News

Take-off für die Sicherheit

Ob als fliegende Inspektoren, schwebende Helferleins oder wachsames Auge, Drohnen im kommerziellen Einsatz wird ein enormes Zukunftspotential attestiert.
Harry Weber
Harry Weber

Ob als fliegende Inspektoren, schwebende Helferleins oder wachsames Auge, Drohnen im kommerziellen Einsatz wird ein enormes Zukunftspotential attestiert.

Mit der Ankündigung des Online-Händlers Amazon, zukünftig Pakete per Drohne ausliefern zu wollen, rückten weltweit die neuen Möglichkeiten des Einsatzes von unbemannten Fluggeräten in eine breite, öffentliche Diskussion. Waren Drohnen früher ausschließlich Sache des Militärs, so sind die kleinen unbemannten Flugobjekte mittlerweile in vielen Bereichen des zivilen Lebens im Einsatz. Allen voran und wohl den meisten bekannt als Film- und Kameraauge. Das Einsatzspektrum ist jedoch viel breiter: Von der Lageerkundung über die Personensuche bis hin zur Gefahrstoffmessung reicht der Bogen. Vor allem Sicherheit und Hilfe für Menschen ist eine der zentralen Aufgaben von Drohnen, betonen die Experten. So können die Mini-Fluggeräte toxische Belastungen aufspüren, Ernten kontrollieren, Brände bekämpfen oder Leben retten. Einige Bergrettungen etwa schulen bereits ihre Mitarbeiter im Einsatz mit Drohnen, damit künftig Verschüttete per Infrarotkamera geortet werden können.

Lebensretter

Welches Potenzial sie bereits besitzen, zeigen auch die erfolgreichen Einsätze der Kopter, wie die Flugobjekte in Abgrenzung zu ihren militärischen Gegenstücken oft genannt werden, in entlegenen Gegenden und bei eiligen Lieferungen. So hat sich das US-Unternehmen Matternet darauf spezialisiert, Menschen in Krisengebieten mittels Drohne helfen zu können. Das im Silicon Valley beheimatete Start-up bringt mit autonomen Drohnen lebensrettende Medikamente in entlegene Dörfer. Oder: Seit der Katastrophe im japanischen Fukushima werden Drohnen mit Geigerzählern ausgestattet, um das Strahlungsniveau in den Reaktorruinen gefahrlos zu messen. Jüngst haben Schweizer Forscher eine Software präsentiert, mit der Drohnen selbstständig Waldwegen folgen und nach Vermissten suchen können. Das würde die Suche in Wäldern und Berggebieten beschleunigen und vereinfachen. Immerhin verunglücken oder verlaufen sich jährlich tausende Wanderer und Sportler in den Alpen.

Eine österreichische Entwicklung erfüllt beim Hilfseinsatz des aktuellen Flüchtlingsdramas im Mittelmeer eine lebensrettende Funktion. Der „Camcopter S-100“ der Firma Schiebel versucht, Flüchtlingsboote beziehungsweise in Seenot geratene Menschen zu lokalisieren, damit sie gerettet werden können. Die Schiebel-Drohne kann 200 Kilometer weit fliegen und wird von einem Schiff aus gesteuert. Mit den übermittelten Bildern kann der Schiffskapitän entscheiden, welche Flüchtlinge zuerst angesteuert und gerettet werden. Rund 300 Hubschrauber-Drohnen des Wiener Familienunternehmens sind mittlerweile weltweit in unterschiedlichen Bereichen im Einsatz und Schiebel erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 30 Millionen Euro bei einer Produktion von jährlich rund 50 Fluggeräten. 19 Prozent des Umsatzes, der zuletzt um 20 Prozent gestiegen ist, gehen in Forschung und Entwicklung.

Unger_Roboter-w855h425@2x

Kosteneinsparungspotenzial

Die Consumer Electronics Association geht davon aus, dass der Ausbau der kommerziellen Drohnen-Technologie in den kommenden zehn Jahren mehr als 82 Milliarden US-Dollar generieren könnte. Die Zukunftschancen der unbemannten Flugkörper werden vor allem im industriellen Bereich - ganz vorne mit dabei der Gebäudemanagement-Sektor - gesehen.

Bereits jetzt sind Dokumentationsaufgaben an hohen Gebäuden realisierbar, zum Beispiel an Fassaden, Dächern oder Schornsteinen. Anstatt zeitaufwändig Gerüste oder Leitern aufzubauen und Menschen zu gefährlichen Stellen hinaufsteigen zu lassen, ist der Einsatz von moderner Technik effizienter und sicherer, ist man auch beim burgenländischen Start-up Skyability überzeugt. Das Team hat einen hochsicheren, mit unterschiedlichen Messsystemen ausgestatteten Flugroboter entwickelt. „Die ursprüngliche Idee hinter Skyability war, das Problem der weintraubenfressenden Stare im Seewinkel anzugehen“, so Lukas Unger, einer der Gründer. Aus einer Markt- und Potenzialanalyse ihrer „Drohne“-Idee gingen dann über 100 Anwendungsfälle hervor. „Die Roboter, welche die Skyability lediglich als deren Werkzeug bezeichnet, können mit den unterschiedlichsten Messsystemen ausgestattet werden – von der hochauflösenden Kamera über Wärmebildkameras bis hin zu Laser-, Gas- oder Schallmesssystemen. Hier ist neben der kreativen Idee auch die anschließende Umsetzung durch die Techniker gefragt.“ Die Herausforderung liege nämlich darin, die gewonnenen Daten sinnvoll zusammenzuführen. „Das Kosteneinsparungspotenzial kann nur dann effektiv genutzt werden, wenn die Daten auch richtig interpretiert und verarbeitet werden. Deshalb wird die Interpretation der Daten in den meisten Fällen nicht vom Kunden, sondern von Skyability gleich mit übernommen.

