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Studie: Langfristige Verschlechterung der Lebensmittelnahversorgung in weiten Teilen Österreichs

RegioData: Immer mehr kleine Gemeinden werden nicht mehr vollständig versorgt - Schon 580 Gemeinden ohne Vollsortimenter
Patrick Baldia
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© AdobeStock | Während in den heimischen Groß- und Kleinstädten die Dichte an Lebensmittelvollsortimentern ständig zunimmt, werden kleinere, unrentable Standorte geschlossen

Die Auswertung der RegioData-Standortdatenbank zeigt eine langfristige Verschlechterung der Lebensmittelnahversorgung in weiten Teilen Österreichs: Die Anzahl der Lebensmittelvollsortimenter ist in Österreich seit 2010 um insgesamt 5,1 % gesunken. Vor allem die „Big-4“ – Spar, Rewe, Hofer, Lidl –, die insgesamt knapp 92 % des österreichischen Lebensmittelhandels abdecken, haben kaum mehr Expansionsambitionen. Derzeit gibt es insgesamt 5.614 Standorte von Vollsortimentern, die sich jedoch regional sehr unterschiedlich verteilen. Während in groß- und kleinstädtischen Gebieten die Dichte an Verkaufsstellen ständig zunimmt, werden kleinere, unrentable Standorte nach wie vor geschlossen.

Eine räumliche Konzentration ist insbesondere rund um die Hauptstädte Wien, Linz und Graz sowie in deren umliegenden Gemeinden, den sogenannten „Speckgürteln“, zu beobachten. Im Gegensatz dazu dünnt die Versorgung in kleinen, peripheren Gemeinden etwa in Ober- und Niederösterreich immer mehr aus.

Ungleichmäßige Versorgung: Große Unterschiede nach Bundesländern

Knapp 28 % aller Gemeinden verfügen über keinen Lebensmittelvollsortimenter. Von diesen insgesamt 580 Gemeinden in Österreich entfallen die meisten auf Nieder- und Oberösterreich. In beiden Bundesländern gibt es jeweils etwa 155 Gemeinden ohne einen umfassenden Lebensmittelversorger. Besonders in ländlichen Regionen mit sehr kleinen Ortschaften ist die Versorgungslage schlecht. Das vergleichsweise günstige Bild in der Steiermark ist vor allem auf die Gemeindezusammenlegungen der letzten Jahre zurückzuführen, die Versorgungssituation in den einzelnen Ortsteilen ist jedoch genauso ungünstig.

Zu wenig Potenzial

Um ein Lebensmittelgeschäft betriebswirtschaftlich betreiben zu können, braucht es im Normalfall eine Mindestgröße von 400 m² Verkaufsfläche, kleinere Standorte brauchen besonders günstige Faktoren (Hohe Frequenz, Touristen, besondere Öffnungszeiten). Um den dafür notwendigen Umsatz erreichen zu können, braucht es im Einzugsgebiet mindestens etwa 1.500 Einwohner. Ist dieses Einwohnerpotenzial zu gering, lohnt sich der Betrieb nicht. Bestehende Betriebe werden langfristig schließen (z.B., weil kein Ertrag erzielt werden kann und sich deswegen kein Nachfolger findet) und neue werden nicht errichtet werden. In manchen derartigen Fällen helfen auch kreative Ansätze, etwa genossenschaftliche oder Vereinslösungen durch die betroffene Bevölkerung, die so einen Lebensmittelversorger selbst betreiben können, ohne einen Ertrag erzielen zu müssen.

Teilsortimenter werden mehr

Während herkömmliche Lebensmittelmärkte in einigen Gebieten abnehmen, erleben Teilsortimenter durchaus einen Aufschwung und leisten so auch einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Nahversorgung. Die knapp 1.500 Tankstellenshops erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Da sich allerdings die Tankstellen meist außerhalb der Ortskerne befinden, profitieren vorwiegend nur motorisierte Kunden. Ebenso im Aufwind sind bäuerliche Direktvermarkter und diverse Automatenshops. Diese kleineren Geschäfte bzw. Abgabestellen, die sich auf ein sehr begrenztes Sortiment konzentrieren, profitieren von ihrer Flexibilität und der Fähigkeit, schnell auf Kundenbedürfnisse einzugehen und frische, lokale Produkte direkt vom Erzeuger zu verkaufen.

Eine innovative Möglichkeit der Nahversorgung, nämlich Self-Check-Out-Verkaufscontainer, hingegen konnte in Österreich auf Grund der Öffnungszeitenbeschränkungen nicht Fuß fassen. Obwohl diese Container über kein Personal verfügen, sind sie an die üblichen Ladenöffnungszeiten gebunden, ganz im Gegensatz zu Automatenshops, bäuerlichen Direktvermarktern und Tankstellenshops. Die österreichischen Pioniere auf diesem Gebiet, Unimarkt („UNIbox“) und REWE („BillaBox“), haben deswegen ihre Standorte wieder geschlossen.

Zukunft

Die recht hohe Anzahl von Schließungen der Lebensmittelvollsortimenter in kleinen Dörfern und Ortsteilen in den vergangenen Jahren hat sich bereits deutlich abgeschwächt. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren nur noch wenige neue Versorgungslücken entstehen. Schließungen herkömmlicher Lebensmittelmärkte in kleinen Gemeinden sind nicht einfach zu kompensieren, weshalb neue Ansätze und Lösungen erforderlich sein werden. In diesem Zusammenhang wird es vor allem zwei Strategien geben müssen: Erstens ein automatisierter Verkauf, also Einkaufsstellen ohne jegliches Personal, und zweitens eine Funktionsmischung, insbesondere zwischen Gastronomie und Einzelhandel, wie es etwa in Italien und Spanien seit jeher gepflegt wird. Bei beiden Strategien sind die Gesetzgeber und Interessensvertreter gefordert, durch liberalere Bestimmungen eine Verbesserung der Nahversorgungssituation zu erreichen.