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„Wir sehen eine Zweiteilung des Markts“

Das zunehmende Arbeiten im Home-Office, steigende Energiekosten, die anziehende Klimaschutzregulierung und der Fachkräftemangel drängen Unternehmen zur Anpassung ihrer Büroflächen. Was das für die Büroimmobilienmärkte bedeutet, erklärt Jenni Wenkel, Vorstandsmitglied und CIO Union Investment Real Estate Austria
Patrick Baldia
Wenkel
Wenkel
© REMG

Der Büroimmobilienmarkt ist derzeit sicherlich das Segment, das am stärksten mit einer Kombination aus konjunkturellem und strukturellem Gegenwind konfrontiert ist. Wir beobachten insbesondere eine zunehmende Zweiteilung des Markts: Das Segment der qualitativ hochwertigen Büroimmobilien weist eine hohe Stabilität auf, während Objekte in schlechteren Lagen und mit Modernisierungsbedarf zunehmend weniger nachgefragt werden.

Die Bedingungen auf den einzelnen Märkten und Teilmärkten sind sehr unterschiedlich. Fest steht aber: Home-Office ist inzwischen ein fester Bestandteil der Arbeitswelt. Was genau das für die jeweiligen Büroimmobilienmärkte bedeutet, ist allerdings nicht ganz so eindeutig. Wie viel Bürofläche Unternehmen künftig benötigen, wird derzeit viel diskutiert. Das Büro wird aber auf jeden Fall weiterhin seine Bedeutung haben. Es ist zu Repräsentationszwecken, zum Austausch innerhalb der Organisation oder als Visitenkarte im „War for Talents“ unabdingbar.

Um hochqualifiziertes Personal zu binden und aus dem Home-Office ins Büro zu locken, sind flexible und nachhaltige Flächen in nachgefragten zentralen Lagen ein wichtiger Faktor. Bei diesen Top-Gebäuden sind Nutzer auch nach wie vor bereit, die entsprechenden Mieten zu zahlen. Eher günstige, abgelegene Büros werden indes immer öfter abgestoßen, um hochwertige Flächen in zentralen A-Lagen zu mieten. Preisanpassungen und eine schwierigere Vermietbarkeit sind darum vor allem außerhalb des Spitzensegments und bei Immobilien mit Modernisierungsbedarf zu beobachten.

Werden in Summe nicht dennoch langfristig weniger Büroflächen benötigt? Wenn Mitarbeitende mehr von zu Hause aus arbeiten, gibt es zwar weniger Bedarf an Büros mit Schreibtischen, dafür aber an Flächen, an denen man sich treffen und austauschen kann. Und selbst wenn in Unternehmen künftig beispielsweise nur noch drei Anwesenheitstage pro Woche gefordert werden, dann aber jeweils das komplette Team an mindestens einem Tag anwesend sein soll, sind die Einsparmöglichkeiten an Bürofläche sehr überschaubar, auch wenn es natürlich branchen- und marktspezifische Unterschiede gibt.

Ganz grundsätzlich ist die Möglichkeit für Unternehmen, über diesen Weg Kosten zu sparen, gering: Bürokosten machen nur fünf bis zehn Prozent der Gesamtkosten eines Beschäftigten aus. Laut Studien wird die Zahl der Bürobeschäftigten in den Metropolen zudem künftig im Schnitt um rund ein Prozent pro Jahr wachsen. Es müssen also tendenziell eher mehr Personen untergebracht werden als zuvor.