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Viele Akteure arbeiten wieder stärker und deal-orientiert

Markus Mendel: "Es kommt wieder mehr Kapital in den Markt. Ich blicke vorsichtig optimistisch in die zweite Jahreshälfte."
Michael Neubauer
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Viele Akteure arbeiten wieder stärker und deal-orientiert
© ImmoFokus
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Die Share Deals verlieren mit 1. Juli ihre steuerliche Attraktivität. Heißt das jetzt Hochkonjunktur bei den Deals?

Markus Mendel: Selbstverständlich verfolgen wir die Entwicklungen in dieser Sache schon lange sehr aufmerksam. Aktuell befinden wir uns mit einigen Share Deals in der „Endphase“, wo die Grunderwerbsteuerersparnis Teil der wirtschaftlichen Einigung war. Das ist jetzt natürlich eine Herausforderung und ob diese Transaktionen ohne Kaufpreisanpassungen abgeschlossen werden können, bleibt abzuwarten.

Mit der geplanten Änderung ab dem 1. Juli, wonach Share Deals zum sogenannten „gemeinen Wert“ – also dem tatsächlichen Kaufpreis – mit 3,5 % Grunderwerbsteuer belastet werden, entfällt ein wesentlicher steuerlicher Vorteil. Zwar bleibt die Ersparnis bei der Eintragungsgebühr bestehen, doch der zentrale Vorteil im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer fällt weg. Das wird sich zwangsläufig auf den Markt auswirken.

In der Vergangenheit haben wir eine Vielzahl an Share Deals begleitet. Sie machten einen erheblichen Teil unserer Transaktionen aus. Das wird sich nun ändern. Zwar bieten Share Deals weiterhin gewisse Vorteile, insbesondere bei größeren Objekten, doch stehen diesen auch administrative Aufwände und zusätzliche Kosten gegenüber, etwa durch die Verwaltung der Gesellschaft. Wenn die steuerlichen Vorteile nun deutlich geringer ausfallen, wird sich ein Share Deal in vielen Fällen nicht mehr lohnen – zumindest nicht in dem Maße wie bisher. Entsprechend rechnen wir mit einem Rückgang dieser Transaktionsform.

Share Deals werden allerdings nicht vollständig verschwinden. Sie bleiben weiterhin ein Bestandteil des Marktes.

Aktuell kommen immer mehr Immobilien insolventer Projektentwickler auf den Markt. Erwarten sich Investoren in diesen Fällen einen kräftigen Discount?

Diese Erwartungshaltung ist naturgemäß vorhanden. Das liegt auf der Hand. Sobald das Wort „Insolvenz“ fällt, folgt oft automatisch die Annahme: „Da gibt es einen ordentlichen Discount“. Diese Vorstellung wird jedoch häufig relativiert, sobald man sich das konkrete Objekt ansieht.

Wenn es sich um eine durchschnittliche Immobilie handelt, mag ein Preisnachlass naheliegen. Aber bei einem Top-Objekt, etwa in bester Lage im ersten Bezirk, mit hochwertiger Ausstattung und starker Vermietung, überwiegt meist ein anderer Gedanke: Die einmalige Gelegenheit, ein solches Objekt überhaupt erwerben zu können.

Da die Objekte zumeist kreditfinanziert und mit Hypotheken belastet sind, ist am Ende die Einschätzung bzw. Entscheidung der Bank/des Hypothekengläubigers für die Frage, wie hoch der Preisabschlag sein wird, maßgeblich.

Die Annahme, dass man automatisch erhebliche Preisabschläge erhält, nur weil eine Immobilie aus einer Insolvenz stammt, trifft bei hochwertigen Core-Objekten nicht zu.

Top-Immobilien werden nicht mit enormen Abschlägen verkauft – dafür ist die Nachfrage schlichtweg zu hoch. Auch im Insolvenzfall erfolgt der Verkauf in der Regel in einem strukturierten, öffentlichen Verfahren. Das bedeutet: Man ist als Käufer nicht allein, sondern muss sich gegen Mitbewerber durchsetzen. Und wie bekannt, belebt Konkurrenz das Geschäft – im besten Fall treibt sie sogar den Preis.

