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Weihnachten 2023: Volle Gassen – leere Kassen?

Die Kollektivertragsverhandlungen sind geschlagen, die Weihnachtshektik legt sich schön langsam. Und die Weihnachtsumsätze? Sie geben offenkundig keinen Anlass zum Jubel. Lag es an der Besucherfre- quenz oder eher an der Kaufzurückhaltung? Wir wagen eine vorsichtige Interpretation anhand der Pas- santenfrequenzen in Österreich.
Michael Neubauer
Michael Neubauer
Passantenfrequenz
Passantenfrequenz
© Standort + Markt

Objektive, verlässliche Passantenfrequenz-Zahlen haben bis dato in Österreich gefehlt, obwohl diese Informationen für Händler, Immobilienbesitzer, Ökonomen und Volkswirte gleichermaßen eine große Bedeutung haben. Standort + Markt hat diese Lücke erkannt und sich in Zusammenarbeit mit „3“ dem laufenden Frequenzmonitoring von Handelsagglomerationen verschrieben. Das S+M Frequenzmonitoring schließt nun im Bereich der City-A-Geschäftslagen diese Lücke, Zahlen für den Bereich der Shopping Center befinden sich bereits in Aufbereitung. Der Erkenntnisgewinn veranlasst uns, die umfangreichen Hintergrundarbeiten im kommenden Jahr nicht nur fortzusetzen, sondern sogar auszubauen.

Die nachfolgend ausgewiesenen Werte für die einzelnen City-Größenklassen setzen sich aus folgenden Städten zusammen:

City-A-Lagen Kleinstädte: Baden, Bregenz, Feldkirch, Krems, Leoben

City-A-Lagen Mittlere Städte: St. Pölten, Steyr, Villach, Wels, Wiener Neustadt City-A-Lagen Großstädte: Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg

City-A-Lagen Wien: Kärntner Straße, Mariahilfer Straße

Frequenzen zu Weihnachten 2023: erwartungsgemäß am „Jahres-Peak“

Wir hätte es nicht anders erwartet: die Kalenderwochen 49 bis 51 – damit die Zeit vor Weihnachten – weisen naturgemäß in sämtlichen Citykategorien die höchsten Passantenfrequenzen auf. Die höchste Stundenfrequenz im Wochendurchschnitt (durchschnittliche Stundenfrequenz von Montag bis Samstag zwischen 09.00 und 19.00) lag 2023 über sämtliche Citygrößenkategorien hinweg in der KW 50 (also eine Woche vor Weihnachten), die niedrigste Frequenz lag in der KW 33 bzw. bei den Großstädten in der KW 34, also in der zweiten Augusthälfte.

Interessant dabei ist, wie stark die unterschiedlichen Citykategorien vom Jahres-Stundendurchschnittswert abweichen: In den A-Lagen der Kleinstädte ist die Bandbreite am höchsten: lag hier die Frequenz der Durchschnittsstunde je Kalenderwoche im Jahresmittel bei 1.043 Passanten, belief sich der niedrigste Wert (gemessen in der KW 33) bei 826 Passanten und damit 21% unter dem Jahresmittelwert, der höchste Wert mit 1.518 Passanten (in der KW 50) lag allerdings stolze 45% über dem Jahresmittel. Bei Großstädten ist die Spreizung (-19% zu +37%) am zweitgrößten, bei den mittleren Städten am drittgrößten (-20% zu +26%), in Wien mit den Spitzenlagen Kärntner Straße und Mariahilfer Straße war die Spreizung mit -16% und +24% zum Mittelwert am geringsten. Erstes Learning: Kleinstädte unterliegen bei den Passantenfrequenzen offenkundig stärkeren Schwankungen innerhalb des Jahres.