Was die vielfältigen Drohnen-Anwendungen etwas einschränkt, sind die gegenwärtig noch geringen Reichweiten auf Grund der limitierten Akku-Laufzeiten. Auch bei stürmischem Wetter sind Flüge kaum möglich. Zudem ist die Sicherheit nicht immer gewährleistet. Landesweite Negativ-Schlagzeilen machten die unbemannten Flugkörper unlängst, als Österreichs Ski-Star Marcel Hirscher während des letzten Skirennens vor Weihnachten auf dem Weg zum Podestplatz beinahe von einer Kameradrohne getroffen worden wäre. Ein weiterer Kritikpunkt kommt von Datenschützern, die strenge Regeln bezüglich Privatsphäre einfordern.

Spezielle Vorschriften

Während kommerzielle Drohnenflüge in den USA bislang verboten sind, herrschen in jedem EU-Land eigene Regeln oder Zusatzvorschriften. Das soll sich bald ändern: Einheitliche europäische Regeln sollen nach dem Willen der EU-Kommission auch das Wachstum des Drohnenmarkts erleichtern. In Österreich ist der Betrieb seit 1. Jänner 2014 gesetzlich genau definiert. Nur Drohnen, die weniger als 250 Gramm wiegen und mit weniger als 60 km/h unterhalb von 30 Meter Höhe betrieben werden, gelten als Spielzeug und sind „genehmigungsfrei“. Dabei sind private Flüge prinzipiell nur in unbebautem Gebiet erlaubt. Im Wiener Stadtgebiet etwa herrscht Flugverbot. Für alle anderen Modelle gelten spezielle Vorschriften und beim kommerziellen Einsatz ist eine Bewilligungspflicht von der Austro Control in jedem Fall nötig. Über eine bewilligte Drohne der Klasse 1 verfügt etwa die TÜV Austria mit ihrer „Fliegenden Inspektions-Plattform“ (FIP), einem kamerabestückten, 8-rotorigen Fluggerät. Die FIP ist ein absolutes Einzelstück, in das eine Menge Know-how des TÜV und des Herstellers hineingepackt wurde. „Das war auch nötig, um die anspruchsvollen Anforderungen der Austro Control zu erfüllen, die mit ihren Kriterien verständlicherweise versucht, der Flugsicherheit in allen Belangen gerecht zu werden“, fasst der TÜV Austria-Sachverständige Elektrotechnik Martin Hofstädtner den Werdegang der FIP zusammen. Dass viel „Hirnschmalz“ in dem Fluggerät steckt, zeigt sich auch daran, dass es unter fünf Kilogramm wiegt, aber trotzdem alle möglichen technischen „Stückeln“ spielt. Trotz des geringen Gewichts kann es mit Foto-, Video-, Infrarotfoto- und -videosystemen ausgestattet werden und verfügt dabei über acht redundante Motoren und eine redundante Flugsteuerung zur Sicherung. „Damit erfüllen wir die Auflagen der Austro Control, auch in besiedeltem Gebiet fliegende Inspektionen anbieten zu können“, erklärt Hofstädtner. Und: „Wir können zudem eine Nutzung der Daten gemäß Datenschutzrecht garantieren.“ Als Beispiele für ihre Überprüfungs-, Inspektions- und Analysedienstleistungen nennt das Sicherheits-Unternehmen Fehlerortung und Beurteilung von Defekten an PV-Modulen, visuelle Überprüfung der Rotorblätter an Windanlagen, visuelle Überprüfung auf Bauschäden, Dach- und Fassadenkontrollen sowie visuelle Prüfung von losen Gesimsen, uvm.

Aufmerksames Auge

Für die Objektsicherheit und den Schutz von Baustellen sehen künftig auch die Sicherheits- und Bewachungsdienste Drohnen als hilfreiches Tool an. Dabei wird die geschulte Sicherheitsfachkraft quasi zum Piloten der Drohne und kann so „seine“ Umgebung noch besser erkennen. Das könne unter Umständen im Umgang mit Tätern auch eine Eskalation der Gefahrensituation verhindern, weil Drohnen gezielt als Kundschafter vorausgeschickt werden, um so vor Ort den Tatbestand eines Deliktes festzustellen oder erste wichtige Informationen zu sammeln. Ohne dass dabei Menschen in Gefahr geraten, kann die Polizei umgehend informiert werden.