Warum kratzt sich meine Katze mit der Hinterpfote am Ohr, fahren Fahrradfahrer ständig bei Rot weiter und mogeln Anbieter mit der Nachhaltigkeit ihrer Produkte? Weil sie es können! Das Greenwashing hat mittlerweile einen Großteil der Bevölkerung erreicht: Ausstieg aus Fossilem? Tempo 100? Reduktionen des CO2-Fußabdrucks? Ja, sicher, aber…
Osterkurztrip auf die Malediven
Viele finden das eh super und werden nicht müde, dies in den sozialen Medien kundzutun. Der Großteil der Handelnden aber kann nicht oder tut sich schwer bei der Umsetzung: zu teuer, zu kompliziert, zu unsozial, zu irgendwas. Mit ein bisschen Geduld wird die öffentliche Meinung durch Kommentare jeglicher Couleur einen irgendwann schon dabei unterstützen. Dann fühlt sich der Osterkurztrip auf die Malediven oder der neue Elektro-SUV nicht ganz so arg an. Noch schnell auf LinkedIn einen längeren Text über die eigene Betroffenheit posten. Die eintrudelnden Likes sind wie Balsam für die Seele. Das Traurige am Klimawandel ist ja nicht nur, dass das Schreckliche kommt, sondern vor allem, dass das Schöne verschwindet.
Ich war in der letzten Zeit häufiger mit Veganern unterwegs. Bewegt man sich in dieser Welt und geht häufiger vegan einkaufen oder essen, zeigt sich, wie gut sich die Szene auskennt und Wert darauf legt, dass Produkte transparent beschrieben werden, um den eigenen Vorstellungen bestmöglich nahe zu kommen. Erkennbar falsche Angaben oder Pfuschereien fallen sehr schnell auf. Wäre beispielsweise das hippe Street-Food in Berlin tatsächlich nicht wirklich vegan, würde sich ein spontaner Shitstorm entladen, die Causa ordentlich breitgetreten und Missetäter durch Ächtung abgestraft. Außerhalb der veganen Welt sieht das mit dem Korrektiv etwas anders aus: Werbenachrichten mit irreführendem Inhalt oder banalen Slogans mit dem Offensichtlichen über die Einhaltung der gesetzlichen Mindestbestimmungen fallen nicht wirklich auf. Das Thema ist zu komplex, kann nur schwer überprüft werden und ist den Konsumenten im Grunde eigentlich erst einmal egal.
Krönungs-Binge-Watching
Für das erste Wochenende im Mai ist wieder Binge-Watching angesagt. Da versammelt sich die geneigte Gemeinde wieder vor den Bildschirmen, um zuzusehen, wie Charles III von England gekrönt wird. So richtig im Hermelinmäntelchen mit weltumfassender Übertragung auf allen Kanälen, stundenlang mit anschließend endlosen Kommentaren von Kommentatoren, die ständig das Gleiche berichten, zum Beispiel, warum Harry ohne Meghan teilnimmt. So intensiv wird es sonst nur bei der Berichterstattung von Fußball-Weltmeisterschaften.
König Charles III wollte auf seiner kürzlichen Europatour eigentlich auch in Frankreich „Hallo“ sagen. Hat er dann aber doch ausgelassen, weil dort gerade das Volk rebelliert und ihm eingefallen ist, was die Franzosen so mit Königen machen, wenn sie schlecht gelaunt sind. Es speist sich nicht so ganz entspannt, wenn das Volk draußen auf die Barrikaden geht. Historisch gesehen ist es in Frankreich nur ein kurzer Weg vom Kuchenbuffet zu den Guillotinen.
Bei einem Vortrag über Gedächtnistraining ließ ich kürzlich meine Gedanken schweifen: wandele die Zahlen in Bilder und Personen um. Die acht ist zum Beispiel ein Katzenbaby und die elf meine Frau, weil sie an dem Tag Geburtstag hat. Verbinde ich das mit der wöchentlichen Einkaufsliste muss ich nichts mehr notieren oder ins Handy schreiben. Möchte man sich erinnern, dann geht das wohl am besten mit geschlossenen Augen im Stehen. Werde ich am Wochenende ausprobieren: Sollten Sie einen Mann sehen, der an der Wursttheke mit geschlossenen Augen »Katzenbaby« vor sich hinmurmelt, seien Sie bitte nachsichtig mit mir.