Bei solchen Projekten, insbesondere in sehr guten Lagen mit hoher Qualität bleibt der Preis daher oft stabil oder fällt nur moderat. Anders sieht es bei Objekten aus, für die kaum Nachfrage besteht, sei es aufgrund der Lage, des Zustands oder der fehlenden Finanzierbarkeit. Wenn ein Objekt keinen Cashflow generiert oder schwer zu finanzieren ist, dann verändert sich natürlich auch die Preisrealität deutlich.

Wie sieht die Lage am Investmentmarkt konkret aus?

Die Preiskorrektur auf dem Investmentmarkt sehen wir als weitgehend abgeschlossen, die Renditen sinken in ausgewählten Fällen auch bereits wieder leicht, was auf eine Stabilisierung des Marktes hindeutet. In den letzten Jahren dominierten österreichische Investoren und private Käufer den Markt. Erfreulich allerdings ist, dass internationale Akteure wieder deutliches Interesse zeigen und auch Zukaufen. Der Markt bietet Chancen für Investoren, die jetzt einsteigen und auf mittel- bis langfristige Wertsteigerung setzen. Wir sehen 2025 als Übergangsjahr, in dem sich der Markt neu sortiert und Investoren wieder vorsichtig aktiv werden.

Vor allem die Assetklasse Logistik scheint es den Investoren angetan zu haben?

Im Logistikbereich zeigt sich ein differenziertes Bild: Dort, wo es sich um Prime-Produkte in guten Lagen handelt, funktioniert der Markt weiterhin gut. Entscheidend ist heute vor allem die Vermietbarkeit, sprich: Vorvermietungsquoten und ein qualitativ hochwertiges Produkt. Wo diese Voraussetzungen gegeben sind, ist auch weiterhin Investoreninteresse vorhanden.

Herausfordernd ist die Situation bei gewerblichen Entwicklungen – dies gilt für Logistik-, Office- oder Hotel-Entwicklungen - ohne Vorvermietung. Ohne einen gesicherten Mieter ist eine Finanzierung kaum möglich – und das ist einer der Hauptgründe, warum derzeit so wenig gebaut wird. Entwickler stehen unter Druck und versuchen, Vorverwertungen zu sichern, um Projekte überhaupt starten zu können. Die Standorte mögen attraktiv sein, die Projekte gut geplant, aber ohne Mieterbindung lässt sich der Bau nicht finanzieren. Da sich Mieter jedoch selten zwei bis drei Jahre im Voraus festlegen, entsteht eine Pattsituation, die viele Entwicklungen zum Stillstand bringt.

Die Suche nach einem passenden Investor ist oft herausfordernd – insbesondere, wenn dieser bereit sein soll, ein höheres Risiko frühzeitig mitzutragen und dennoch eine für den Verkäufer attraktive Renditeerwartung haben soll. Häufig sind die Renditeanforderungen so hoch, dass die Projekte für Entwickler dann wirtschaftlich nicht mehr darstellbar sind.

Ziel ist es, gemeinsam mit den Entwicklern tragfähige Lösungen zu finden, die eine Projektumsetzung überhaupt ermöglichen – denn ohne realisierbare Finanzierung ist die Umsetzung der Projekte nicht möglich.

Eine Situation von der mutige, kapitalstarke Investoren profitieren könnten?

Wer jetzt investiert oder mit dem Bau beginnt, wird seine Projekte in einer Phase fertigstellen, in der das Angebot am Markt sehr knapp ist – und das schafft Potential. Denn bei geringem Angebot steigen tendenziell natürlich die Preise, insbesondere für hochwertige Objekte. Die Herausforderung liegt jedoch in der Finanzierung: Ohne ausreichendes Eigenkapital ist es derzeit schwer, Projekte umzusetzen. Dennoch zeigt sich, dass erste Projekte wieder realisiert werden – wenn auch zu anderen Konditionen als noch vor zweieinhalb Jahren. Die Deals funktionieren wieder, wenn auch auf einem neuen Preisniveau. Gerade die kapitalstarken Investoren können derzeit vergleichsweise günstig an Objekte kommen.

Aber Mezzanine Finanzierungen sind nach wie vor tot, oder?

Auch wenn große Mezzanine-Fonds aktuell mit vielen Herausforderungen konfrontiert sind, bleibt Mezzanine-Kapital ein wichtiger Finanzierungsbaustein – insbesondere durch kleinere, Private und Multi Family Offices. Diese agieren weiterhin, jedoch deutlich selektiver und mit größerer Vorsicht.

