Für 2021 plant Österreichs größtes Bauunternehmen eine Ausschüttung von 2 Euro je Aktie - das ist etwas mehr als im Jahr davor mit 1,90 Euro und entspricht laut Finanzvorstand Christian Harder einer Dividendenrendite von 5,7 Prozent und einer Ausschüttungsquote von rund 35 Prozent. Für 2019 war die Dividende wegen der Pandemie, die ab dem Frühjahr 2020 durchschlug, auf 90 Cent halbiert worden. Dem Oligarchen Deripaska wird die Ausschüttung wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland infolge des Angriffs auf die Ukraine vorenthalten.
Zu dem Ergebnisschub im abgelaufenen Jahr beigetragen habe vor allem, "dass wir in Österreich 2021 das ganz Jahr über haben bauen können", sagte CEO Thomas Birtel auf der Online-Bilanzpressekonferenz. Zu Beginn der COVID-19-Pandemie, ab Mitte März 2020, standen die rund 1.000 Baustellen hierzulande mehrere Wochen lang still. Ein wesentlicher Faktor für den Gewinnanstieg waren dem Konzernchef zufolge auch die "Verbesserungen im Hoch- und Ingenieurbau in Deutschland, das wir unter dem Namen Züblin betreiben", die positive Entwicklung im Bereich Real Estate Business sowie die beiden Großprojekte, welche die Strabag in Großbritannien abwickelt.
"So sehr uns der Rückblick auf dieses erfolgreiche, vergangene Jahr freut, müssen wir uns doch auf die gegenwärtigen Herausforderungen konzentrieren", hatte der Konzernchef vor der Pressekonferenz in einer Aussendung auch mit Blick auf Ukraine-Krieg mitgeteilt. "Es tut mir auch persönlich weh, dass dieses Friedensprojekt in Europa um Jahrzehnte zurückgeworfen wird", betonte Birtel dann in der Pressekonferenz. Der Angriffskrieg Russlands markiere eine Zäsur in der jüngeren europäischen Geschichte.
"Im Sinne unseres Unternehmens und in Hinblick auf die Verantwortung für unsere 74.000 Mitarbeitenden setzen wir jeden rechtlich möglichen Schritt, um uns klar von unserer russischen Aktionärin zu distanzieren und jedwede Einflussnahme zu unterbinden", so der CEO. "Das haben wir nicht zuletzt mit dem frühzeitigen Entschluss, keine Dividende an Rasperia auszuzahlen, getan."
Die Dividende an Deripaska entfällt aber nicht komplett, sondern nur solange die westlichen Sanktionen gegen Russland aufrecht sind: "Es ist genau wie 2018/19 bei den Sanktionen der Vereinigten Staaten, bei Sanktionen haben wir es immer mit einem Einfrieren zu tun, nicht mit einem Enteignen", so Birtel. "Das würde bedeuten, dass die Dividende nachzuzahlen wäre."
Die MKAO "Rasperia Trading Limited" mit Sitz in Kaliningrad, die dem Oligarchen Deripaska zuzuordnen ist, hält einen Anteil von 27,8 Prozent an der Strabag. Deripaska hält indirekt 49 Prozent an Rasperia, die restlichen 51 Prozent gehören "Einheiten in Russland", wie Birtel auf Nachfrage sagte. "Die Strabag ist nicht sanktioniert, da Deripaska die Strabag nicht kontrolliert", erklärte der CEO.
Aus Russland zieht sich der Baukonzern komplett zurück. "Wir haben uns im März dazu entschlossen, das Russland-Geschäfte abzuwickeln - angesichts der Größenordnung erwarten wir uns hier keine wirtschaftlichen Beeinträchtigungen", so der Konzernchef. Die Strabag habe sich dort traditionell auf den Wohn- und Industriebau konzentriert und 2021 nur 0,3 Prozent der Konzernleistung, also rund 50 Mio. Euro, erzielt.
Die Strabag hat ein gut gefülltes Auftragsbuch. 2021 weitete sich der Orderbestand um 22 Prozent auf 22,5 Mrd. Euro aus - ein noch nie da gewesener Höchststand. Operativ war der Bauriese gut unterwegs. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen legte der Gewinn (EBITDA) um 23 Prozent auf 1,45 Mrd. Euro zu, die EBITDA-Marge verbesserte sich von 8 auf 9,5 Prozent. "Die nahezu planmäßigen Abschreibungen waren mit 550 Mio. Euro nur leicht höher", sagte Finanzvorstand Harder.
Das operative Ergebnis (EBIT) stieg "infolge zahlreicher positiver Ergebniseinflüsse in allen Segmenten" um 42 Prozent von 630,7 auf ein Rekordhoch von 896,1 Mio. Euro, die EBIT-Marge von 4,3 auf "ein außergewöhnlich hohes Niveau" von 5,9 Prozent. "Wir gehen nicht davon aus, dass sich diese außergewöhnlich hohe Marge 2022 wiederholen lässt", hielt Harder fest. Vielmehr strebt der Konzern ab heuer "nachhaltig" eine EBIT-Marge von mindestens 4 Prozent an.
Den generellen Fachkräftemangel bekommt auch der Bauriese zu spüren. Es fehlen laut Birtel 3.000 bis 3.500 Leute - "also eine sehr sehr hohe Zahl", sie fehlten vor allem im technischen Bereich und zwar auf allen Ebenen. Die Strabag beschäftigte 2021 weltweit 73.606 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) - um 1 Prozent weniger als 2020.
Der Ausblick für das laufende Geschäftsjahr 2022 ist angesichts des Ukraine-Kriegs mit Unsicherheiten behaftet, bleibt aber vorerst unverändert bei einer angepeilten Bauleistung von 16,6 Mrd. Euro. Dies entspräche dem hohen Niveau von 2019, der Zeit vor der Pandemie. "Nun sehen wir bereits kriegsbedingte Materialengpässe und Preissteigerungen, und deren Dynamik ist dabei noch wesentlich stärker als im Vorjahr", räumte das Management ein.
Die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf das Geschäft könnten aktuell noch nicht konkret beziffert werden. Die Strabag hofft "auch diese Krise wieder mit unserer bewährten Strategie der Diversifizierung und Regionalität bewältigen zu können" und bleibt zum heutigen Zeitpunkt bei ihrer Guidance. (apa)