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Wiener Bauordnungsnovelle: Mehr Ambition wäre nachhaltiger gewesen

Die in Vorbereitung befindliche Novelle der Wiener Bauordnung beinhaltet – zumindest im Detail – umfassende Neuerungen. Einige davon begrüßen wir, andere wiederum konterkarieren die selbst gesteckten Ziele des Landes. Ein Kommentar von Sebastian Beiglböck, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Projektentwickler (VÖPE)
Patrick Baldia
Beiglböck
Beiglböck
© REMG/Alba Communications

Die Bauordnung für Wien ist ein umfangreiches Wiener Landesgesetz mit etwa 150 Paragraphen, das die Materien Stadtplanung, Flächenwidmung und das gesamte Bauwesen (Bautechnik, Mindestraumhöhen, Mindestgröße von Wohnungen et cetera) regelt. Sie beeinflusst daher das Erscheinungsbild der Stadt maßgeblich und ist einer der mächtigsten Hebel dafür, wie die Wiener in Zukunft leben werden.

Anreizsysteme statt Verboten

Für uns Lebensraumentwickler ist vor allem nachhaltige Immobilienentwicklung und damit nachhaltiges Bauen ein enorm wichtiges Thema. Wir sehen es als Pflicht, unseren Beitrag zu mehr Klimaschutz zu leisten. Erfreulich ist daher, dass im vorliegenden Gesetzesentwurf insbesondere im Bereich der Dekarbonisierung deutliche Verbesserungen vorgesehen sind. Allerdings sind aus unserer Sicht die vorgesehenen Erleichterungen zu wenig ambitioniert. Man müsste sich zum Beispiel bei Photovoltaik fragen, warum es denn überhaupt eine baurechtliche Bewilligung braucht, die in einigen anderen Bundesländern zum Beispiel gar nicht erforderlich ist. Auch vermissen wir Inhalte zur Kreislaufwirtschaft und mehr Anreizsysteme zur nachhaltigen Transformation des Bau- und Immobiliensektors statt neuer Verbote und Regulierungen.

Zudem orten wir Tendenzen zur Überregulierung im Bebauungsplan – zum Beispiel Unzulässigkeit der Errichtung bestimmter Gebäudetypen oder Nutzungseinheiten sowie Vorschreibung von Raumhöhen über das gesamte Gebäude, die gravierende Eingriffe in das Recht auf Eigentum nach sich ziehen und von uns daher abgelehnt werden.

Die neue Systematik zum Stadtbildschutz, bei der Festlegungen im Bebauungsplan durch Ermessensentscheidungen ausgehebelt werden könnten, empfinden wir als ausgesprochen unausgegoren. Aus unserer Sicht behindern die neuen strengen Regeln eine qualitätsvolle Weiterentwicklung und eine sanfte Nachverdichtung der gewachsenen Stadt.

Chance vertan

Insgesamt wird durch höhere Komplexität und neue höchst relevante Ermessensspielräume die für unsere Mitglieder so wichtige Planungs- und Rechtssicherheit geschwächt. Außerdem wurde mit der Novelle die Chance vertan, endlich ein übersichtliches Regelwerk zu schaffen, das auch digital besser verarbeitbar ist als das bisherige Gesetz.

Trotz kleiner Schritte in die richtige Richtung: Gesagt werden kann aber jedenfalls, dass wir Lebensraumentwickler uns von der Stadt Wien mehr Ambition und Mut gewünscht hätten, die Baukultur und -qualität zum Wohle der Menschen in dieser Stadt zu verbessern.