Die Lage auf dem Wiener Wohnungsmarkt hat sich im ersten Halbjahr 2018 gegenüber dem Vorjahr aus Sicht der Wohnungskäufer und -mieter wenig verändert. Der anhaltend starken Nachfrage steht ein zunehmendes Angebot gegenüber, was wiederum eine moderate Steigerung der Kaufpreise und Mieten bewirkt. Die Entwickler kämpfen hingegen mit teils drastisch gestiegenen Baukosten, die oft zu einer empfindlichen Verschlechterung der Ertragslage führen.
Angebotsentwicklung
Im ersten Halbjahr wurden ca. 4.600 Wohnungen und damit rund 4,1 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres fertiggestellt. Obwohl die großen Neubauprojekte naturgemäß zum größten Teil in Randlagen und den neuen Siedlungsgebieten nördlich der Donau entstehen, entfällt dennoch ein wesentlicher Teil der Wohnungsproduktion auf die zentraler gelegenen Teile der Stadt, in denen zahlreiche kleine Projekte in Baulücken sowie Dachbodenausbauten insgesamt doch eine beachtliche Dimension erreichen.
Auffällig war das starke Interesse institutioneller - auch ausländischer - Anleger an langfristigen Investitionen in großvolumige Wohnungsneubauprojekte. Prominente heimische Player wie die BUWOG übernehmen ihre selbst entwickelten Objekte verstärkt in den Eigenbestand und große internationale Investoren engagieren sich so stark wie nie zuvor auf dem österreichischen Markt. Allen voran sind hier deutsche Fonds zu nennen. So wurden im zweiten Quartal beispielsweise 390 Wohnungen des Projekts „Das Ensemble“ an der Erdberger Lände von der Kölner Art- Invest Real Estate erworben. Dies war das bislang größte Direktinvestment eines ausländischen Käufers in ein österreichisches Wohnbauprojekt.
Aufgrund der sinkenden Renditen und des Zufluss an ausländischem Kapital werden verstärkt Wohnungseigentumsprojekte in Mietprojekte umgewandelt und im gesamten, teilweise als Forward-Deal, verkauft. Dies führt zu einer Reduktion im Angebot an Eigentumswohnungen und zu einem Trend in Richtung Miete.
Die teilweise dramatisch gestiegenen Baupreise haben sich auf das Wohnungsangebot noch nicht allzu stark ausgewirkt, da die aktuellen Projekte bereits vor der Preisrallye in Angriff genommen wurden. Mittlerweile ist die Situation aber schon so schwierig, dass Projekte verschoben werden müssen, weil die ursprünglichen Kalkulationen nicht zu halten sind.
Das aktuell schwierigste Marktsegment ist der Luxusbereich. Zwar gibt es weiterhin zufriedenstellende Nachfrage nach sehr exklusiven Objekten, doch reicht das nicht, um das deutlich ausgeweitete Angebot auszugleichen. Das wirkt sich weniger bei den absoluten Spitzenprodukten aus, für die weiterhin bis zu 35.000 Euro pro Quadratmeter erzielt werden, sondern vielmehr bei Wohnungen, die sich oft nur in Nuancen von den absoluten Topobjekten unterscheiden, und bei denen Käufer wegen des großen Angebots heute eine äußerst gute Verhandlungsposition haben.
Preisentwicklung
Die deutliche Ausweitung des Angebots an qualitativ einwandfreien Wohnungen hat zu einer weitgehenden Beruhigung an der Preisfront geführt. Im Jahresvergleich sind die Preise für Eigentumswohnungen im quantitativ wichtigsten Teilmarkt, dem mittleren Preisbereich, um rund 2,4 Prozent gestiegen, die Mieten legten im selben Zeitraum um rund 1,8 Prozent zu. Dabei kam es wienweit zu recht ähnlichen Preisentwicklungen.
Spürbare Abweichungen gab es nur dort, wo sich die Lagequalität objektiv veränderte, vor allem im Nahbereich der Ul-Verlängerung. Schwächer als der Gesamtmarkt entwickelte sich das Luxussegment, insbesondere betrifft dies Wohnungen, die nicht zu 100 Prozent den hohen Ansprüchen in diesem Teilbereich entsprechen und bereits längere Zeit auf Käufer warten.
Kostenentwicklung
In einem insgesamt recht ruhigen Markt war die Kostenseite die einzige fast spektakuläre Entwicklung. Die Baupreise sind im Jahresvergleich dramatisch gestiegen und liegen je nach Gewerke und Projektgröße um 10 bis 20 Prozent über dem Preisniveau im ersten Halbjahr 2017. Kleinere Projektentwickler haben aktuell sogar Probleme, überhaupt Angebote zu erhalten.
Dafür ist zum einen die starke Baukonjunktur in Österreich verantwortlich, die für eine praktisch 10Oprozentige Auslastung der heimischen Bauunternehmen sorgt; zum anderen sind wegen des Wirtschaftsaufschwungs in den Nachbarländern, insbesondere Ungarn und Tschechien, auch weniger internationale Anbieter in Österreich aktiv. Die Baulandpreise haben hingegen zuletzt nur mehr moderat zugelegt. Das ist dem bereits sehr hohen Niveau geschuldet - Grundkosten von weniger als 1.000 Euro pro Quadratmeter sind praktisch nirgends mehr zu finden - aber auch den hohen Baukosten, die verbunden mit den nur mehr mäßig steigenden Wohnungspreisen eben keine höheren Kaufpreise für Bauland zulassen.
Ausblick
Bei der Wohnungsnachfrage wird es kurz- und langfristig wenig Veränderung geben. Die Flächenproduktion wird wegen der zahlreichen bereits in Bau oder knapp vor Baubeginn befindlichen Großprojekte hingegen in den kommenden drei Jahren weiter steigen. Das wird auch durch einen zu erwartenden Rückgang bei kleineren Projekten wegen der hohen Baupreise und auch wegen der Verschärfung der Schutzbestimmungen gegen den Abbruch von Altobjekten nicht ausgeglichen werden. Da bei den Baupreisen zumindest aktuell nichts auf eine Entspannung der Situation hindeutet, können diese auf längere Sicht durchaus zu einem Faktor werden, der zu einer Verknappung des Gesamtangebots führt.
Derzeit noch nicht abschätzbar ist, wie sich die Änderungen, die die Regierung im Bereich des MRG, des WGG und des WEG angekündigt hat, auswirken werden. Planmäßig sollten die Wohnrechtsreformen im Herbst 2018 gestartet werden. Es ist anzunehmen, dass dabei der Altbestand, also die im Vollanwendungsbereich des MRG liegenden Objekte, im Fokus stehen wird. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass sich Reformen vor allem auf diesen Teilmarkt und weniger stark auf den Neubaumarkt auswirken werden.