Österreich kann auf die Geschichte seiner Wohnbaukultur stolz sein. Immer wieder hat unser Land internationale Best-Practice-Beispiele geschaffen – ob es nun das kommunale Wohnbauprogramm des Roten Wien in der Zwischenkriegszeit war oder das System der Wohnbauförderung, wie es nach dem 2. Weltkrieg aufgesetzt wurde, um den Wiederaufbau voranzutreiben. Österreich gehört heute zu den qualitativ und quantitativ bestwohnversorgten Ländern der Welt.
Doch die Krisensymptome mehren sich:
• Immer öfter wird die soziale Treffsicherheit des gemeinnützigen Wohnbaus in Zweifel gezogen. Bezieher von niedrigen Einkommen können sich eine neu errichtete geförderte Mietwohnung ohne zusätzliche Subjektförderung nicht mehr leisten – sie suchen ihr Glück im freien Markt oder sind angewiesen auf Gemeindewohnungen bzw. ältere, ausfinanzierte Genossenschaftswohnungen, für die es allerdings keine transparenten Vergaberichtlinien gibt.
• Die gemeinnützige Bauwirtschaft wiederum stöhnt ob der rasant steigenden Grundstückspreise. Die für sie geltenden Obergrenzen von 200 bis 300 Euro pro Quadratmeter sind zunehmend unrealistisch und machen geförderten Wohnbau in reiner Form immer öfter unmöglich.
• Die seit den 90er Jahren stetig steigenden technischen und architektonischen Standards im Wohnbau haben mittlerweile ein Niveau erreicht, das unter den gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen kaum mehr haltbar ist.
• Die Schwächen des Mietrechtsgesetzes verunsichern inzwischen Vermieter wie Mieter gleichermaßen, die Zunahme befristeter Mietverträge ist nur eine Folge davon.
• Und unübersehbar die zunehmenden Desintegrationstendenzen der Gesellschaft und wie sie sich im Wohnungsmarkt bzw. der Wohnversorgung abbilden: Gut geht es denen, die bereits über Wohnraum verfügen. Schlecht jenen, die als Bezieher unterer und mittlerer Einkommen gerade Wohnung suchen. Gut geht es den Alteingesessenen, schlecht den neuen Zuwanderern.
Ist also das uns vertraute System der Wohnbauförderung am Ende? Wie steht es heute um das wertvolle Gut der sozialen Durchmischung, das die österreichische Wohnbaukultur seit vielen Jahrzehnten auszeichnet? Und wie halten wir das hohe Versorgungsniveau in unseren krisenhaften Zeiten?
Um tatsächlich auch in Zukunft leistbares Wohnen zu garantieren, dürfen wir uns einiges nicht mehr leisten, vor allem nicht wohn(bau)politische Untätigkeit. Die von Kennern mit Weitblick schon lange angedachte Verdichtung unserer Ballungsräume sollte die Herausforderung der nächsten 50 Jahre sein – Umnutzung, Aufstockung statt Neubau. Nur durch die hoffentlich daraus folgende geringere Nachfrage kann das gegenwärtige nicht mehr kontrollierbare Preistreiben am Grundstücksmarkt eingebremst werden. Unbedingt erforderlich dazu: Reformbereitschaft und Umdenken im gemeinnützigen Wohnungswesen. Umgekehrt braucht es ein neues Wohnrecht, das sich am Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht ein Beispiel nimmt.
Insgesamt kein einfaches Unterfangen. Denn die gegenwärtigen Herausforderungen sind komplex und so muss ihnen auch begegnet werden. Auf die simple Lösung vergangener Jahrzehnte zurückzugreifen, nämlich bauen, bauen, bauen, bis über das gestiegene Angebot der Preis wieder sinkt , das wäre heute schon allein aus ökologischen Gründen fahrlässig.