Gabriel Felbermayr, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstitutes Wifo, hält eine Rezession im Herbst für möglich und erwartet für kommenden Donnerstag eine weitere Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB). Dass der Mietpreisdeckel und andere Regierungsmaßnahmen schon in den nächsten Monaten greifen werden, glaubt er weniger, sagte er in der ORF-Sendung "Im Zentrum" Sonntagabend. Für SPÖ und FPÖ trägt die Regierung Schuld an der hohen Inflation, die ÖVP widerspricht.
"Wir brauchen Optimismus und Zuversicht", so ÖVP-Abgeordneter Andreas Hanger. SPÖ-Gewerkschafter Josef Muchitsch und Dagmar Belakowitsch, stellvertretende Klubobfrau der FPÖ, quittierten das unisono mit der Aufforderung: "Machts endlich was." Felbermayr wiederum verwies darauf, dass die real verfügbaren Einkommen der Haushalte "relativ konstant" seien, was eine Folge der Einmalzahlungen gewesen sei. Von diesen hätten insbesondere untere Einkommensgruppen profitiert, in der Mittelschicht sehe das schon etwas anders aus.
Klar ist laut dem Ökonomen, dass eine hohe Inflation auch für hohe Lohnabschlüsse sorgt - aber nachdenkenswert sollte es sein, bei den Lohnverhandlungen nicht die rollierende Inflation (die zurückliegende Teuerung der vergangenen zwölf Monate), sondern eine zeitnähere Inflationsrate heranzuziehen. Das gehe sich aber bei der heurigen Herbstlohnrunde wohl nicht mehr aus.
Dazu stellte Gewerkschafter Muchitsch klar: "Über die rollierende Inflation plus sonstiges werden wir nicht hinwegkommen." Georg Knill, Obmann der Industriellenvereinigung (IV), wiederum betonte, dass die Wirtschaft nicht die ganze Last der Teuerung bei der Herbstlohnrunde tragen könne. So müssten auch Kommunen und Gemeinden ihren Beitrag durch eine Abgabenreduktion leisten. Die Industrie erwarte eine Rezession von bis zu minus vier Prozent, es herrsche eine große Sorge vor dem Abschwung.
Der steirische Industrielle Georg Knill ist der Bruder von Christian Knill, seines Zeichens Obmann der Metalltechnischen Industrie, die am 25. September die Herbstlohnrunde einleitet. Basis für das Feilschen ist eine rollierende Inflation von voraussichtlich 9,6 Prozent. Einen Abschluss darunter erwartet auch Wirtschaftsforscher Felbermayr nicht.
Während sich Muchitsch und Belakowitsch einig waren, dass Eingriffe der Regierung in die Preise nützlich seien und längst erfolgt hätten müssen, meinte Hanger, dass ein Gaspreisdeckel populistisch und eine Mehrwertsteuersenkung ein Gießkannenprinzip wäre. Von einer derartigen Steuersenkung hält auch Felbermayr wenig, diese sei "sehr teuer und sehr ungenau".
Belakowitsch wiederum erinnerte Hanger an die von der Regierung angekündigte Preiskommission. "Wo ist die", so die FPÖ-Spitzenpolitikern. "Tatsache ist, dass es für die Leute schwieriger geworden ist. Da ist vieles hausgemacht", sagte sie in der teilweise emotional geführten Diskussion.
Hanger jedenfalls vertraut darauf, dass die Inflation, wie von Wirtschaftsforschern erwartet, zurück gehen werde. Und wie wird die EZB kommenden Donnerstag bei ihrer Zinssitzung entscheiden, steht eine Erhöhung an, wollte ORF-Moderation Claudia Reiterer wissen. Antwort von Felbermayr: "Sieht so aus." (apa)