Wir gewöhnen uns an den Stillstnd, weil ja schon ein paar Monate vor der Wahl keine Entscheidungen mehr getroffen wurden. Wenn man die Lethargieperiode vor der Wahl und die Regierungsbildung gemeinsam mit 6-7 Monaten veranschlagt (was nicht zu hoch gegriffen scheint) dann bedeutet das umgelegt auf die Legislaturperiode (und die müssen die Herrschaften alle erst einmal durchhalten) einen Produktivitätsverlust von knapp 10%. Eigentlich ziemlich viel, wenn man bedenkt, welche Themen da jetzt anstehen: Gesundheitswesen, Bildungswesen, Pensionslücke, Migration, Kreislaufwirtschaft, Klimawandel…
Wen wundert es da noch, daß unsere Produktivität im EU-Vergleich ganz weit hinten rangiert. Der Fisch beginnt bekanntlich am Kopf zu stinken.
Gegenüber der Immobilienbranche, konkret dem ÖVI, haben sich im Vorfeld alle Regierungsaspiranten mehr oder weniger klar deklariert, deshalb wissen wir auch: Viel sinnvolles wird da nicht kommen. Das Mietrechtsgesetz wird vor 2039 wohl niemand angreifen. Vielleicht sind bis dahin die sozialen Spannungen aufgrund der unterschiedlichen Mietregime endlich so groß, daß auch die Legislative die Notwendigkeit zur Überarbeitung erkennt. Bis dahin hat der OGH ja noch Zeit einige widersprüchliche Entscheidungen zu veröffentlichen.
Derzeit steht der Richtwert bei € 6,67.-/m² und im Neubau haben wir in durchschnittlichen Lagen gerade die Schallmauer von € 15,-/m² durchbrochen, in guten Lagen wird gerade die Linie bei € 20,-/m² überschritten. Das bedeutet der Nachbar im Neubau zahlt etwa das Zweieinhalbfache vom Altbau nebenan, bei aufrechten Altmietverhältnissen ist das Verhältnis natürlich noch krasser.
Womit sich die Frage aufdrängt: Wie groß muß denn die Differenz zwischen verordnetem und angemessenem Mietzins werden, bevor man hier in die Gänge kommt?
Ähnlich spannend wird sich die weitere Entwicklung des Immobilienmarktes gestalten. Prinzipiell wäre das ganz einfach: Wenn einer konstant steigenden Nachfrage ein begrenztes Angebot gegenüber steht so lässt dies ein steigendes Preisniveau erwarten. Doch wo liegt die Grenze dieser Entwicklung? Ist es die Leistbarkeitsgrenze der Haushalte? 75% des Einkommens fürs Wohnen ausgeben? 55 Quadratmeter 3-Zimmer Wohnungen? Ghetto-Bildungen im Stadtgebiet? Die Innenstädte den Touristen und alle pendeln aus den Vorstädten mit dem Zug 2 Stunden ins Zentrum ?
Klammern wir die ganz kommunistischen Extrempositionen einmal aus (Mietpreisdeckel, Universalmiete, Valorisierungsverzicht…) so bleiben an Themen immer noch: Ein Bevölkerungswachstum von etwa 50.000 pro Jahr, vier Jahre lang nur minimale Bautätigkeiten, stark gestiegene Baukosten, neun ausufernde Bauordnungen, erfolglose Eindämmung der Kurzzeitvermietungen, Finanzierungs-Altlasten bei den Banken, hohe Investitionen bis wir ESG und Kreislaufwirtschaft verinnerlicht haben. Und vermutlich noch einiges mehr.
Wer traut sich zu, das zukünftige Preisniveau unter diesen Blickpunkten zu antizipieren? Im aktuellen Meinungsspektrum sind hier durchaus diametrale Standpunkte zu hören, und die Stimmung auf der Expo-Real hat diese zum Ausdruck gebracht: Die einen haben den Weltuntergangsszenarien gefrönt, die anderen haben sich in Zweck-Optimismus geübt. Augenmaß zwischen den Positionen war eher Mangelware.
Einigen wir uns doch auf die österreichische Lösung: Ein bisserl was geht immer.
Ich bemerke gerade, daß diesmal mehr Fragen offengeblieben sind, als Antworten, aber das ist man gewohnt, wenn es um Politik geht, für die Immobilienbranche ist das eher untypisch.