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Turning Intentions into Impact!

Das erste Nachhaltigkeitssymposium der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft legte den Fokus auf die Praxis.
Michael Neubauer
Turning Intentions into Impact!
© Raphael Fasching

Im Zentrum stand die Präsentation von Lösungsansätzen und Forderungen an Gesellschaft und Politik in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung sowie Städte und Gemeinden, mit dem Schwerpunkt auf der Umsetzung einer nachhaltigen Bau- und Immobilienwirtschaft. Als Stargast fungierte Cate Blanchett.

Der elegante Festsaal der Hofburg war in tiefes Blau und Grün getaucht, als die Eröffnungsmusik den Beginn des Symposiums ankündigte. Sichtlich ergriffen betraten, nach der Moderatorin Mari Lang, ÖGNI Präsident Andreas Köttl und ÖGNI Geschäftsführer Peter Engert die Bühne.

Wie es sich für eine Veranstaltung gehört, in deren Mittelpunkt die Praxis und die Anwendbarkeit von Lösungen stehen, ging es danach sogleich in medias res.

Kreislaufwirtschaft - der Kodak-Moment

Eigentlich spricht man ja ungern über Negativbeispiele – aber dennoch bringt Walter Senk bei der Präsentation der ersten Arbeitsgruppe den Namen Kodak ins Spiel, das Unternehmen, das eigentlich in der Pole-Position gewesen wäre und doch den Schritt von der Analogfotografie hin zur Digitalisierung verpasst hat. Das dürfe der Immobilienbranche nicht passieren, betont man – und: Der Kodak-Moment ist jetzt.

„Heute können wir gestalten. Morgen müssen wir Entscheidungen treffen, damit wir übermorgen davon profitieren können“, stellt Arbeitsgruppenteilnehmerin und Co-Präsentatorin Sarah Dungs (Greyfield Group) fest, „wir wissen, dass unsere Ressourcen zur Neige gehen, wir kennen sogar unser CO2-Budget – und doch beharren noch viele auf veralteten Strategien.“

Als Erstes müsse man sich selbst bei der Nase nehmen, so die Präsentatoren. Aber im nächsten Schritt ist ein staatliches Regulatorium unumgänglich. Es muss die gesamte Wertschöpfungskette neu gedacht, und Produkte und Prozesse geschaffen werden, die kreislauffähig sind. „Unsere Wirtschaft ist zu kleinteilig“, so das Urteil.

Ansprechen müsse man einerseits den Nachwuchs, weswegen das Denken in Kreisläufen dringend in Aus- und Weiterbildungsangeboten verankert werden müsse – andererseits gelte es nun, die Entscheidungsträger:innen und Führungsebenen ins Boot zu holen.

Digitalisierung - wie ein Verkehrssystem

Von Post-its und vollgeschriebenen Tafeln erzählt Arbeitsgruppenleiter Heimo Rollett am Beginn der zweiten Präsentation. Der Clou: All das wurde digital gesammelt und beschriftet. Denn: „Die Digitalisierung müssen wir als Tool begreifen und nicht als Selbstzweck.“ Valide Daten sind die Grundlage für die Umsetzung nachhaltiger Immobilienprojekte – sowohl im Bau, im Betrieb als auch bei der Nutzung von Gebäuden als Ressourcen- und Materiallager.

Voraussetzung dafür sind Standardisierung und Kategorisierung von Daten. Co-Präsentator und Arbeitsgruppenteilnehmer Michael Haugeneder (ATP sustain) vergleicht es mit dem Straßenverkehr: „Damit wir alle sinnvoll und sicher darin agieren können, braucht es bestimmte Voraussetzungen und ein einheitliches Regelwerk – ein Auto mit Pickerl, einen Fahrer mit Führerschein und eine Straßenverkehrsordnung.“ Nur mit klaren Spielregeln – auch was die Datensicherheit angeht – kann die noch immer große Technologieskepsis überwunden werden. Teil solcher Spielregeln sei es, auch einen Mehrwert für Datenlieferant:innen zu schaffen, ebenso wie eine rechtssichere Datengrundlage, so Rollett: „Die Datengeber:innen müssen die Qualität sicherstellen – damit aber auch das Recht erwirken, Informationen zu erhalten und Lehren aus den gesammelten Daten zu ziehen.“

