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Wie fit ist Ihr Immobilienunternehmen für BEPS?

Von der OECD und den G 20-Staaten wurde im Herbst 2015 in Form des sog. „BEPS“-Reports (Base Erosion and Profit Shifting) ein 15-teiliger Aktionsplan vorgestellt, der vornehmlich darauf abzielt, Gewinnverlagerungen in das niedrig besteuerte Ausland zu verhindern.
Dr. Gernot Ressler

Was bedeutet „BEPS“?

Den Mitgliedstaaten der EU entgehen durch aggressive Steuerplanungen schätzungsweise Einnahmen von EUR 50 bis 70 Milliarden/Jahr. Von der OECD und den G 20-Staaten wurde daher gemeinsam im Herbst 2015 in Form des sog. „BEPS“-Reports (Base Erosion and Profit Shifting) ein 15-teiliger Aktionsplan vorgestellt, der vornehmlich darauf abzielt, Gewinnverlagerungen in das niedrig besteuerte Ausland zu verhindern. Dabei handelt es sich zwar um eine „bloße“ Handlungsempfehlung, deren Umsetzung jedoch – auch aufgrund der jüngeren öffentlichen Diskussion (Amazon, Starbucks, Apple etc.) – nun politisch forciert wird. Seit Jänner 2016 liegt dazu auch seitens der EU ein Vorschlag einer „Richtlinie zur Vermeidung aggressiver Steuervermeidungspraktiken“ vor, der zahlreiche steuerliche Verschärfungen zur Folge haben dürfte.

Wie die Infobox zeigt, handelt es sich dem Grunde nach um Maßnahmen, die vorwie-gend auf aggressive Gestaltungen unabhängig von einer bestimmten Branche abstellen (etwa Verrechnungspreisgestaltungen, sog. CFC-Besteuerung etc.).

Darunter befinden sich durchaus Themen, für die bereits das bestehende heimische Steuerrecht Regelungen vorsieht (bspw Exit-Tax, Anti-Missbrauchsbestimmungen) oder die schon aufgrund der bloßen rechtlichen Systematik in Österreich gar nicht relevant sind.

Bei einigen Maßnahmen wird sich aber auch für Österreich ein Nachhol- oder zumindest Nachschärfbedarf ergeben. Der genauere Blick verrät darüber hinaus, dass von einigen Maßnahmen auch die Immobilienwirtschaft durchaus materiell betroffen sein kann – nämlich sowohl Immobilieninvestments ausländischer Investoren im Inland als auch heimischer Investoren im Ausland (aufgrund der EU-weiten Umsetzung).

Zinsabzug (Action 4)

Die Immobilienwirtschaft ist typischerweise kapitalintensiv und wird durch eine hohe langfristige Fremdfinanzierung gekennzeichnet. Bislang war dies allerdings steuerlich kaum ein Thema. Das heimische Steuerrecht lässt derzeit mit wenigen Ausnahmen einen unbeschränkten Abzug von Zinsen zu. Dies gilt sowohl für Bank- als auch für Gesellschafterdarlehen.

Wie von der EU und der OECD vorgeschlagen, steht derzeit eine sog. „Zinsschranke“ nach deutschem Vorbild zur Diskussion. Demnach soll der jährliche Zinsabzug (sowohl auf Dritt- als auch auf Gesellschafterdarlehen) mit 30% des EBITDA (Ergebnis vor Steuern, Zinsen und AfA) oder maximal EUR 1 Mio beschränkt werden. Ein Zinsüberhang muss ins nächste Jahr vorgetragen werden und kann dann allenfalls von einem künftigen Gewinn zum Abzug ge-bracht werden. Genauso könnte ein „nicht verbrauchtes“ EBITDA ins nächste Jahr vorgetragen werden. Ein voller jährlicher Zinsabzug wäre andererseits nur dann gewährt, wenn die Eigenkapitalquote der jeweiligen Gesellschaft gleich hoch oder höher ist als jene des Konzerns. Überdies dürfen Zahlungen an Konzerngesellschaften (bspw Zinsen, Management Fees etc.) nicht mehr als 10% der konzernweiten Zinsaufwendungen betragen.

Naturgemäß wirft dies zahlreiche rechtliche Unklarheiten (bspw Einzelgesellschaften etc.) auf, die erst im Laufe der europaweiten Diskussion und der innerstaatlichen Implementierung zu lösen sein werden. Genauso stehen noch Übergangsregeln für „Altfinanzierungen“ zur Diskussion. Fest steht aber, dass durch die bloße Beschränkung des jährlichen steuerlichen Zinsabzugs jedenfalls ein erheblicher Teil der Immobilienbranche vor neue Herausforderungen gestellt werden würde.

Zu berücksichtigen sind dabei die Spezifika der Immo-Wirtschaft: Die Bankenfinanzie-rung wird in den meisten Fällen auf Ebene der Objektgesellschaft stattfinden, da eine direkte Besicherung durch das Objekt gefordert wird. Eine Angleichung auf die konzernweite Kapitalstruktur (wie uU in anderen Branchen bewerkstelligbar) erscheint somit schwierig. Darüber hinaus finden auch (dann gleichfalls pönalisierte) Gesellschafterdarlehen zahlreich in der Praxis Verwendung – und zwar zumeist weniger aus steuerlichen, sondern eher aus liquiditätstechnischen Überlegungen heraus (Cash Trap). Am Ziel einer Zinsschranke (nämlich einer Vermeidung der Verlagerung von Zinsausgaben in Hochsteuerländer) geht dies somit freilich vorbei.