Übrigens: Das Frequenzniveau der einzelnen City-Kategorien ist naturgemäß unterschiedlich, verblüfft aber den- noch. So fällt etwa der Frequenzunterschied der A-Lagen zwischen kleinen und mittleren Städten relativ gering aus: die A-Lagen der mittleren Städte weisen im Jahresdurchschnitt eine lediglich um 29% höhere Frequenz je Stunde innerhalb einer Kalenderwoche auf als die A-Lagen der Kleinstädte. Weiters: Die A-Lagen der Großstädte kommen überraschend nahe an die durchschnittliche Stundenfrequenz je Kalenderwoche der beiden Wiener Top- Lagen heran, sie erreichen im Jahresdurchschnitt rund 70% der Stundenfrequenz der beiden Wiener Top-Desti- nationen. Massiv ist allerdings der Frequenz-Sprung zwischen den A-Lagen der „Mittleren Städte“ zu jenen der Großstädte: die Frequenz in den Großstädten liegt im Jahresdurchschnitt mehr als doppelt so hoch wie bei den mittelgroßen Städten.

Und wie lief Weihnachten 2023 frequenztechnisch?   

An sich nicht schlecht. Die „Black Friday Week“ (KW 47) hat die Riege der Jahres-„All-Time-High“-Frequenzen eingeläutet. Nach einer kurzen Verschnaufpause für die Geldbör- sen in der KW 48 erfolgen in der KW 49 die neuen Frequenzspitzen, die 2023 nur mehr von der KW 50 übertroffen werden konnten. Die KW 51 war an sich noch recht frequenzstark: im Wochendurchschnitt lag die stündliche Frequenz in allen Stadtkategorien nur wenige Prozent unter dem Vorwochenwert. Der 23. Dezember war im Vergleich zu den vorgelagerten Samstagen aber deutlich frequenzschwächer. Just in der tagesweisen Frequenzbetrachtung verbergen sich für Frequenz-Connaisseurs weitere Feinheiten: Die A-Lagen in kleineren und mittelgroßen Städten haben eine deutlich andere Wochenganglinie als jene von A-Lagen in Großstädten oder in Wien. Je kleiner die Stadt, desto eher verteilt sich die Frequenz über die gesamte Woche hinweg, die Frequenzspitzen an Freitagen und Samstagen liegen nur geringfügig über der tagesdurchschnittlichen Frequenz/Stunde der restlichen Wochen- tage. Die samstäglichen Frequenzen zur Weihnachtszeit sind in den A-Lagen der großen Städte sowie in den Top-Lagen Wien immens, der „8. Dezember“ kommt hier nicht an die Spitzenwerte heran. Wir haben zwar keine Vergleiche zum Vorjahr, aber im Jahresverlauf betrachtet sieht Weihnachten 2023 frequenztechnisch nicht zwangsläufig schlecht aus. Wie stark die Kassen schlussendlich wirklich geklingelt haben werden uns die Wirt- schaftsforscher in den kommenden Wochen wohl noch im Detail mitteilen.

Haben sich die Streiks frequenztechnisch niedergeschlagen? 

Aufgrund der medialen Präsenz der KV-bedingten Streiks im Handel wäre es denkbar gewesen, dass Weih- nachtseinkäufe tageweise verlagert würden. Aus unseren (in Stundenauflösung vorliegenden) Daten lässt sich dies allerdings (etwa für die Streiks am 2. Dezember in der Mariahilfer Straße) nicht ableiten oder nachvollziehen.

Noch ein Schlusswort: Frequenz ist für den Handel nicht alles, aber fast alles! Frequenz ist und bleibt der Nährboden für den stationären Handel. Umso wichtiger stufen wir ein laufendes Monitoring dieses „Nährbodens“ ein.

Datengrundlage zu den oben angeführten Zahlen:

Als Datenbasis werden die Mobilfunkdaten von „3“ in Stundenauflösung für die relevanten City-A-Lagen in einem Raster von 50m x 50m herangezogen. Die Daten werden seitens „3“ im Rahmen eines ISO-zertifizierten Prozes- ses in streng datenschutzkonformer Weise erhoben und verarbeitet.