude aus dem 18. Jahrhundert und ganz neue Häuser mit modernster Technologie. Und von der Größe bzw. Sitzplatzkapazität gibt es ebenfalls eine große Bandbreite – von kleineren Theatern mit 600-800 Plätzen bis zu großen Opernbühnen mit über 4.000 Plätzen. Die Akustik hängt natürlich auch eng mit der Größe des Theaters zusammen. Die Wiener Staatsoper ist ein historisches Gebäude aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, aber gleichzeitig auch ein modernes Haus im alten Stil, das nach der Zerstörung durch Bomben Ende des Zweiten Weltkrieges nach zehn Jahren des Wiederaufbaus 1955 wiedereröffnet wurde. Mit 1709 Sitzplätzen und 567 Stehplätzen ist der Zuschauerraum relativ groß und bedarf natürlich auch „großer“ Gesangsstimmen. Die Klangfarben, die durch die Mischung von Orchester und Stimmen entstehen, sind hier reich und attraktiv.

Welche Einstellung haben Sie generell zu „Neubauten“ als Opernhäuser (z.B. Sidney) – was gefällt Ihnen?

Ich war der erste Direktor der neu erbauten Bastille-Oper in Paris und kenne nicht zuletzt auch deshalb Vor- und Nachteile von modernen Opernhäusern, die natürlich auch sehr unterschiedlich sein können. Es gibt sehr gute neue Operngebäude, etwa das neue Haus in Aix-en-Provence oder das neue Theater in Glyndebourne. Die Bastille hingegen ist eher schwierig und weist architektonische Fehler auf.

Welches war Ihr bislang schönstes Erlebnis als Direktor der Wiener Staatsoper? 

Es gibt sehr viele schöne Erlebnisse und Erinnerungen. Was mich immer wieder berührt, ist der Klang des Orchesters, besonders im deutschen Repertoire – bei Wagner, Strauss, Berg. Unvergessliche Momente sind aber auch manchmal Rollendebüts, die Künstler an unserem Haus geben – etwa Nina Stemme, die in Wien ihre erste Elektra gesungen hat, oder Anna Netrebko, die hier ihre erste Tatjana in „Eugen Onegin“ präsentiert hat.

Schöne Erlebnisse gibt es ebenso abseits der Vorstellungen, beispielsweise auch beim Vorsingen – so erinnere ich mich etwa gern an das Vorsingen des jungen Adam Plachetka, der inzwischen einen sehr schönen Weg gegangen ist – in der Wiener Staatsoper und international.

Können Sie Ihren Lieblingsplatz in der Oper beschreiben – und warum er das ist?

Ich habe zwei Lieblingsplätze in der Wiener Staatsoper: Das ist zum einen die erste Parkettreihe, von der aus man perfekte Sicht auf die Bühne hat – ich mag es sehr, Opern aus der Nähe zu betrachten –, aber auch in den Orchestergraben blicken kann. Und es sind die zwei Sitze in der hintersten Parkettreihe, die wegen des Mittelgangs bei den davorliegenden Reihen ebenfalls eine perfekte Sicht bieten. Und hier ist auch die Akustik wunderbar. Von diesen Plätzen aus verfolge ich viele Bühnenproben – bei Vorstellungen sitze ich aus praktischen Gründen in einer Loge.

Was finden Sie an Ihrem Beruf besonders spannend und interessant – gibt es auch besonders anstrengende Momente?

Spannend ist natürlich zum einen, 1000 Mitarbeiter zu führen und zusammenzubringen, deren Berufe für sich genommen gar nichts miteinander zu tun haben: Sänger, Tänzer, Techniker, Handwerker, Musiker, Kollegen aus den Bereichen Planung, Betriebsbüro, Produktion oder der klassischen Administration wie Buchhaltung, Revision, Recht etc.

Die interessanteste Aufgabe ist wohl die Spielplanerstellung mit den Besetzungen, oft drei, vier Jahre im Voraus. Und anstrengend sind sicherlich Umbesetzungen aufgrund von Künstlerabsagen, vor allem, wenn sie kurzfristig geschehen müssen und man sofort eine Entscheidung treffen muss, die keine Verzögerung duldet, weil man riskieren würde, für die Abendvorstellung keinen Sänger für eine bestimmte Rolle zu haben.


Staatsoper _ Dominique Meyer _ 008 © cityfotoDominique Meyer

Dominique Meyer, geb. am 8. August 1955 im elsässischen Thann, ist studierter Wirtschaftswissenschafter. Erster Höhepunkt seiner Karriere war 1984, als ihn der damalige französische Kulturminister Jack Lang als Berater in sein Ministerium holte. Weitere wichtige berufliche Stationen Meyers waren jene des Generaldirektors der Pariser Oper 1989 sowie Kulturberater der französischen Regierung 1992. Zwei Jahre später übernahm er die Leitung der Oper von Lausanne, wo er bis 1999 blieb, um schließlich an das privat geführte Théâtre des Champs-Élysées als Intendant zu wechseln. 2007 erhielt Meyer von der damaligen österreichischen Kulturministerin Claudia Schmied das Angebot, ab 2010 die Wiener Staatsoper zu leiten.