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Wachgeküsst

Refurbishment Millennium City. „Wenn man Refurbishment nur als Facelifting begreift, hat man schon verloren“, meinen Architekt Mathias Haas und CC Real Geschäftsführer Sven Vorih.
Michael Neubauer

Refurbishment Millennium City. „Wenn man Refurbishment nur als Facelifting begreift, hat man schon verloren“, meinen Architekt Mathias Haas und CC Real Geschäftsführer Sven Vorih.

Welche Stellschrauben gibt es bei einem Refurbishment wie bei der Millennium City? 

Mathias Haas: Ein Mixed-Use-Objekt wie die Millennium City ist für jeden Architekten eine Herausforderung. Die Millennium City ist nicht nur Shoppingcenter, sondern auch Entertainment Center mit einem großen Food-Court und mit dem Millennium Tower eine von weitem sichtbare Landmark. Über dem Shoppingcenter gibt es sogar Wohnungen. Ein interessantes Detail: Millennium City und Millennium Tower haben andere Eigentümer als die über der Millennium City liegenden Wohnungen. Ein wahres Mixed-Use-Objekt also. Bei seiner Eröffnung war der Millennium Tower das höchste Gebäude Österreichs, diesen Platz hat nunmehr der DC-Tower.

Diese unterschiedlichen Nutzungen unter einen Hut zu bringen, ist die große Herausforderung sowohl bei der Planung als auch beim Refurbishment. Bei diesem Projekt ging es darum, die drei Welten –  Shopping, Office und Wohnen – zu verbinden und mögliche Synergien zu heben. Jede Nutzungsart hat ihre speziellen Anforderungen.

Wie geht man das an?

Sven Vorih: Wichtig ist die exakte Analyse der Ist-Situation. Wesentlich dabei sind die Verkehrsströme. Wie bewegen sich die Besucher im Objekt. Zum Beispiel kommen viele Shoppingcenter-Besucher der Millennium-City – auch aufgrund der idealen Anbindung an den öffentlichen Verkehr – mit der U- oder Schnellbahn

Haas: Die Millennium City hat eine klassische Knochenarchitektur. Ankermieter an den jeweiligen Enden. Dazwischen fädeln sich die Geschäfte auf. Eine Besonderheit ist die große Plaza im Bereich des Millennium Tower.

Vorih: Was uns bei der Analyse des Hauses besonders gefallen hat, ist, dass die Millennium City die Zukunft – mehr Entertainment im Shoppingcenter – bereits vorweggenommen hat. Dadurch hat die Millennium City gegenüber anderen Einkaufscentern einen Vorsprung, den es gilt, in den nächsten Jahren weiter auszubauen.

Wieso ist die Art und Weise des Zugangs zur Millennium City so entscheidend?

Vorih: Die Mehrzahl der Büroangestellten kommen mit dem eigenen oder Firmenfahrzeug. Shoppingcenter-Kunden haben in der Regel Zeit. Shoppingcenter sollen zum Verweilen animieren, sollen eine Wohlfühlatmosphäre schaffen. Kunden, die sich wohlfühlen, bringen Umsatz. Büromitarbeiter, auch wenn sie das Shoppingcenter nach Büroschluss für den einen oder anderen Einkauf nutzen, sind primär an einem raschen und für ihre Besucher gut beschilderten und am besten noch gut und intuitiv erkennbaren Zugang zum Büro interessiert. Gerade in einem Mixed-Use-Gebäude ist es notwendig, für jede Nutzungsart identitätsstiftende Elemente zu implementieren.

Haas: Den Tower-Zugang haben wir durch die Verlagerung der Lobby aus der Hauptachse der Shopping Mall optimiert. Mit dem architektonischen Element einer grauen Schale hat die Office-Lobby einen leicht sichtbaren, eleganten Eye-Catcher bekommen. Die klarere Trennung der Hotel-Lobby von der Office-Lobby hat sich, so die ersten Erfahrungen, als goldrichtig erwiesen. In erster Linie ging es um das Entflechten von Wegen und das Herausdestillieren von klareren Strukturen. Bei einem Refurbishment kann man diese nachjustieren. Nicht immer verhält sich der Besucher so, wie man es bei der Erstplanung angenommen hat, im Zuge eines Refurbishments kann man hier eingreifen.

… welche Maßnahmen wurden im Bereich der Mall umgesetzt? 

