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Starke Performance in schwierigen Zeiten

Der österreichische Immobilieninvestmentmarkt hat sich im dritten Quartal des Jahres leicht erholt und konnte mit einem Transaktionsvolumen von knapp über einer Millarde Euro ein durchaus zufriedenstellendes Ergebnis erzielen.
Michael Neubauer
Starke Performance in schwierigen Zeiten
© ImmoFokus

In Summe bleibt das bis Ende September registrierte Investmentvolumen aber aufgrund der herausfordernden Rahmenbedingungen um fast 30 Prozent hinter dem entsprechenden Vergleichswert der Vorjahresperiode zurück.

Hauptverantwortlich dafür sind die hohe Inflation und die zur Bekämpfung der Teuerung stark gestiegenen Zinsen, die das Kapitalmarktumfeld und den Investmentmarkt fundmental verändert haben. Dazu kommen die deutlich eingetrübten Konjunkturaussichten. Die Folge sind gestiegene Renditen und ein starker Rückgang der Transaktionen. Damit liegt der österreichische Markt im gesamteuropäischen Trend.

Obwohl die Vermietungsdynamik in einigen Segmenten sehr gut war und ein Anstieg der Mietpreise festzustellen ist, kann dies die stark steigenden Renditeanforderungen der Investoren nur zum Teil kompensieren, was im Ergebnis zu einem sinkenden Preisniveau führt.

Besonders stark davon betroffen sind ältere, nicht ESG-konforme Bestandsimmo- bilien in schwächeren Lagen, die den Anforderungen der Investoren hinsichtlich Nachhaltigkeit nicht entsprechen. Hier sind zum Teil signifikante Preisabschläge zu verzeichnen. Im Bereich neuwertiger, taxonomiekonformer Immobilien, welche die Nachhaltigkeits- und Qualitätsanforderungen erfüllen, ist die Preisanpassung deutlich moderater. Diese Objekte sind auch im aktuellen Marktumfeld stark im Fokus institutioneller Investoren.

Bei den bis Ende September verzeichneten Transaktionen haben Büroimmobilien mit einem Anteil von fast 45 Prozent die Führung in der Statistik der meistgehandelten Assetklasse übernommen. Ausschlaggebend hierfür waren insbesondere einige bemerkenswerte Großtransaktionen über 100 Mio. Euro. Hierunter fallen bei- spielsweise die Verkäufe der Wiener Twin Towers an die S IMMO, des space2move an die Raiffeisen Immobilien Treuhand oder des Saturn Towers an Amisola.

Einzelhandelsimmobilien belegten den zweiten Platz im Ranking der Assetklas- sen und konnten rund 20 Prozent des Transaktionsvolumens für sich verbuchen. Die beiden Großtransaktionen der SIGNA, die zum einen das kika/Leiner-Portfolio an Supernova, zum anderen den Apple Store in der Kärntner Straße in Wien an eine Privatstiftung verkauft hat, haben in diesem Bereich maßgeblich zur guten Performance des Einzelhandelssegments beigetragen.

Knapp hinter dem Einzelhandelssegment haben sich Wohnimmobilien mit rund 15 Prozent des Transaktionsvolumens eingereiht, gefolgt von gemischt genutzten Liegenschaften (5 Prozent), Hotels (5 Prozent) und Logistik/Industrieimmobilien (3 Prozent).

Grundsätzlich gilt über alle Assetklassen hinweg, dass die Performance und Nachfrage nach neuen, nachhaltigen Immobilien auch zu marktadäquaten, guten Preisen weiter gegeben ist, während Objekte mit Nachhaltigkeits-Defiziten deutlich abgestraft werden.

Dies bietet jedoch auch entsprechende Chancen, und gerade in diesem Bereich werden derzeit auch zunehmend Investoren aktiv,die gezielt Bestandsobjekte aufkaufen, um diese mit zum Teil erheblichen Investitionen ESG-konform zu machen und dem institutionellen Investmentkreislauf zuzuführen.

