Strom kommt bekanntlich aus der Steckdose, aber um dort hineinzukommen, braucht es zuerst Kraftwerke, Hochspannungsleitungen, Trafos, Ortsnetze und Hausinstallationen. Aufgrund unseres zivilisatorischen Übermutes können wir uns immer noch mit Trinkwasser duschen, ohne darüber nachzudenken, dass dieses Wasser aus Gletschergebieten kommt, und mittels natürlicher Gefälle über weite Strecken in unsere Städte transportiert wird. Und seit den Römern wissen wir die flächendeckende Abwasserentsorgung in geschlossenen Röhren zu schätzen.
Bei Verlassen des Hauses können wir uns selbstverständlich auf dem Gehsteig fortbewegen, auf der Straße fahren oder überregional die Autobahnen nutzen und in städtischen Garagen parken. Und auch der öffentliche Verkehr beschränkt sich nicht auf die Busstation, sondern umfasst neben der Energiebereitstellung (Elektro oder Flüssiggas) auch die Schienen, Brücken, Tunnel sowie die Fahrzeuge selbst.
Beim Einkaufen können wir uns darauf verlassen, dass jeder Österreicher 1,5 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung hat – ein Spitzenwert in Europa. Wir müssen nicht überlegen, ob und wann wir einkaufen gehen, sondern nur, ob wir nach links oder rechts abbiegen, weil wir durch die vorhandene Einzelhandelsdichte verwöhnt sind. Ein Bekannter von mir lebt in Nevada, bis zum nächsten Supermarkt sind es 170 Kilometer. Und auch das Netz an Kindergärten, Schulen, Spitälern und Altersheimen sehen wir als selbstverständlich an. Aufgelockert wird das Ganze durch Parkanlagen und Sportstätten sowie Kinos, Theater und Kleinkunstbühnen.
All das verstehen wir als Infrastruktur. Bleibt also noch die Frage: Wann ist diese gut, und vor allem nachhaltig? Es folgt die klassische Antwort der Juristen: Das kommt darauf an.
Jugendlichen wird die Kultur- und Partyszene wichtig sein, junge Eltern werden auf die schulische Vielfalt Wert legen, Handwerker wissen um die Wichtigkeit einer guten regionalen Straßenanbindung.
Und allen gemeinsam wird die Abdeckung mit der Grundversorgung (Wasser, Strom, Kanal) wichtig sein. Das bedeutet aber auch: Die gesamte Infrastruktur ist wichtig, und je nach Prioritätenlage wird jeweils eine andere Auswahl daraus als gut angesehen.
Und was ist jetzt mit Nachhaltigkeit?
Generell ist jegliche Infrastruktur, die schon vorhanden ist, als nachhaltig anzusehen, weil sie ja schon gebaut ist, und in der Regel wird die Materialwahl auf die Nutzung vieler Jahrzehnte ausgelegt. Ein wichtiges Nachhaltigkeitskriterium ist neben der Langlebigkeit daher auch die Skalierbarkeit. Die Strukturen müssen mit der Stadtentwicklung mitwachsen können.
Und wer bezahlt für all das? Es hat ja einen Grund, warum eine Immobilie im siebten Wiener Bezirk mehr kostet als in Mistelbach. Die Infrastruktur ist ein wesentlicher Faktor dafür. Die Attraktivität einer Liegenschaft hängt in hohem Maß von der Infrastruktur ab. Die Stadtbewohner zahlen also beim Kauf ihrer Immobilie die Infrastruktur anteilig mit. Im Gegensatz dazu zahlt der Pendler die nicht vorhandene durch den erhöhten Verkehrsaufwand.
Das führt auch zur Frage, wer zukünftig bei einer Umwidmung, und der damit verbundenen Mehrausnutzung eines Grundstückes, für die Ergänzung der Infrastruktur verantwortlich ist, respektive wer dafür bezahlt. Städtebauliche Verträge sollten dabei zunehmend eine große Rolle spielen. Und eines ist auch klar: Infrastruktur ist volkswirtschaftlich wichtig, aber nicht immer betriebswirtschaftlich zu sehen, und darf daher nicht leichtfertig in private Hände übertragen werden. Wer spüren möchte, wie das ausgehen kann, der ist herzlich eingeladen, in England ein wenig mit der Eisenbahn zu fahren.