Nun holen also auch US-amerikanische IT-Unternehmen ihre Beschäftigten ins Büro zurück. Nach Medienberichten fordern unter anderen Apple, Amazon, Google und Zoom wieder eine höhere Präsenz am Arbeitsplatz im Büro. Von zumindest drei Bürotagen oder mehr ist die Rede. Dieser Schritt war zu erwarten. Selbstgewähltes Homeoffice mag für die Beschäftigten eine feine Sache sein. Aus Unternehmenssicht sollte es aber nur selektiv zum Einsatz kommen. Wird die Arbeit von einem erheblichen Teil der Belegschaft zum überwiegenden Teil „remote“ erledigt, wirkt sich das langfristig negativ aus: auf das Unternehmensklima, die Beziehungen zu Kunden und Lieferanten und vor allem auf die Arbeitsproduktivität. Denn zuhause sind die Ablenkungen groß. Hausarbeit oder andere private Angelegenheiten können „nebenbei“ erledigt werden. Die Pausen können leicht länger ausfallen als im Büro. Nicht jeder Mitarbeiter hat die Disziplin, sich acht Stunden lang nur auf die Arbeit zu konzentrieren. Zudem ist die Anzahl der Wohnungen mit eigenem Heimbüro überschaubar. Rund die Hälfte der Arbeitnehmer bewohnt eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, in Wien sind es mehr als 90 Prozent. Im Durchschnitt ist eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus 79 Quadratmeter groß, drei Viertel der Wohnungenhaben höchstens drei Zimmer. In der Hälfte aller Drei-Zimmer-Wohnungen leben drei oder mehr Personen.
Großraumbüro: Hohe Flächenrentabilität
Nichtsdestotrotz werden immer wieder Studien publiziert, die dem Homeoffice eine im Vergleich zum Büroarbeitsplatz höhere Arbeitsproduktivität attestieren. Abgesehen davon, dass es sich dabei in der Regel um Selbsteinschätzung der im Homeoffice arbeitenden Beschäftigten handelt, könnte das in Einzelfällen durchaus zutreffen. Denn in den letzten Jahrzehnten gewann das Großraumbüro massiv an Bedeutung. Großraumbüros sind hinsichtlich der Flächenrentabilität zweifelsohne ein Gewinn. Auch kommunikationstechnisch haben sie auf den ersten Blick einen Vorteil. Bei genauer Betrachtung können aber die damit verbundene, konstante Geräuschkulisse und die Eliminierung der Intimität eines räumlich überschaubaren Arbeitsplatzes zu Einbußen bei der Arbeitsproduktivität führen. In diesen Fällen finden die Beschäftigten möglicherweise in der Tat zuhause jene Ruhe für ein konzentriertes Arbeiten, die ihnen ein Großraumbüro verwehrt. Und Raucher müssen für den Tabakkonsum den Arbeitsplatz nicht verlassen.
Es könnte also durchaus sein, dass der bei vielen Beschäftigten starke Wunsch nach Homeoffice nicht allein der Work-Life-Balance geschuldet ist. Homeoffice könnte auch das Bedürfnis nach unbehelligtem Arbeiten erfüllen. Nach Arbeitsbedingungen, wie es sie früher gab, als man in Einzelbüros allein oder zu zweit seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg leistete.