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Studie: Deutlich mehr Restrukturierungsfälle in Schlüsselbranchen

Die Boston Consulting Group erwartet mehr Restrukturierungsfälle in den Bereichen Immobilien, Automobil und Chemie
Patrick Baldia
BCG
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© AdobeStock | Die Experten der Boston Consulting Group sehen zunehmenden Restrukturierungsbedarf in der Immobilien-, Auto- und Chemieindustrie

Unternehmen im deutschsprachigen Raum stellen sich einer Studie zufolge wesentlich öfter auf Restrukturierungen ein als in den vergangenen Jahren. Gründe dafür seien die gestiegenen Zinsen, der anhaltende Krieg in der Ukraine sowie die düsteren Konjunkturperspektiven in diesem Jahr, teilte die Unternehmensberatung BCG am Donnerstag auf Anfrage mit. Es habe eine signifikante Verschlechterung der Lage in den vergangenen zwei Jahren bis Ende 2023 gegeben.

"In den letzten drei Quartalen hat sich zudem dieses hohe Niveau verfestigt." Restrukturierungsfälle seien in den nächsten Monaten vermehrt in der Bereichen Automobil, Chemie und Immobilien zu erwarten.

Die Boston Consulting Group (BCG) veröffentlichte erstmals ihren Restrukturierungsindex. Dieser entsteht durch eine Inhaltsanalyse auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI), die öffentlich verfügbare Nachrichten, Geschäftsberichte, Präsentationen und Fachartikel aus 38.000 Dokumenten auswertet. Ansonsten basieren Erhebungen in diesem Bereich oft auf Umfragen. Mit dem KI-Tool wurden auch die vergangenen beiden Jahre nachträglich unter die Lupe genommen, um für Vergleichbarkeit zu sorgen.

Die Anfragen zur Restrukturierungsberatung nähmen zu, teilte BCG weiter mit. "Der Kostendruck ist eine zentrale Herausforderung für alle Branchen. Zusätzlich leiden Chemie- und Autoindustrie unter einer schwächeren Nachfrage. Im Immobilienbereich sehen wir erhebliche Finanzierungsprobleme." In der Autobranche macht BCG einen zusätzlichen Wettbewerb durch chinesische E-Auto-Bauer aus. Wegen der Nachteile bei den Produktionskosten werde die Branche den Standort Deutschland immer mehr hinterfragen. "Skaleneffekte werden dabei immer wichtiger. Diskutiert wird dabei vor allem über Niedriglohnstandorte in Osteuropa als auch China", sagte BCG-Branchenexperte Tobias Wens.

Im Immobilienbereich sei die Unsicherheit hoch, wegen der schnell gestiegenen Zinsen bei niedrigeren Werten der Immobilien sowie energetischen Sanierungsauflagen. Bei Refinanzierungen sei die Branche auf einen offenen Dialog mit den Kreditgebern angewiesen. "Wie groß das Problem bei der Refinanzierung ist, hängt immer vom Einzelfall ab", so BCG-Branchenexperte Jan Lindenberg. "Ein Verkauf von Objekten zur Ablösung der fälligen Verbindlichkeiten fällt in der aktuellen Marktlage erwartungsgemäß schwer." Denkbare Lösungen mit den Gläubigern seien eine Verlängerung oder Restrukturierung der bestehenden Finanzierung.

In der Chemiebranche hätten bisher bei den Energiekosten vor allem Wettbewerber aus Amerika und dem arabischen Raum Preisvorteile gehabt, so BCG. Inzwischen lägen aber auch die Energiekosten in China unter den deutschen. Die Volksrepublik sei damit nicht nur Absatzmarkt mehr, sondern werde zunehmend auch zum Wettbewerber. (apa)