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Wien Energie spricht von Paradigmenwechsel bei Fernwärmeausbau

Investitionen von 150 Mio. Euro bis 2026 - In sieben Innenstadtbezirke soll Fernwärme flächendeckend zur Verfügung stehen - Dezentrale Lösungen oder Wärmepumpen am Stadtrand
Michael Neubauer
Fernwärme
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Der städtische Energieversorger der Bundeshauptstadt, die Wien Energie, nennt den vergangene Woche von der Stadtregierung präsentierten Plan zum Ausbau der Fernwärme in Wien einen Paradigmenwechsel. Anstatt wie bisher je nach Kundeninteresse das Netz zu erweitern, werde die Fernwärme nun vorausschauend ausgebaut und damit die dicht verbauten Bezirke bis 2040 flächendeckend versorgt. Für das Gasverteilnetz bedeutet der Schritt früher oder später das Aus.

Der Wiener Wärmeplan 2040 bilde die Grundlage für einen flächendeckenden und strategischen Ausbau des Fernwärmenetzes, sagte Wien-Energie-Chef Michael Strebl in einem Gespräch mit Medien. Demnach wird in den nächsten 15 Jahren in sieben Innenstadtbezirken Fernwärme flächendeckend zur Verfügung stehen und in weiteren zwölf Bezirken wird es Teilbereiche mit flächendeckender Versorgung geben.

Bisher war es in Wien so, dass das Fernwärmenetz nur dann ausgebaut wurde, wenn ein Hausbesitzer die Kosten für die Leitungsarbeiten übernommen hat. Die Folge war ein Fleckerlteppich und unterschiedlich hohe Anschlusskosten. Mit der Umstellung auf eine flächendeckende Netzinfrastruktur werde innerhalb des Kerngebiets jedes einzelne Haus an die Fernwärme angeschlossen werden können, und das zu einheitlichen Anschlusskosten, so Strebl. "Wir gehen sozusagen in Vorleistung" - konkret mit 150 Mio. Euro bis Ende 2026.

Pro Gebäude kostet der Fernwärmeanschluss künftig 25.000 Euro. Dazu kommen pro Kilowatt (KW) Heizleistung 250 Euro. Für ein ungedämmtes Zinshaus mit 25 durchschnittlich großen Wohnungen koste der Fernwärmeanschluss damit rund 90.000 Euro, rechnete Strebl vor. Wird das Haus vor dem Anschluss gedämmt, sinkt die benötigte Heizleistung von rund 260 auf 140 KW und die Anschlusskosten reduzieren sich auf rund 60.000 Euro, so Strebl.

Strebl rät deshalb Hausbesitzern in Vorbereitung auf einen Heizungstausch zur thermischen Sanierung. Voraussetzung für einen Fernwärmeanschluss ist auch die Zentralisierung des Heizsystems.

Wie Gasthermen in den einzelnen Wohnungen durch eine Zentralheizung ersetzt werden können, zeigt im Übrigen seit einiger Zeit die Sozialbau AG mit dem Projekt "Gemeinschaftstherme" vor. Dabei werden die Heizungsrohre durch den dann nicht mehr benötigten Kamin in die Wohnungen verlegt.

Auch außerhalb des Kerngebiets der Fernwärme will die Wien Energie Wärme verkaufen, entweder in Form von dezentraler Fernwärme oder durch lokale Grätzllösungen. Auch den Vertrieb von Wärmepumpen kann sich Strebl mit Partnern vorstellen. Holzheizungen sind für die Wien Energie hingegen kein Thema. Diese seien im städtischen Bereich aufgrund der Feinstaubproblematik ungeeignet, so Strebl.

Neu ist auch eine Adressabfrage, die die Wien Energie auf rausausgas.at anbietet. Wer außerhalb des Gebiets, das in Zukunft mit Fernwärme versorgt werden wird, wohnt, bekommt folgenden Hinweis: "Die Lage Ihres Gebäudes eignet sich nicht für einen Fernwärmeanschluss. Eine Wärmepumpe kann für Sie die geeignete Lösung sein.

Apropos Raus aus Gas: In jenen Stadtteilen, wo die Fernwärme künftig flächendeckend verfügbar sein wird, wird laut Strebl das Gasverteilnetz früher oder später stillgelegt werden. Denn beides - Fernwärme und Gas - anzubieten, gehe mit doppelten Kosten einher. Hier müsse, so Strebl, aber noch gesetzlich nachgeschärft werden, denn derzeit haben Endverbraucher im Gaswirtschaftsgesetz noch das Recht auf einen Gasanschluss.

Raus aus Gas gilt auch für die Fernwärme selbst. Denn derzeit wird diese noch zu einem Großteil aus Erdgas erzeugt. Künftig soll die Fernwärme zu je einem Viertel aus Großwärmepumpen, Tiefengeothermie, Müllverbrennung und Grüngaskraftwerken stammen. Mit dem breiten Erzeugungsmix will Strebl die Wien Energie auch unabhängig von Preissauschlägen bei Erdgas machen.

Derzeit deckt die Fernwärme der Wien Energie 42 Prozent des Wärmebedarfs der Bundeshauptstadt ab, 2040 sollen es 60 Prozent sein. Zu den aktuell 460.000 Haushaltskunden kommen tausende Großkunden, die der Versorger mit Fernwärme beliefert. (apa)