Klassische Finanzierer prüfen heute genauer, da die Zeiten starker Preissteigerungen vorbei sind. In den letzten Jahren konnten teure Ankäufe oft durch zeitnahe Wertzuwächse „saniert“ werden – das ist nun nicht mehr der Fall. Entsprechend steigt die Bedeutung sorgfältiger Projektbewertung und realistischer Kalkulationen für den geplanten Exit.

Mezzanine-Kapital ist nach wie vor selektiv verfügbar, aber sehr teuer und risikobehaftet – sowohl für Entwickler als auch für Kapitalgeber. Heute achten Mezzanine-Finanzierer noch deutlich stärker auf die Absicherung der Rückzahlung, was in der Vergangenheit teils vernachlässigt wurde, da Preissteigerungen viele Risiken überdeckten.

Welche Nutzungsarten finden derzeit den meisten Anklang bei den Investoren?

Im Bereich der unterschiedlichen Assetklassen funktionieren insbesondere hochwertige Logistikimmobilien sowie der Wohn- und Hotelbereich sehr gut – insbesondere natürlich Bestandsobjekte mit starkem und langfristigem Cashflow.

Verkäufe von Projektentwicklungen im Wohnbaubereich sind immer noch deutlich seltener, da es an Finanzierung mangelt und die Baukosten weiterhin auf einem hohen Niveau sind. Allerdings gibt es einen Hoffnungsschimmer für die Entwickler. Die früher an der Tagesordnung befindlichen Forward-Funding-Modelle im Wohnbereich kehren vereinzelt zurück, da die Nachfrage von Investorenseite durch älteren Bestandsobjekte nicht gedeckt werden kann.

Die vielen Bestandswohnobjekte, die derzeit veräußert werden, stammen insbesondere aus dem Fundus der offenen Fonds, die aufgrund der weiterhin bestehenden Kapitalabflüsse von Anlegerseite verkaufen müssen. Zentrales Thema hierbei ist immer die aktuelle Bewertung der Objekte, da ein Verkauf unter dem Verkehrswert nicht durchsetzbar sind.

Ein sehr liquides Segment ist derzeit der österreichische Hotelmarkt. Dieser zeigt sich sowohl performanceseitig als auch transaktionsseitig sehr dynamisch: Es gibt in dem Segment eine stabile Nachfrage, die auf ein qualitativ gutes Angebot trifft, was in einem starken Transaktionsgeschehen mündet.

Insbesondere die Stadthotellerie ist ein besonders gefragter Sektor – sowohl bei privaten als auch institutionellen Investoren. Besonders aktiv sind hier aktuell Spezialfonds, vor allem im Bereich klassischer Drei- bis Vier-Sterne-Businesshotels. Der Verkaufsprozess von Prestigeobjekten wie u.a. dem Park Hyatt in Wiens 1. Bezirk ziehen zusätzlich auch internationale Family Offices an.

Im Retail-Segment zeigt sich ebenfalls seit vielen Jahren des Stillstands wieder starkes Investoreninteresse. Besonders im Bereich lebensmittelgeankerter Fachmarktzentren gibt es attraktive Produkte und eine gestiegene Nachfrage. Während im High-Street-Bereich das Angebot begrenzt ist, entstehen im Fachmarktbereich neue Chancen. Ein Beispiel ist die kürzlich abgeschlossene Transaktion der Saller Unternehmensgruppe, die mit uns den Markteintritt in Österreich vollzogen hat.

Im Fachmarktbereich sind die Ticketgrößen allerdings wohl auch deutlich kleiner, oder?

Investors Darling im Fachmarktbereich sind stabile Zentren mit Ticketgrößen zwischen 20 und 50 Millionen Euro in gut erschlossenen Agglomerationslagen mit starkem Einzugsgebiet. Wichtig ist für die Investoren ein resilienter Mieterbesatz mit hoher Nahversorgungsquote im Kurzfristbedarf. Gut durchmischte Standorte mit Ankermietern wie Billa, Spar, Lidl, Hofer, Apotheken, Tierbedarf und florierenden Discountern wie Woolworth, TEDi oder Action kommen hier gut an. Diese online-resiliente Kombination zieht die Kunden an und macht die Objekte für Investoren attraktiv.

