News

Strategiewechsel

Baurechte statt Verkauf. „Die Vergabe von Baurechten im urbanen Bereich könnte eine Alternative für den Bund sein“, meint Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil im Interview mit dem ImmoFokus.
Michael Neubauer

Baurechte statt Verkauf. „Die Vergabe von Baurechten im urbanen Bereich könnte eine Alternative für den Bund sein“, meint Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil im Interview mit dem ImmoFokus.

Bis zum Jahr 2020 sollen mehr als eine halbe Milliarde Euro in die Bundesheer-Infrastruktur investiert werden. Wo liegen die Schwerpunkte im Bereich Immobilien?

Hans Peter Doskozil: Die Schwerpunkte der mittelfristigen Investitionen im Bereich der Infrastruktur liegen vor allem im Bereich der Verbesserung der Unterbringung von Grundwehrdienern. Darüber hinaus wird auch in die Sportinfrastruktur in den Kasernen investiert. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich der Energieeffizienz; so werden derzeit bereits einige Projekte der alternativen Wärmeversorgung in größeren Liegenschaften umgesetzt. Generell kann gesagt werden, dass wir versuchen, die gesamte Infrastruktur fit zu machen für die neuen Herausforderungen des Österreichischen Bundesheers.

Mit Ende September des Vorjahres hat die SIVBEG ihre Tätigkeit eingestellt. Wie viele Liegenschaften wurden verkauft und welche Erlöse erzielt? Sind Sie mit den Erlösen zufrieden? Was ist mit dem vereinnahmten Geld passiert?

Die SIVBEG hat von 2005 bis 2016 erfolgreich den Verkauf von 160 – teilweise sehr komplexen – Heeresliegenschaften in ganz Österreich mit einem Gesamterlös von rund 371,5 Millionen Euro abgewickelt. Die Erlöse entsprechen dem Verkehrswert der Liegenschaften und sind daher marktkonform. Die Erlöse wurden großteils dem Budget des BMLVS zugerechnet.

War man bei der Bewertung einiger Liegenschaften wie zum Beispiel bei der Martinek-Kaserne in Baden zu optimistisch. Einige Interessenten hätten sich wieder zurückgezogen, heißt es im Markt. Vor allem aber, weil sich ein Investment in Höhe von über 30 Millionen Euro nur mit Wohnbau, den die Gemeinde Baden aber ablehnt und eine Umwidmung ablehnt, rechne...

Die Festlegung des Mindestverkaufspreises für die Martinek-Kaserne erfolgte durch ein Bewertungsteam mit Fachexperten aus dem BM für Finanzen und dem BM für Landesverteidigung und Sport sowie einer unabhängigen Vorsitzenden aus dem Immobilienbereich. Basis war ein Wertermittlungsgutachten eines unabhängigen Sachverständigen. Es gibt nach wie vor mehrere Interessenten für die Martinek-Kaserne.

Was passiert jetzt weiter (zB Martinek-Kaserne)? Können Sie sich vorstellen, bei der Verwertung von Immobilien dem Beispiel der ÖBB zu folgen und Immobilien in Baurecht zu vergeben? Kein „Versilbern“ des Familienvermögens, dafür aber laufende Einnahmen lukrieren?

Das BMLVS beabsichtigt, die Martinek-Kaserne mit unverändertem Mindestverkaufspreis, jedoch mit geänderten Verkaufsbedingungen neu auszuschreiben.

An den Meistbieter soll eine entgeltliche Kaufoption vergeben werden. Dieser hat somit die Rechtssicherheit, die Kaserne während der Optionsfrist „exklusiv“ kaufen zu können. Durch die beabsichtigte Vergabe einer Kaufoption hat der Meistbieter die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum gemeinsam mit den Gemeinden Baden und Sooß ein konkretes Konzept für die Nachnutzung des Kasernengeländes zu entwickeln.

Künftig könnte die Vergabe von Baurechten im urbanen Bereich eine vorteilhafte Alternative für den Bund sein; dies wird derzeit in meinem Hause geprüft.

Was spricht aus Ihrer Sicht für bzw. gegen eine Eingliederung der vom Bundesheer genutzten Immobilien in die BIG? Sind hier militärische Besonderheiten (Geheimnis) zu berücksichtigen?

Selbstverständlich gilt es immer die militärischen Besonderheiten im Zuge von neuen Modellen zu berücksichtigen. Natürlich ist militärische Sicherheit ein wesentlicher Teilaspekt. Derzeit werden durch meine Experten im Generalstab mögliche Kooperationen im Bereich der Bauorganisation geprüft. Unter anderem wird auch eine strategische Partnerschaft mit der BIG geprüft. Grundsätzlich darf ich festhalten, dass die BIG bereits bei einigen Großprojekten unser Ressort unterstützt hat. Als Beispiel darf ich hier die neu errichtete Kaserne in Güssing erwähnen.