Haas: Die Mall wurde heller und freundlicher. Licht ist ein wesentlicher Faktor. Die Architektur wurde absichtlich zurückgenommen, damit die Shops sich bestmöglich in Szene setzen können. So wurden zum Beispiel auch die massiven Geländer abgetragen und mit Glas neugestaltet. Die Plaza präsentiert sich heute heller und freundlicher.

In der Mall gab es so gut wie keine konsumationsfreien Verweilflächen. Das haben wir mit einer attraktiven Mall-Möblierung nachgeholt, die sehr gut angenommen wird. Die gesamten Sanitäranlagen wurden erneuert. Dabei ging es natürlich auch um das Thema Sicherheit. Auch diese Bereiche wurden heller und freundlicher gestaltet. Wir haben auch versucht, das Dickicht aus unterschiedlichsten Deckensprüngen zu ordnen.

Diese unterschiedlichen Deckensprünge sind der Haustechnik geschuldet?

Haas: Das Thema Haustechnik ist bei jedem Refurbishment ein zentrales Thema. Die Häuser sind in der Regel ausmaximiert und ausoptimiert. Dazu kommen viele Bereiche, in denen Veränderungen nur kostspielig, schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sind. Das betrifft Themen wie Brandabschnitte, Fluchtwege. Da ist kaum mehr Spielraum.

Entertainment- und Gastro-Komponente

Vorih: Eines ist auch klar: Um ein Shoppingcenter wirtschaftlich zu führen, reichen Retailflächen allein nicht mehr aus. Shoppingcenter der Zukunft sind die neuen Marktplätze, wo man einander trifft, um die Freizeit zu verbringen. Das passiert aber nur, wenn das Angebot für den Kunden entsprechend gestaltet und ausgeführt ist. Dazu gehören auf der einen Seite konsumationsfreie Flächen zum Verweilen, aber auch ein deutlich größeres Angebot an Entertainment. Diese Non-Food-Bereiche gibt es in der Millennium City bereits. In einem ersten Schritt haben wir den Food-Court komplett erneuert. Durch das Facelifting fühlen sich Besucher wieder angesprochen, die vorher dort nicht (mehr) hingegangen sind. Ein wirklich gutes Beispiel für ein gelungenes Refurbishment. In einem nächsten Schritt wird die Entertainment-Komponente weiter verbessert.

Es gibt Stimmen in der Immobilienbranche, die die klare Trennung von Food-Entertainment und Shopping aufgehoben sehen wollen. Die Bereiche sollen sich mehr vermischen. Also Burger neben Jeans?

Haas: Prinzipiell würde ich das auch so sehen. Aber man muss einfach wissen, dass das speziell lüftungstechnisch eine große Herausforderung ist.

Wie geht man als Architekt bei einem Refurbishment-Auftrag vor?

Haas: Wir haben das Projekt bereits im Kaufprozess, als die CC Real gemeinsam mit Morgan Stanley beabsichtigt hat, die Millennium City zu kaufen, im Rahmen der Due Diligence betreut und erste Analysen angestellt, was zu tun wäre, sollte das Objekt tatsächlich erworben werden. Natürlich schaut man sich das Objekt genau an und spricht mit den Betreibern. Da erkennt man Problemfelder relativ rasch. Dieser Prozess wird sukzessive verfeinert.

Beispiel Tower-Lobby: Durch den neuen Standort war klar, dass dadurch Vermietungsfläche verloren gehen wird. Refurbishment ist eine wirtschaftliche Komponente. Wo und wie setze ich Maßnahmen um? Eine der schwierigsten Sachen dabei ist, dass man auch den Bestand mitdenken muss. Mieter haben bestehende Verträge. Die müssen auch mitspielen. Im Regelfall sind Veränderungen für Mieter immer unangenehm. Wenn er alles bezahlt bekommt, macht er es gern, aber wenn er mitspielen soll und unter Umständen auch eigenes Geld in die Hand nehmen soll – dann wird es immer schwierig. Die Kunst ist, alle Beteiligten im Boot zu haben.

… und hatten Sie beim Projekt Millennium City alle im Boot?

Vorih: Die Kommunikation des Center Managements hat bestens funktioniert. Alle Mieter waren von allen Schritten rechtzeitig informiert. Was wann passiert und wie lange es dauert. Komplex war natürlich die Bauphase. Es gibt Bauarbeiten, die kann ich während der Shoppingcenter-Öffnungszeiten nur schwer durchführen, weil sich aber ein Hotel und Wohnungen im Komplex befinden, auch nicht in der Nacht.

Wann kann man dann ungestört und vor allem niemanden störend arbeiten?