Anti-Missbrauchsbestimmungen (Action 6)

Action 6 zielt primär auf die missbräuchliche Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen ab. Dabei geht es vorrangig um Gestaltungen, die unter Einschaltung von (oftmals substanzarmen) Gesellschaften in vorteilhaften Jurisdiktionen (auch durch Sonderabsprachen mit der ausländischen Finanzbehörde) eine Abschirmwirkung herbeiführen sollen, etwa um Quellensteuern auf Dividenden zu minimieren oder Veräußerungsgewinne von Anteilen an Objektgesellschaften der heimischen Besteuerung zu entziehen.

Naturgemäß werden bereits nach herrschender heimischer Rechtslage viele Gestaltungen rechtlich unterbunden. Trotzdem ist zu erwarten dass solche Strukturen noch stärker in den Fokus der Finanzverwaltung rücken, zumal zu befürchten ist, dass die Beweislast stärker zu Lasten des Steuerpflichtigen verschoben wird.

Zudem werden wohl langfristig sog. Real Estate-Klauseln noch verstärkter in Doppelbesteuerungsabkommen Eingang finden. Dadurch wird gesetzlich sichergestellt, dass selbst im Falle eines Share Deals (dh Verkauf der Anteile an einer Objektgesellschaft) auch der Belegenheitsstaat der Immobilie das Besteuerungsrecht hat.

Hinzu kommt, dass ein automatischer Informationsaustausch bei (auch bereits bestehenden) Sonderabsprachen mit ausländischen Finanzbehörden - zumindest innerhalb der EU - noch stärker forciert wird, wie dies etwa beim jüngst erschienenen Entwurf zum EU-Abgabenänderungsgesetz der Fall ist. Für die Praxis empfiehlt sich daher eine Überprüfung sowohl für Inbound als auch für Outbound Strukturen.

Transfer Pricing (Action 8 bis 10)

Auch bei Immo-Gruppen erfolgen zahlreiche konzerninterne Leistungen (bspw Zinsen, Management etc.). Insofern diese Vereinba-rungen fremdüblich ausgestaltet sind, werden sie auch steuerlich anerkannt.

Dazu besteht bereits ein konkreter Gesetzesentwurf, der eine Dokumentationspflicht für Verrechnungspreise nunmehr ausdrücklich vorsieht (Verrechnungspreisdokumentationsgesetz). Ab Überschreiten einer Umsatzschwelle von EUR 50 Mio ist dabei jedenfalls die Führung eines sog. Master Files (gesamte Gruppe) sowie eines Local Files (dh über die konkreten Verrechnungspreisverhältnisse im jeweiligen Land) zu führen.

Falls nicht bereits vorhanden, besteht somit hinkünftig auch für heimische Immobiliengruppen Bedarf nach einer geeigneten Ver-rechnungspreisdokumentation.

Fazit und Ausblick

Freilich bleibt abzuwarten, wann und wie  konkret die von EU und OECD geplanten Maßnahmen in Österreich umgesetzt werden - vieles ist noch in Diskussion. Insbesondere zur Zinsschranke gibt es auf politischer Ebene Widerstand. Fest steht aber, dass der grundsätzliche politische Wille zur Implementierung des Maßnahmenpakets vorhanden ist. Um ein „Kristallkugel-Thema“ handelt es sich daher definitiv nicht. Um die Folgen besser abschätzen und ggf. rechtzeitig reagieren zu können, empfehlen wir daher eine Überprüfung der bestehenden Strukturen im Lichte der aktuellen Diskussion.


Action 1: Digitale Wirtschaft Action 2: Hybride Gestaltungen Action 3: Hinzurechnungsbesteuerung Action 4: Zinsabzug Action 5: Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken Action 6: Abkommensmissbrauch Action 7: Begründung einer Betriebsstätte Action 8-10: Verrechnungspreise Action 11: Monitoring Action 12: Offenlegung Action 13: Verrechnungspreise Action 14: Streitbeilegung Action 15: Multilaterale Abkommen


REITHOFER_Beate_RBEAutor: Mag. Beate Reithofer 

ist Berufsanwärterin bei LeitnerLeitner in Wien. Die Tätigkeitsschwerpunkte der Autoren liegen im Bereich Transaktionen und Restrukturierungen mit Schwerpunkt auf Immobilien.

RESSLER Gernot 013 © Franz Helmreich_bearbAutor: Dr. Gernot Ressler

ist Steuerberater und Director bei LeitnerLeitner in Wien und Lehrbeauftragter am Institut für Österreichisches und Internationales Steuer-recht an der Wirtschaftsuniversität Wien.

LeitnerLeitner Wirtschaftsprüfer Steuerberater Am Heumarkt 7 A-1030 Wien Tel: +43/1/718 98 90 - 0 Fax: +43/1/718 98 90 - 804 e-mail: wien.office@leitnerleitner.com