Derzeit dominieren österreichische Investoren, insbesondere aus den Bereichen Family Offices und Privatinvestoren den österreichischen Immobilienmarkt mit einem Anteil von etwa 67 Prozent. Der historisch starke Einfluss von Investoren aus Deutschland ist signifikant zurückgegangen und beläuft sich in den ersten drei Quartalen des Jahres auf knapp über 30 Prozent.

Internationale, nicht deutschsprachige Investoren waren nur für etwa ein Prozent des Transaktionsvolumens verantwortlich, jedoch sind diese aktuell wieder verstärkt in der Prüfung von möglichen Opportunitäten, die der österreichische Markt bietet.

Entwicklung der Renditen

Trotz der Tatsache, dass viele Marktteilnehmer bereits einen weiteren Zinsschritt der Europäischen Zentralbank antizipiert haben, überwiegt immer noch die Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung, was zu einer spürbaren Zurückhaltung und Preissensibilität der Investoren führt.

Während der Renditeauftrieb im hochwertigen Core-Segment noch eher moderat ist, sind die weniger hochwertigen und risiko- reicheren Segmente deutlich stärker betroffen.

Infolgedessen ist die Transaktionsaktivität derzeit noch sehr verhalten. Obwohl viele, insbesondere internationale Investoren den österreichischen Investmentmarkt genau beobachten, wird es noch dauern, bis tatsächliche Abschlüsse getätigt werden.

Die Spitzenrenditen für institutionelle Wohn- und Büroobjekte bewegen sich bei hochwertigen Objekten bei etwa 4,25 Prozent bzw. 4,50 Prozent. Bei weniger attraktiven Lagen, ineffizienten Grundrissen, schlechter Infrastruktur oder Nachhaltigkeitsthemen werden jedoch höhere Risikoaufschläge in Ansatz gebracht. Diese können im Wohnbereich bis zu 100 Basispunkte und im Gewerbebereich bis zu 150 Basispunkte oder mehr betragen. Im Logistikbereich bleibt die Spitzenrenditen für ausgewählte, langfristig vermietete Tob-Objekte auf einem niedrigen Niveau bei um die 4,75 Prozent.

Im Einzelhandelsbereich ist nach wie vor eine differenzierte Entwicklung gegeben: Lebensmittelmärkte und Fachmarktzentren erfreuen sich grundsätzlich guter Nachfrage. Große, überregional strahlende Einkaufszentren sind derzeit bei Investoren dagegen deutlich weniger gefragt. Aufgrund fehlender aktueller Vergleichstransaktionen ist es hier auch schwierig, das aktuelle Renditeniveau zu bestimmen.

Die noch immer nicht klare Zinspolitik der Europäischen Zentralbank und die damit verbundene Unsicherheit beeinflussen die Preisentwicklung über alle Segmente hinweg. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich die Phase der Zinserhöhungen dem Ende nähert und damit spätestens im kommenden Jahr mehr Planungssicherheit für die Investoren gegeben ist, was den Renditeauftrieb verlangsamen bzw. ein Ende bereiten sollte.

Für das Gesamtjahr 2023 ist EHL vorsichtig optimistisch. Zurzeit verzeichnen wir bereits wieder deutlich mehr Interesse von Investoren als in den Vormonaten. Aktuell liegen aber die Preiserwartungen potenzieller Käufer und Verkäufer in vielen Fällen noch immer zu weit auseinander, sodass es im Moment noch zu wenigen Abschlüssen kommt. Es wird vermutlich noch etwas dauern, bis sich ein neues Marktgleichgewicht gebildet hat, jedoch gehen wir davon aus, dass die Zinsanhebungen der EZB 2024 ein Ende finden werden. Die Rahmenbedingungen sind momentan allerdings in allen Bereichen des Investmentmarktes noch herausfordernd.