Der börsennotierte Ziegelriese Wienerberger hat seine Ergebnisse in den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahres 2022 "trotz eines herausfordernden und volatilen Marktumfelds" gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr massiv gesteigert. Der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) hat sich von 323 auf 629 Mio. Euro fast verdoppelt, wie der Baustoffkonzern am Donnerstag bekanntgab. Der Umsatz legte demnach um ein Drittel auf knapp 3,9 Mrd. Euro zu.
Die Umsatzerlöse enthalten den Konzernangaben zufolge Konsolidierungsbeiträge von im zweiten Halbjahr 2021 erworbenen Firmen im Volumen von fast 392 Mio. Euro.
Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen steigerte Wienerberger das Ergebnis (EBITDA) im Vergleich zur Vorjahresperiode um 64 Prozent von rund 510 auf gut 835 Mio. Euro.
Das starke Wachstum des Unternehmens in den ersten neun Monaten sei auf die "erfolgreiche Repositionierung von Wienerberger hin zu einem Anbieter von innovativen Systemlösungen und ein breit diversifiziertes Portfolio" zurückzuführen.
Auch im dritten Quartal übertraf der Baustoffkonzern das Ergebnis der Vorjahresperiode - obwohl die Herausforderungen aufgrund der geopolitischen Lage und den damit verbundenen Auswirkungen zuletzt weiter zugenommen hätten, hieß es mit Blick auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die Energieversorgungskrise und die hohe Inflation.
Der bisherige Jahresverlauf sei infolge geopolitischer Spannungen von signifikant gestiegenen Energiepreisen und Inputkosten geprägt gewesen, hielt Konzernchef Heimo Scheuch fest. "Wir arbeiten innerhalb der Wienerberger seit Jahren an Verbesserungen, um den Energieverbrauch und den Rohstoffverbrauch zu senken - das hilft natürlich in einem Umfeld, wo nicht nur die Preise steigen, sondern auch die Verfügbarkeit kritisch ist", sagte der CEO in einem Online-Gespräch.
Dank vorausschauender Einkaufs- und Preispolitik sei es gelungen, die deutlich gestiegene Kosteninflation erfolgreich abzudecken und gleichzeitig während des gesamten Jahresverlaufs die Verfügbarkeit von Energie sicherzustellen. "Die Preiserhöhungen, die wir gehabt haben, haben wir an die Kunden weitergegeben", berichtete Scheuch.
Infolge des Krieges in der Ukraine war die Neubautätigkeit in Zentral- und Osteuropa dem CEO zufolge bereits vor dem Sommer rückläufig - von Polen bis Rumänien. Diese rückläufige Tendenz habe sich "seit dem Sommer verstärkt, weil die Zinsen stark gestiegen sind, auf 6 bis 7 Prozent", erklärte Scheuch.
Eine Verlangsamung im Neubaumarkt gebe es "in Nordamerika, England und ganz Europa". Insgesamt geht er davon aus, dass es in diesem Bereich heuer im Gesamtjahr zu einem Rückgang von im Schnitt 10 bis 12 Prozent kommt. Das gelte auch für Westeuropa. "In Österreich wird es auch rückläufig sein - im höheren einstelligen Bereich", erwartet der CEO. "Zentral- und Osteuropa geht derzeit stärker zurück."
Angesichts der steigenden Zinsen, der steigenden Inflation und strengerer Vergabekriterien sinkt die Nachfrage nach Wohnbaukrediten bei den Banken. "Natürlich wird uns das als Zulieferer im Neubaubereich auch treffen", räumte Scheuch ein. Bis zu 40 Eigenkapitalanteil und stark gestiegene Zinsen würden die Leistbarkeit verringern. Auf die Geschäfte des Konzerns schlägt das nicht unmittelbar durch. "Wir haben 2023 ein Übergangsjahr, weil viele Projekte noch abgearbeitet werden", so Scheuch. Er glaube aber, "dass der Eingriff, der derzeit stattfindet, ein sehr harter ist".
Im Infrastrukturbereich ist der Markt ebenfalls rückläufig. Wienerberger sei stark im Wasser- und Abwasserbereich tätig und habe damit heuer bis September 1,5 Mrd. Euro Umsatz erzielt. "Die Endmärkte an sich haben 5 Prozent verloren, seit dem Sommer, nicht Wienerberger", betonte der CEO. "Die Infrastruktur hängt sehr stark von Förderungen ab."
Im dritten Quartal weiterhin "äußerst stabil entwickelt" habe sich der Renovierungsbereich - "trotz der Zinserhöhungen, der Auswirkungen des Ukraine-Krieges und der Verknappung von Rohstoffen".
Aufgrund der Ergebnisse der ersten drei Quartale und des "starken Starts" des Konzerns in das verbleibende vierte Quartal erhöhte Wienerberger die operative EBITDA-Guidance für 2022 ein weiteres Mal auf 950 bis 970 Mio. Euro. Im Juli war der Ausblick bereits von bis dahin 750 bis 770 Mio. Euro auf rund 900 Mio. Euro angehoben worden.
Auch für das kommende Geschäftsjahr 2023 ist der Konzernchef zuversichtlich: "Wir werden mit einem rückläufigen Marktumfeld konfrontiert, aber wir werden sicher wieder ein starkes Ergebnis liefern können", sagte Scheuch. Die Wienerberger sei "gut aufgestellt". (apa)