Auch konkrete Beispiele und Forderungen stellten die Präsentationen vor – darunter eine digitale Fertigstellungsmeldung oder ein vereinheitlichter CO2-Ausweis, der alle 10 Jahre aktualisiert werden müsse. Um eine ökonomische Komponente hinzuzufügen, müsse in diesem System auch ein Schattenpreis zugewiesen werden.

Bei den Betriebsdaten sei es wichtig, mit aggregierten Daten zu arbeiten, also nicht heruntergebrochen auf die Nutzer:innen, sondern auf die jeweilige Liegenschaft. Nach dem Motto „Train the Trainer“ sei es gerade bei den Bildungsangeboten nicht nur wichtig, den Nachwuchs digitalisierungsfit zu machen, sondern auch und vor allem die Lehrenden. Aus- und Weiterbildungsangebote müssten möglichst niederschwellig sein.

STÄDTE UND GEMEINDEN – AUF DEM BODEN DER NACHHALTIGKEIT

Wir alle haben noch die Bilder der kürzlichen Flutkatastrophe vor Augen. Nicht nur sind solche Extremwetterereignisse Folgen des Klimawandels, ihre extremen Auswirkungen sind eng verbunden mit der Bodenversiegelung, erklären Michael Neubauer und Silke Thor (moderne stadt GmbH) bei der Präsentation der dritten Arbeitsgruppenergebnisse. „Österreich ist Europameister im Verbrauch von fruchtbarem Grund und Boden“, so Neubauer, und Thor setzt fort: „Dabei sind unsere Böden unsere Lebensgrundlage, sie sind Retentionsraum und Versickerungsflächen. Sie sind wesentlich für unsere Ernährungssicherheit und fungieren außerdem als CO2-Speicher.“

Man müsse einerseits ein nationales Raumplanungsgesetz schaffen, erklären die Präsentator:innen, andererseits die Städte und Gemeinden in die Pflicht nehmen, den Bodenverbrauch zu steuern. Zunächst müsse man Nachverdichtung, Revitalisierung und Flächenkreisläufe forcieren. Erst wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft oder abgeklärt sind, darf es an die grüne Wiese gehen. Und auch dafür braucht es strenge Vorgaben, was Effizienz angeht – als Beispiel nennt Thor Mehrfachnutzungen. Wesentlich für all das ist es, nicht nur Verantwortung festzulegen, sondern auch Kompetenzen zu klären, vor allem auf kommunaler Ebene, denn „nur die Stadt oder Gemeinde selbst weiß wirklich, was sie braucht und wie die individuellen Rahmenbedingungen sind“, so Thor. Am Anfang sei eine Qualifizierungsoffensive wichtig. Alle Beteiligten müssen ins Boot geholt und befähigt werden, komplexe Entscheidungen zu treffen. Internationaler und interkommunaler Austausch ist dafür unabdingbar. Maßnahmen wie Entsiegelung, Verschattung, Schwammstadt-Prinzip und Ähnliches wurden hier genannt, aber auch sozialeFaktoren müssten berücksichtigt werden. Schließlich: „Nur durch die Anpassungsfähigkeit der Kommunen wird eine ökonomische Wertstabilität gesichert.“, so die Präsentator:innen.

