Gutachter Matthias Kopetzky habe im Juli seine Expertise vorgelegt, berichtet der "Standard" (Mittwochausgabe). Der Anwalt von Ex-Wienwert-Vorstand Stefan Gruze weist die Vorwürfe zurück, die Vergütung sei marktüblich gewesen.
In der Causa ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen 22 Beschuldigte zum Verdacht auf Untreue, betrügerische Krida, schwerer Betrug, Bilanzfälschung, Korruption und Verletzung des Amtsgeheimnisses. Für alle hier Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Anfang 2018 ging der Immobilienentwickler mit Sitz in Wien pleite. Das Unternehmen konnte Anleihen, für die es Zinssätze bis um die sieben Prozent versprochen hatte, nicht zurückzahlen.
In dem Gutachten werde eine "Loch-auf-Loch-zu-Politik" bei der Finanzierung der Anleihen attestiert. "Spätestens ab 2013, als erste Tilgungen von schon begebenen Anleihen zu refinanzieren waren, hatten neu aufgenommene Anleihegelder auch den Zweck, Anleiheverbindlichkeiten wieder zurückzuzahlen." Für die Anleihen geworben wurde auch mit dem Argument, dass sie mit Wienwert-Immobilien abgesichert seien - doch der Gutachter sieht dies anders: Von den in Summe jemals eingetragenen Pfandrechten von 15,5 Mio. Euro seien nur 59.100 Euro treuhändisch zugunsten von Anleihegläubigern hinterlegt worden: 0,38 Prozent aller Pfandrechte. "Die Sicherungswirkung kann betriebswirtschaftlich betrachtet daher getrost als nicht existent beschrieben werden." Zuletzt waren Anleihen im Volumen von 38 Mio. Euro gezeichnet.
Kritisiert werden weiters die Einkommen für Vorstand und Aufsichtsrat. 2017 betrug Gruzes Jahresfixgehalt demnach 600.000 Euro brutto. Der Sachverständige verglich das mit den Chefgehältern bei Branchenriesen. Der Chef der börsennotierten Immofinanz (Bilanzsumme fast sechs Milliarden Euro) habe gleich viel wie der Wienwert-Chef bekommen, nur der Vorstandsvorsitzende der Buwog (Bilanzsumme: rund vier Mrd. Euro) habe mit 720.000 Euro im Jahr mehr kassiert. Die Höhe der gesamten Überzahlungen an die Vorstände der Wienwert-Gruppe (in Relation zu vergleichbaren KV-Gehältern) allein ab Jänner 2016 ist im Gutachten mit bis zu 1,46 Mio. Euro ausgewiesen.
Gruzes Anwalt Norbert Wess sieht es anders. Die Vorstandsvergütungen an Gruze seien vom Aufsichtsrat beschlossen und marktüblich gewesen, sie hätten Gruzes bisherigen Einkommensverhältnissen entsprochen. Und zu den Vorwürfen der Anleihenfinanzierung verweist Gruzes Anwalt laut "Standard" auf die Offenlegung in den Wertpapierprospekten. Zudem sei Gruze immer von dem von ihm neu aufgesetzten Geschäftsmodell überzeugt gewesen. Als sich die Begleitumstände "leider nachhaltig verändert haben", sei er seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen – und habe die Insolvenz angemeldet. (apa)