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„The same procedure as every year, James.”

Dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Immobilienwirtschaft im Wohnungsbau in den kommenden Jahren deutlich verbessern werden, daran glaubt kaum ein Marktteilnehmer. Zu diesem Schluss muss man nach der Analyse der Statements der Immobilien-Profis bei den Jahresauftakt-Pressekonferenzen 2016 kommen.
Michael Neubauer

„Dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Immobilienwirtschaft im Wohnungsbau in den kommenden Jahren deutlich verbessern werden, daran glaubt kaum ein Marktteilnehmer. Zu diesem Schluss muss man nach der Analyse der Statements der Immobilien-Profis bei den Jahresauftakt-Pressekonferenzen 2016 kommen. Dass der Wohnbau – speziell in Wien - angekurbelt werden muss, steht außer Streit. Die Nachfrage steigt kontinuierlich, die Neubauleistung verharrt auf zu niedrigem Niveau. Die Flüchtlingskrise wird mit ein wenig Zeitverzögerung voll auf dem Wohnungsmarkt durchschlagen. Laut Innenministerium wurden 2015 rund 90.000 Ansuchen gestellt und damit um gut 200 Prozent mehr als im Jahr davor, als 28.000 Anträge abgegeben wurden. Auch wenn nicht alle Asylverfahren für die Betroffenen positiv abgeschlossen werden, die im Land verbleibenden neuen Mitbürger werden leistbaren Wohnung brauchen und den Wohnungsmarkt weiter unter Druck setzen. Die Antwort der Politik ist Schweigen. Die Politik verschließt die Augen vor den nahenden Problemen. Anstelle mit Investitionsanreizen den Wohnungsmarkt anzukurbeln, wirft man den Investoren Knüppel zwischen die Beine. Dazu mischt sich auch ein gehöriges Maß an Rechtsunsicherheit, siehe Grundstückswerteverordnung, Pläne zur Anhebung der Grundsteuer. Auch die heilige Kuh „Gemeindebau“ wird nicht angetastet. Vor allem die in den 60iger, 70iger und 80iger Jahren mit öffentlichen Mitteln errichteten Wohnungen sind eine bedeutende Ressource an leistbarem Wohnraum. Zu viele dieser Wohnungen dienen nicht mehr der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses bzw. werden – gerade in Anbetracht der günstigen Mietkonditionen – erhebliche Anstrengungen unternommen, diese im Familienkreis zu halten. Zunächst einmal wäre für den Fall der Neuvermietung sicher zu stellen, dass wirklich nur jene Haushalte in den Genuss der günstigen Konditionen kommen, die auf diese angewiesen sind. „Ist eine Förderwürdigkeit nicht mehr gegeben, sollte hier mit einer Anhebung des Mietzinses im Sinne eines sozialen Ausgleichs auch gegengesteuert werden“, bringt es etwa Klaus Wolfinger, Vorstand und Bauträgersprecher des ÖVI, auf den Punkt. Die resultierenden Rückflüsse könnten zweckgebunden für neue Wohnbaumaßnahmen eingesetzt werden“, so Wolfinger. Die in Wien erprobte „Superförderung“ beweise, dass solche Systeme überschaubaren administrativen Aufwand auslösen und somit absolut praxistauglich sind. Dass dies auch im großen Stil möglich ist beweist Deutschland mit der Fehlbelegungsabgabe. Diese muss ein Mieter einer öffentlich geförderten Wohnung (Sozialwohnung) an eine Stadt oder Gemeinde entrichten, wenn seine finanziellen Voraussetzungen sich soweit verbessert haben, dass die Wohnung ihm eigentlich nicht mehr zusteht. Also worauf wartet die Politik? Jahrzehntelang war man in Österreich stolz, wie sich Bau- und Wohnungsstandards in die Höhe schraubten. Mittlerweile haben auch Bundes- und Landespolitik erkannt, dass die Neubaukosten deutlich zu hoch geraten sind. Zusätzlich treibt die höhere Technisierung der Gebäude (z.B. durch Brandschutzeinrichtung) die Betriebs- und Wartungskosten in die Höhe. Insgesamt ist nun aber jedenfalls der Zeitpunkt gekommen, das Problem an der Wurzel zupacken. Anstelle sich beim Abbau der mannigfaltigen Standards zu verzetteln, so der ÖVI, wäre es sehr heilsam, von Grunde auf neu zu definieren, welche Qualitäten als Mindeststandards für den Wohnbau wirklich unerlässlich sind. Im Bereich der Planung wären, so der ÖVI auch Schwellenwerte, „ungeschriebene Gesetze“ und überholte Dogmen zu hinterfragen. Angesichts völlig veränderter Lebensformen (man denke nur an Patchwork-Familien und Homeworking) stellen sich Planer und Bauträger zum Beispiel die Frage, warum Zimmer unter 10 m. verpönt sind (faktisches Kriterium für geförderten Wohnbau in Wien). Angesichts der wachsenden Bedeutung temporärer Wohnformen erscheinen die in einzelnen Landesvorschriften noch existierenden Mindestgrößen für Wohnungen sowie die Anknüpfung des Mietsrechtsgesetzes an die Schwelle von 30 Quadratmetern mittlerweile überholt. Ohne Tabubrüche wird es wohl nicht gehen. Der Politik aber fehlt der Mut. Also wird es 2017 wohl wieder heißen: „The same procedure as every year, James.” Bis es einmal ordentlich knallt.