Haas: Ein paar Stunden bleiben übrig. (lacht) In einem monofunktionalen Shoppingcenter habe ich es natürlich leichter. Da kann ich in der Nacht arbeiten. Wir haben alles daran gesetzt, die Baumaßnahmen möglichst kompakt abzuhandeln. Das ist uns – dank exakter Planung – auch wirklich gut gelungen.

Wurden im Bereich Nachhaltigkeit im Zuge des Refurbishments Maßnahmen gesetzt?

Vorih: Bei jeder Centerübernahme ist nachhaltige Bewirtschaftung ein wesentlicher Punkt. Beim Projekt Millennium City haben wir darauf geachtet, bei den Leuchtmitteln „State of the Art-Leuchten“ einzusetzen. Auch bei den Lüftungsanlagen gab es durch den Einsatz neuer Technologien deutliche Verbesserungen. Sie dürfen sich das so vorstellen: Das Haus ist eine Maschine, bei Reparaturen werden Nachbesserungen vorgenommen.

Welche Maßnahmen sind in den 15 Jahren seit Eröffnung der Mall gesetzt worden?

Vorih: Mir sind –  bis darauf, dass Bestandsnehmer gewechselt haben –  keine substanziellen Änderungen bekannt. Die Anlagen sind jeweils auf den neuesten Stand der Technik nachgezogen worden. Eine konzeptionelle Neuausrichtung erfolgte aber erst nach der Übernahme durch die neuen Eigentümer Morgan Stanley und CC Real.

Die Experten von Standort + Markt gehen davon aus, dass sich „Shoppingcenter alle sieben Jahre neu erfinden müssen“.

Vorih: Die wirklich großen Neuausrichtungen passieren nur alle 10, 15 Jahre. Ein gut funktionierendes Shoppingcenter ist ein lebendiger Organismus. Ein gut funktionierendes Shoppingcenter lebt in permanenter Veränderung.

Sie betreuen auch Projekte in Kroatien. Wo liegen die Unterschiede?

Vorih: Die Einkaufscenter Center one in Zagreb und Split in sind „monofunktional“ – also reine Shoppingcenter mit einem aus Gastronomie und zum Teil auch Kinos bestehenden Entertainmentbereich. Es gibt aber keine Büros oder Wohnungen. Ein weiterer Unterschied: Sie sind Green Field-Projekte. Sie stehen, eingebunden in den städtischen Kontext, auf der grünen Wiese. Die haben auch nicht die Komplexität von innerstädtischen Konzepten. Insofern sind sie in der Konzeption einfacher. Auch in allen anderen von uns betriebenen Einkaufscentern bemerken wir eine verstärkte Nachfrage nach Gastronomie.

Zagreb wurde auch von Ihnen geplant. Ist es beim Refurbishment von Vorteil, wenn man das Gebäude selbst geplant hat?

Haas: Das ist egal. Man kennt vielleicht die Entstehungsgeschichte und ein paar Details besser. Das muss man sich bei einem fremden Haus erst aneignen. Dass sollte aber für gute Architekten kein Problem sein.

Besteht die Chance, ein Gebäude bereits in der Planung Refurbishment-tauglicher  zu machen?

Haas: Funktionale Refurbishment-Maßnahmen mitzudenken, ist schwierig. Flexibilität und Anpassbarkeit wird bei der Planung berücksichtigt Flexibilität ist aber ein Rattenschwanz: Heutzutage, wo Technik in den Häusern so stark integriert ist, ist das in erster Linie ein Thema der Gebäudeausstattung. Ein großes Thema in vielen Einkaufscentern ist derzeit die Veränderung der Retailflächen. Früher waren die Geschäfte tiefer, heute werden sie proportional kleiner. Das heißt, sie werden schmäler. Das ist eine neue Herausforderung beim Refurbishment. Dieses Problem stellte sich bei der Millennium City allerdings nicht.

Vorih: Beim Refurbishment geht es nie allein nur um die kosmetische Überholung. Wenn man Refurbishment nur als Facelifting begreift – hat man schon verloren. Es geht um mehr. Wie kann ich das Haus organisatorisch und im Hinblick auf einen neuen Mietermix verbessern? Da geht es nicht nur um die Fragen von Oberflächen. Da geht es auch um Reorganisation.


Compliance-Hinweis:

Der Eigentümer und Herausgeber des ImmoFokus MMag. Philipp Kaufmann ist neben Mag. Markus Bodner, Fabian Kaufmann und Sven Vorih Geschäftsführer der CC Real.