Immer mehr Verbraucher müssen beim Einkauf die Ausgaben genau im Blick halten. Während 2019 rund 40 Prozent der Konsumenten angaben, häufig die Preise zu vergleichen, ist es mittlerweile jeder Zweite.
“Die Preissteigerungen der letzten Monate gehen an der gesamten Bevölkerung nicht spurlos vorbei: 95 Prozent nehmen eine starke oder eher starke Teuerung wahr”, erläutert Thomas Schwabl, Geschäftsführer von Marketagent.
Verglichen mit 2019 hat das Preisniveau hierzulande eine enorme Zuspitzung erfahren. So liegt der Anteil der Personen, die den Kostendruck als sehr hoch bezeichnen, mit 40 Prozent aktuell doppelt so hoch wie noch vor 3 Jahren (20 Prozent). Die Wahrnehmung der FMCG-Experten ist hier zwar nicht ganz so deutlich wie die der Verbraucher. Die Insider aus Handel und Industrie bewerten das Preisniveau in Österreich aber ebenfalls mehrheitlich als sehr oder eher hoch (74 Prozent).
Runtergebrochen auf einen typischen Warenkorb ergibt sich ein wahrgenommener Preisanstieg von durchschnittlich 27 Prozent. Die Österreicher schätzen also, dass die Kosten für einen normalen Einkauf aktuell um mehr als ein Viertel höher sind als im Vorjahr. Die FMCG-Experten gehen zwar von einer etwas geringeren Steigerung aus, bemessen diese mit 18 Prozent aber ebenfalls auf hohem Niveau. Die Teuerungsrate, die von allen befragten Stakeholdern als vertretbar eingestuft wird, liegt mit durchschnittlich 11,8 Prozent deutlich niedriger. Ein Wert, der sich ziemlich genau im Bereich der österreichischen Jahresinflationsrate bewegt.
Die Gründe für die Preissteigerungen werden in den Medien gebetsmühlenartig wiederholt: die schwierige internationale politische Lage und damit einhergehende steigende Energie- und Rohstoffpreise, gepaart mit Lieferschwierigkeiten und Arbeitskräftemangel. Bei den Verbrauern herrscht allerdings nur bedingt Verständnis für die aktuelle Teuerungswelle. Lediglich jeder Zehnte bezeichnet die Preisanstiege der letzten Monate als gerechtfertigt, die Hälfte der Bevölkerung (49 Prozent) fühlt sich hingegen abgezockt.
Die FMCG-Branche selbst sieht sich aber nicht als Gewinner der Situation. Im Gegenteil: Die Experten zeichnen ein düsteres Bild für ihre jeweilige Branche und rechnen alles in allem mit überwiegend negativen Auswirkungen. “Die Teuerung ist wie eine zu kurze Decke, unter der Konsumenten, Handel und Industrie stecken: Jeder will seinen Zipfel abbekommen, doch es geht sich nicht aus. Die Industrie produziert teurer als je zuvor, der Handel reduziert seine Spanne und die Shopper überlegen sich jede Ausgabe ganz genau”, fasst Roland Pirker, REGAL-Geschäftsführer, die Marktlage zusammen.
Einkaufen im Spannungsfeld von vergleichen und verzichten
Da den Teuerungen nicht zu entkommen ist, gibt jede*r zweite Befragte an, als Konsequenz das eigene Einkaufsverhalten sehr oder eher stark an die neue Situation anzupassen. Der Handel nimmt sogar noch deutlichere Veränderungen wahr. Die befragten Expert*innen gehen von 76% aus, die ihr Verhalten in den Geschäften umgestellt haben.
Die Verbraucher begegnen den Teuerungen vor allem durch vermehrte Griffe zu Sonderangeboten und einem bewussteren Preisvergleich. Auch zu Spontankäufen lässt man sich seltener hinreißen. Knapp die Hälfte der Befragten greift aktuell auch häufiger zu Eigenmarken als früher. Veränderungen, die sich auch stark in der Wahrnehmung der FMCG-Expert*innen niederschlagen.
Wenn der Preisvergleich alleine nicht ausreicht, bleibt nur noch der Verzicht. Vor allem bei Genussprodukten schränken sich viele Österreicherinnen und Österreicher aktuell ein, um über die Runden zu kommen. So geben jeweils rund 3 von 10 an, dass Süßigkeiten, Fleisch & Wurstprodukte bzw. Fisch & Meeresfrüchte nicht mehr oder nur noch selten im Einkaufswagerl landen.
Der Ausblick, den die befragten Stakeholder zeichnen, ist ebenfalls düster. Weder Verbraucher noch Experten gehen von einer Entspannung der Preisentwicklung in absehbarer Zeit aus. Zwei Drittel der Konsumenten rechnen sogar damit, dass die Preise in den nächsten Monaten weiter steigen werden. Eine Einschätzung, die von 71 Prozent der befragten Händler und 65 Prozent der Hersteller geteilt wird.