Cate Blanchett:„Kreativität ist die Kehrseite der Zerstörung“

Im Anschluss an die Präsentationen trat Stargast Cate Blanchett auf die Bühne. In ihrem Gespräch mit Moderatorin Mari Lang setzte sie ebenfalls einen eindeutigen Fokus auf Lösungen anstatt auf Problemen. Für mindestens drei Staffeln ihres neuen Audible-Podcasts Climate of Change hätte sie genügend Material, so viele Ideen und Ansätze gebe es, erzählt die gebürtige Australierin. Darunter Lösungen für Probleme, die uns oftmals gar nicht bewusst seien, so Blanchett, und gibt ein Beispiel: „Wenn wir über Elektromobilität sprechen, denken wir bei den Herausforderungen meist an die Batterien. Aber auch der Abrieb von Reifen ist ein riesiges Problem – dabei entsteht ein feiner Staub aus Mikroplastikpartikeln, den wir einatmen und der Luft und Wasser verschmutzt. Nun hat ein Unternehmen einen Reifen entwickelt, der wesentlich länger hält und viel weniger Abrieb hat.“

Leider sind Regulatorien und Gesetzgebungen immer hinterher – aber wir als Konsument:innen haben über unser Konsumverhalten Einfluss.. Ein naheliegendes Beispiel ist die Modeindustrie, aber auch der Gebäudesektor: „Ich selbst lebe in Großbritannien, dort hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan – und ich glaube, ein wesentlicher Einfluss dafür sind die europäischen Standards. Viele Freunde von mir orientieren sich an der EU, wenn es um den Bau von Häusern geht.“

Das Wharf Theater

In ihrer Rolle als Künstlerische Leiterin initiierte und begleitete Blanchett mit ihrem Ehemann Andrew Upton den Umbau des Wharf Theaters, ein denkmalgeschütztes Gebäude im Hafen von Sydney. Erbaut zwischen 1829 und 1919 als Teil des Industriehafens, wurde das Gebäude am Beginn der 80er Jahre revitalisiert und beherbergt seitdem die Sydney Theatre Company. In diesem Sinne sei das Gebäude schon vor ihrem Zutun durch diese Nachnutzung ein Beispiel für Nachhaltigkeit gewesen.

Das Ziel von Blanchett und Upton bei ihrem Einstieg 2008 war es gewesen, auch die Umgebung zu beleben: „Wir wollten das Viertel aktivieren, denn um das Gebiet herum entstand ein neuer Stadtteil, und das Theater sollte sich in die Umgebung einfügen und eine Art Mikroökonomie hervorbringen.“ Gleichzeitig sollte das Theater eine positive Assoziation mit Nachhaltigkeit fördern: „Das Theater ist ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, um sich selbst zu vergessen und unterhalten zu werden. Und wir sind der Meinung, dass, wenn wir unseren CO2- Fußabdruck auf nahezu Null reduzieren, die Menschen einen Diskurs über Nachhaltigkeit führen können, der von positiven Assoziationen geprägt ist.“ 18 Monate dauerte der Umbau. Und man habe die Erfahrung gemacht, durch die Nachhaltigkeitsmaßnahmen auch neue Publikumsschichten angesprochen zu haben: „Plötzlich kamen viele Wissenschafter:innen ins Theater und wir waren wieder relevant.“

Zwischen dem Schutz von historischer Substanz und der Implementierung von nachhaltigen Technologien sieht Blanchett keinen Widerspruch: „Beim Erhalt der Historie geht es stark um Ästhetik – zahlreiche Nachhaltigkeitsmaßnahmen können aber völlig unsichtbar umgesetzt werden. Letztlich ist es wichtig, dass Gebäude dynamische, lebendige Räume bleiben, die den Menschen einen Mehrwert bieten. Wir brauchen keine perfekt erhaltenen historischen Gebäude, die letztlich wie Mausoleen und Denkmäler wirken. Was Gebäude schön macht, sind die Menschen, die sie nutzen.“

Über das ÖGNI Symposium

Am 17. Oktober 2024 veranstaltete die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein Symposium zu Nachhaltigkeit in der in der Wiener Hofburg. ExpertInnen aus der gesamten DACH (Deutschland-Österreich-Schweiz) – Region haben zu ausgewählten Themenbereichen praxistaugliche Lösungsansätze entwickelt: Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung sowie der Rolle von Städten und Gemeinden in der nachhaltigen Transformation. Diese Ansätze wurden bei der Abschlussveranstaltung in der Wiener Hofburg präsentiert.