Der heimische Bauriese Strabag distanziert sich weiterhin klar von seinem russischen Kernaktionär. Der Oligarch Oleg Deripaska (bzw. die von ihm kontrollierte MKAO Rasperia) soll auch bei der Dividendenzahlung für 2022 leer ausgehen, da er wegen des Krieges Russlands gegen die Ukraine auf der EU-Sanktionsliste steht. "Es wird keine Dividende an Rasperia ausgeschüttet", betonte CEO Klemens Haselsteiner am Donnerstag in der Bilanzpressekonferenz.
"Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine hat enormes Leid verursacht", hielt Haselsteiner fest. Die Ausschüttung war dem russischen Großaktionär, der 27,8 Prozent an der Strabag hält, bereits im Vorjahr verweigert worden. Das Geld wurde auf ein eigenes Konto gelegt. Weiters wurde der von Rasperia entsandte Aufsichtsrat abberufen. Deripaska bekomme keine Dividende und habe keine Einflussmöglichkeiten, erklärte der Strabag-Chef.
Gegen die entsprechenden Beschlüsse der außerordentlichen und der ordentlichen Hauptversammlung wehrt sich der russische Kernaktionär mit Gerichtsprozessen. Beim Landesgericht Klagenfurt sind den Angaben zufolge zwei Verfahren anhängig. Deripaska möchte vor allem, dass die Abberufung von Aufsichtsrat Thomas Bull rückgängig gemacht wird.
Ein Urteil in dem Gerichtsstreit dürfte bald auf dem Tisch liegen: "Der Stand der Klage ist, dass am 15. Februar die erste Verhandlung stattgefunden hat und dass das schriftliche Urteil noch nicht vorliegt - wir erwarten das bis zur Hauptversammlung", berichtete Haselsteiner. "Wir gehen davon aus, dass wir Recht bekommen werden, das heißt, dass die Anfechtung abgelehnt wird", meinte der Strabag-Chef "vorsichtig optimistisch". Die nächste Aktionärsversammlung findet am 16. Juni statt.
Die Strabag machte 2022 spürbar weniger Gewinn als im wachstumsstarken Jahr davor. Unter dem Strich blieben 472,5 Mio. Euro - ein Rückgang um 19 Prozent gegenüber 2021, aber "der zweithöchste Wert seit Bestehen der Strabag", wie der Konzern bei der Vorlage der Zahlen vermerkte. Im Vergleichsjahr habe es "außergewöhnlich positive Ergebniseinflüsse" gegeben. Im abgelaufenen Jahr erhöhte sich die Bauleistung um 10 Prozent auf 17,7 Mrd. Euro, der Umsatz legte um 11 Prozent auf 17 Mrd. Euro zu.
"Hinter uns liegt ein in mehrfacher Hinsicht herausforderndes Jahr", resümierte Haselsteiner. "Nach Ausbruch des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine setzten wir rasch und entschlossen umfassende Maßnahmen, um jegliche mögliche - und sei es auch nur eine indirekte - Einflussnahme durch Oleg Deripaska, der die Aktionärin Rasperia kontrolliert, auf Strabag strikt zu unterbinden", strich der CEO hervor. In Russland ist der Baukonzern kaum noch aktiv. Die Strabag sei dabei, ihr Geschäft in Russland abzuwickeln. Der Anteil sei mit 0,3 Prozent der Konzernleistung "jedoch vernachlässigbar gering".
Der Krieg in der Ukraine habe auch zu einem signifikanten Anstieg der Inflation in Europa geführt, worauf die Zentralbanken mit deutlichen Zinserhöhungen reagiert hätten. In diesem Umfeld habe das Unternehmen "das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte" erzielt. Der Gewinn je Aktie (EPS) ging um 19 Prozent auf 4,6 Euro zurück. 2021 war der Konzerngewinn allerdings noch um 48 Prozent überdurchschnittlich stark gewachsen.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr weitete sich der Auftragsbestand "trotz steigender Baukosten und beschleunigter Zinswende" um 6 Prozent auf 23,7 Mrd. Euro aus und markierte damit einen neuen Rekord zum Jahresende, wie Österreichs größter Baukonzern bekanntgab.
Das Vergleichsjahr 2021 sei "durch zahlreiche positive Ergebniseinflüsse in allen Segmenten geprägt" gewesen. "Im Jahr 2022 setzte, wie erwartet, eine Normalisierung ein", erklärte die Strabag. Die EBIT-Marge liege im Einklang mit der Zielsetzung der Konzernführung, ab 2022 nachhaltig mindestens 4 Prozent zu erwirtschaften.
Die Strabag beschäftigte im abgelaufenen Geschäftsjahr weltweit 73.740 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalenten) und damit etwas mehr als im Jahr davor (73.606). Rund 11.600 davon entfielen auf Österreich. Auch der Baukonzern bekommt den Fachkräftemangel zu spüren. "Wir haben aktuell 3.700 Stellen offen, 2.500 davon in Deutschland", so der CEO.
Der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr ist stabil: "Die Zeiten bleiben bewegt, die Rahmenbedingungen herausfordernd. Dennoch erwarten wir mit Blick auf 2023 keine größeren Einschnitte", hielt Haselsteiner fest. "Wir gehen davon aus, die Leistung auf hohem Niveau halten zu können - konkret erwarten wir 17,9 Mrd. Euro." Gerade in Zeiten, in denen einzelne Bausegmente Rückgänge verzeichneten, mache sich die konzerneigene Strategie der Diversifikation bezahlt. "Dementsprechend rechnen wir damit, im Jahr 2023 eine EBIT-Marge von mindestens 4 Prozent zu erwirtschaften und diese nachhaltig absichern zu können", stellte der CEO in Aussicht. (apa)