IMMOunited

WIFO empfiehlt zeitliche Begrenzung bei Strompreis-Eingriffen

Bei einem staatlichen Eingriff in den Strommarkt empfiehlt das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO in jedem Fall eine zeitliche Befristung, wie aus dem aktuellen Research Brief hervorgeht.
Michael Neubauer
Stromzähler
Stromzähler
© Oliver Boehmer - bluedesign®

Damit das Leben leistbar bleibt, setzt die Regierung mit Steuergeldern Maßnahmen zur Linderung der finanziellen Belastung Privater. Die optimale Lösung gibt es nicht, aber diverse hilfreiche Ansätze.

Da es sich bei allen Handlungsoptionen um "starke Eingriffe in die Marktordnung" handle, seien die möglichen Maßnahmen "im Sinne des "effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel", also des sparsamen Umgangs mit Steuergeldern, "jedenfalls mit einer zeitlichen Befristung zu versehen und regelmäßig auf ihre Wirksamkeit und Notwendigkeit zu evaluieren", betont das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung.

Das WIFO hat in dem vorliegenden Papier zunächst nur die Möglichkeiten zur Dämpfung der Elektrizitätspreise analysiert. Die Branchenexperten konzentrierten sich dabei "bewusst auf die breite Mitte und nehmen in Kauf, dass Detailprobleme unberücksichtigt bleiben müssen".

Bei sämtlichen Optionen gibt es laut WIFO Vorteile und Nachteile zu bedenken. Die Anpassung der sogenannten Merit Order stelle beispielsweise "einen grundlegenden Eingriff in die Architektur des europäischen Strommarktes" dar und "kann von Österreich nicht im Alleingang umgesetzt werden".

Preisdeckelung und Energiekontingent als weitere Möglichkeiten unterscheiden sich den Wirtschaftsforschern zufolge insbesondere in Hinblick auf den Effizienzanreiz, die soziale Treffsicherheit und die technische Umsetzbarkeit.

Die Vorteile eines Strompreisdeckels liegen demnach bei der einfacheren technischen Umsetzbarkeit. Bei den Energiekontingenten wiederum fielen der Energieeffizienzanreiz und die soziale Treffsicherheit deutlich höher aus. Innerhalb der Option Energiekontingent unterscheiden sich die Varianten laut Wifo in Hinblick auf die soziale Treffsicherheit.

Die Implementierung eines Fixpreises transferiere das Preisänderungsrisiko von den Haushalten zur öffentlichen Hand, "die dieses ungleich besser tragen kann", schreiben die Wirtschaftsforscher wohl mit Blick auf das bereits angespannte Budget nach fast zweieinhalb Jahren Coronapandemie. "Bei weiter stark steigenden Strompreisen wird zudem eine Rekalibrierung des Zuschusses notwendig sein", ergänzen die Experten.

"Auf der Grundlage dieser Überlegungen kann der Fixpreis als gegenüber dem Zuschuss vorzuziehendes Instrument eingestuft werden", hält das WIFO fest. Innerhalb des Fixpreis-Energiekontingents sei ein Abstellen auf die jeweilige Haushaltsgröße vorteilhaft.

Durch "Kombination mit Strompreisgutscheinen für einkommensschwache Haushalte" könne die soziale Treffsicherheit aller Handlungsoptionen weiter erhöht werden. Eine Erhöhung des Angebots sollte im Sinne der langfristigen Verbesserung der Versorgungs- und Preissicherheit in allen Fällen ergänzend angestrebt werden.

Sämtliche hier angeführten Handlungsoptionen stehen laut WIFO unter der Prämisse, dass es keine mengenmäßige Rationierung gibt.

Bei der Wahl der Mittel zur Linderung der Strompreisbelastung sollten die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger laut WIFO vor allem folgende Fragen im Auge behalten: Setzt die Maßnahme einen Anreiz zum Energiesparen, ist sie sozial treffsicher und ist sie von Österreich im Alleingang oder nur im europäischen Verbund umsetzbar?

Weiters zu beachten sei, ob sie technisch bzw. administrativ umsetzbar ist, wie der zeitliche Horizont für die Umsetzung aussieht, also wie schnell das möglich ist, und welche langfristige Wirkung auf die Versorgungssicherheit und den Preis die Maßnahme hat.

Das WIFO hat heute Optionen für Dämpfung der Energiepreise vorgestellt. Das WIFO präferiert darin ein Modell für ein Energiekontingent, das sich stark am aktuellen Attac-Vorschlag für einen Energie-Grundanspruch je Haushaltsgröße orientiert. Attac kritisiert jedoch, dass das WIFO den Vorschlag für stark progressive Tarife nicht aufgreift. Möglich wäre dies problemlos über eine Staffelung der existierenden Elektrizitätsabgabe - je Verbrauch.

Die globalisierungskritische Nichtregierungsorganisation (NGO) Attac erinnerte am Freitag in einer Aussendung daran, dass es angesichts der Klimakrise unabdingbar sei, "dass wir als Gesellschaft unseren Energieverbrauch senken". Daher wären "stark progressive Tarife für verschwenderischen Luxusverbrauch sozial gerecht und würden hohe Anreize für Einsparungen setzen", so David Walch von Attac Österreich in einer Reaktion auf die WIFO-Studie.

Die NGO erarbeite derzeit konkrete Modelle mit Preisen und Tarifstufen für Strom, Fernwärme und Gas. Die Regierung und das WIFO seien aufgefordert, "progressive Tarifstufen über dem Grundanspruch nicht nur für Strom, sondern auch für Wärme zu prüfen".