Corona hat viele Diskussionen aufgeworfen und zahlreiche Fehler in unserem österreichischen System sichtbar gemacht, vor allem aber ein Thema, das sonst kaum große Aufmerksamkeit bekommt, ein bisschen mehr in den Fokus gerückt: Armut.
Rund 1,5 Millionen Österreicher haben ein Einkommen unter der Armutsgrenze und sind daher armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Von diesen rund 17 Prozent unserer Bevölkerung sind 330.000 Betroffene Kinder, rund 240.000 Menschen davon sind materiell erheblich benachteiligt. Für die, die dies nicht betrifft, ist eine solche Situation kaum vorstellbar. Noch schwieriger ist es, dafür die richtigen Worte zu finden oder gar in eine Diskussion darüber einzusteigen. Ich wage es trotzdem.
Während und auch nach dem Lockdown war ich unglaublich dankbar, in Österreich leben zu dürfen. In dieser Ausnahmesituation ist mir, nicht zuletzt auch aufgrund der Berichte meiner im Ausland lebenden Freunde, wieder bewusst geworden, wie wichtig sozialer Frieden und ein Mindestmaß an Versorgung der Ärmsten für eine funktionierende Gesellschaft sind. Wenn dieses Netz reißt und die Situation der Schwächsten vom gerade noch Möglichen ins Unmögliche kippt, dann sind Pandemien nicht unser einziges Problem – wobei ich hier nicht missverstanden werden möchte, ich propagiere nicht „gerade noch“, sondern plädiere für eine menschenwürdige Absicherung der Schwächsten.
Ich bin der Auffassung, dass – sollte es aufgrund steigender Notsituationen mehr an öffentlichen Geldern benötigen – durchaus alle, denen es besser geht, einen Beitrag leisten sollen. Höhere oder neue Steuern auf Erbschaften über einer Million oder auf Vermögen sind für den Erhalt der allgemeinen Sicherheit für mich durchaus gerechtfertigt, selbst dann, wenn ich es mir leisten kann, meine Familie und mein Vermögen um ein vielfaches günstiger mit privaten Sicherheitsfirmen oder ähnlichem zu schützen. Ich denke, dass zu einem menschenwürdigen Leben auch gehört, als Betroffener von Armut nicht bei Communitys oder Wohltätigkeitsorganisationen um Hilfe bitten zu müssen, sondern dies eine Aufgabe des Staates sein muss.
Zurecht wird kritisiert, dass der Großteil der Betroffenen die privaten Mieten kaum bis gar nicht zahlen kann. Geforderte Mietzinsobergrenzen am privaten Wohnungsmarkt sind hier – richtig zu Ende gedacht – aber keine praktikable Lösung. Und nein, ich sage das nicht als Bauträger, sondern als vermögender Bürger. Denn: Generelle Preisobergrenzen bedeuten gleichzeitig immer eine Reduzierung der Steuereinnahmen.
Wann immer ich diesen Punkt aufwerfe, wird mir unterstellt, ich würde nur an meine unternehmerischen Einnahmen denken. Ein Einwand, der leider sehr viel über die Werte des Gegenübers aufzeigt. Mir ist es durchaus etwas wert, dass alle, besonders die Kinder, in unserem Land menschenwürdig und friedlich zusammenleben – sei es durch Vermögenssteuern oder wo auch immer Bestgestellte sinnvoll einen Beitrag leisten können. Gleichzeitig braucht es eine strenge Kontrolle, dass durch solche Steuereinnahmen finanzierte gemeinnützige Güter auch tatsächlich den sozial Benachteiligten zugutekommen. Nur zur Erinnerung: 60 Prozent aller Wohnungen am österreichischen Wohnungsmarkt sind gemeinnützig. Wieso bleiben dann die ärmsten 17 Prozent durch Mieten auf der Strecke?
Ich ersuche benachteiligte Menschen in unserem Land eindringlich, ihre Forderungen zu überprüfen und sich nicht durch politisch strategische Kommunikation vom Wesentlichen ablenken zu lassen.
Sozialer Frieden kann nur gelingen, wenn wir zusammen das Richtige wollen. Ich wäre sofort dabei!