Durch die Neuaufstellung der militärischen Bauorganisation haben die Militärkommanden mehr Kompetenzen und Budget bekommen. Was erwarten Sie sich von dieser Maßnahme?

Durch die Neustrukturierung der operativen Bauorganisation erwarte ich mir eine zügigere Umsetzung von zu realisierenden Bauvorhaben in der Zukunft. Ziel dieser Maßnahme ist es, die territorialen Militärkommanden in der Erfüllung Ihrer Aufgaben zu stärken und ablauforganisatorische Synergieeffekte zwischen der territorialen und der ehemaligen militärischen Bauorganisation zu nutzen.

Zu wenig Budget, zu viele Liegenschaften – wie kriegt man das in Balance?

In den letzten 10 Jahren wurde der Liegenschaftsbestand österreichweit deutlich reduziert bzw. wird die bestehende Infrastruktur laufend an den militärischen Bedarf angepasst und optimiert. Nichtsdestotrotz ist der zielgerichtete Einsatz der finanziellen Mittel  im Bereich Infrastruktur eine der zentralen Herausforderungen des österreichischen Bundesheeres der Zukunft.

In der Privatwirtschaft wird der „War for Talents“ unter anderem auch über die attraktive Gestaltung des Arbeitsplatzes, Home-Office-Lösungen geführt. Kann das Bundesheer hier mithalten? Sind Maßnahmen notwendig bzw. geplant?

Um das Bundesheer als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren, wurden verschiedene Maßnahmen gesetzt: Ein höheres Gehalt, niedrigere Einstiegslimits, eine neue Unteroffiziersausbildung, Sport während der Dienstzeit und eine lebenslange Anstellung – das sind die Eckpunkte der Personaloffensive. Wir bieten einen sicheren Arbeitsplatz und eine lebenslange Anstellung.

Wir haben die Unteroffiziersausbildung neu organisiert. Sie wird in einem geschlossenen, durchgehenden Lehrgang durchgeführt und dauert 18 Monate. Danach trägt man den Dienstgrad Wachtmeister und ist ausgebildeter Unteroffizier.

Wir haben im Jahr 2016 die Bezahlung erhöht. Chargen erhalten ab sofort 70 Euro, Unteroffiziere zwischen 124 und 450 Euro monatlich mehr. Soldatinnen/Soldaten, die sich für Auslandseinsätze verpflichten, erhalten pro Monat zwischen 562 und 691 Euro zusätzlich zum Gehalt. Für Ärztinnen/Ärzte und Pilotinnen/Piloten gibt es neue Sonderverträge.

Die Erhöhung des Verteidigungsbudgets ermöglicht wieder eine uneingeschränkte Ausbildung, mehr Übungen und damit die Bezahlung von Überstunden.

Bei Katastrophen oder Assistenzeinsätzen wird das Gehalt verdoppelt.

Das Aufnahmeverfahren wird erleichtert nach dem Motto „Ausbilden statt Ausscheiden“: Die volle körperliche Leistungsfähigkeit muss erst nach 12 Monaten erbracht werden, die Limits wurden an andere Armeen bzw. die Polizei angepasst.

Truppenübungsplätze – eine Ressource für nachwachsende Rohstoffe: Ist der TÜPL in forstwirtschaftlicher Bewirtschaftung Energielieferant für das Bundesheer?

Die Waldflächen des österreichischen Bundesheeres reichen von Truppenübungsplätzen der pannonischen Tiefebene im Burgenland bis an die Waldgrenze im Hochgebirge und verteilen sich somit auf das ganze Bundesgebiet.

Durch diese unterschiedlichen geografischen Lagen, Bonitäten und Vegetationsformen unterscheiden sich auch die forstwirtschaftlichen Bewirtschaftungsformen vom Wald in Ertrag bis Schutzwald.

Die primäre Aufgabe in der Bewirtschaftung  besteht darin, die militärische Nutzung der Truppenübungsplätze nachhaltig gemäß den Vorgaben der militärischen Raumnutzungspläne zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Instandhaltung des forstlichen Wegenetzes.

Erzeugt wird überwiegend Rundholz für die Sägeindustrie sowie Industrie- und Energieholz. Die Erzeugung erfolgt sowohl durch betriebseigene Forstarbeiter als auch durch Fremdvergaben mit Vollerntemaschinen und stellt somit in den jeweiligen Regionen einen nicht unbedeutenden nachhaltigen Wirtschaftsfaktor und Energielieferanten dar.