Aber auch hier bleibt der Preis allerdings ein zentrales Thema. Viele dieser Objekte befinden sich im Besitz von Fonds, werden aber aus diversen Gründen wie z.B. dem Ende der Fondslaufzeit verkauft – entweder an private Investoren oder andere institutionelle Käufer, allerdings zu veränderten Renditeerwartungen. Die Bewertung spielt dabei eine entscheidende Rolle: Ob ein Verkauf gelingt, hängt stark davon ab, ob es eine realistische Preiseinschätzung seitens des Verkäufers gibt.

Bis vor kurzem hieß es, dass die Banken prolongieren, wo immer es wirtschaftlich noch darstellbar ist. Diese Zeit scheint vorbei.

Diesen Wandel sehen wir auch. Aktuell zeigen Banken deutlich weniger Bereitschaft, bestehende aber in Schieflage befindliche Immobilienfinanzierungen zu prolongieren - stattdessen drängen sie verstärkt auf den Verkauf von Projekten.

Das erhöht den Druck auf Projektentwickler und Eigentümer, insbesondere wenn noch keine Anschlussfinanzierung gesichert ist oder Projekte nicht wie geplant umgesetzt bzw. verkauft werden können.

Problematisch sind vor allem Konstellationen, wo die aushaftende Finanzierung höher ist als der zu erzielende Verkaufspreis. Hier müssen Schuldner und Finanzierer Einigkeit über die zu verfolgende Strategie erzielen, da ansonsten der Wert des Objektes noch stärker leidet.

Der Schuldner muss bei einem Verkauf aber auch mitspielen. Gelingt keine einvernehmliche Lösung, bleibt der Bank oft nur die Möglichkeit, die Finanzierung fällig zu stellen - ein Schritt, den man möglichst vermeiden möchte. Problematisch ist dabei, dass die Interessen von Bank und Schuldner nicht immer übereinstimmen, insbesondere wenn die Bank auf einen raschen Verkauf drängt.

Ich bin leider davon überzeugt, dass wir im Verlauf des Jahres noch weitere Insolvenzen sehen werden. Die Bereinigung wird weitergehen und das mit einem zügigeren Tempo.

Es ist zu erwarten, dass der Markt noch einige Überraschungen bereithält. Gleichzeitig zeichnet sich aber auch eine positive Entwicklung ab: Es kommt wieder mehr Kapital in den Markt, und viele Akteure arbeiten wieder stärker und deal-orientiert mit dem klaren Ziel, Transaktionen zügig zum Abschluss zu bringen.

Die Abschlussfreudigkeit ist wieder zurückgekehrt?

In der Vergangenheit zogen sich viele Transaktionen deutlich in die Länge, oft wegen schwer zu erlangender Finanzierungen. Nur wenige Käufer konnten vollständig mit Eigenkapital agieren, was zu Verzögerungen und Frustration auf allen Seiten führte – bei Verkäufern, Käufern und Beratern. Wenn Finanzierungen am Ende scheiterten, war der gesamte Prozess umsonst. Die Hoffnung ist, dass sich dieser Ablauf künftig wieder strukturierter und verlässlicher gestaltet. Dennoch wird es Marktteilnehmer geben, die die neue Realität noch nicht erkannt haben – und für die wird der Gegenwind spürbar stärker.

Vorausgesetzt, dass es zu keinen weiteren regulatorischen Eingriffen in den Markt und insbesondere die Preisbildung kommt, blicke ich vorsichtig optimistisch in die zweite Jahreshälfte.

Markus Mendel

Der gebürtige Bayer Markus Mendel studierte Betriebswirtschaftslehre mit Fachrichtung Immobilienwirtschaft und Finanzdienstleistung in Stuttgart und startete bereits 2004 seine Karriere in führenden deutschen Immobilienunternehmen. Im Jahr 2011 übernahm er dann eine leitende Position bei PwC und war dort zuletzt als Senior Manager im Bereich Real Estate Advisory tätig, bevor er Anfang 2015 zur EHL Investment Consulting wechselte und dort die Leitung des Transaktionsberatungsbereichs übernahm. 2020 wurde Markus Mendel zum Geschäftsführer der zur EHL-Gruppe zählenden EHL Investment Consulting GmbH bestellt.