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Wo viel Licht ist, ist auch Schatten

Immobilien differenziert betrachtet. Bei Preisen für Eigentumswohnungen sehen Marcus Berger und Georg Tauzher von PlanetHome nur noch wenig Luft nach oben. "Bei den Preisen ist der Plafond bald erreicht", meinen sie im Gespräch mit dem ImmoFokus.
Angelika Fleischl

Immobilien differenziert betrachtet. Bei Preisen für Eigentumswohnungen sehen Marcus Berger und Georg Tauzher von PlanetHome nur noch wenig Luft nach oben. "Bei den Preisen ist der Plafond bald erreicht", meinen sie im Gespräch mit dem ImmoFokus.

Alle sprechen vom leistbaren Wohnen. Grundstückspreise, Bau- und Betriebs-kosten klettern nach oben – ist es überhaupt noch möglich, leistbaren Wohnraum zu schaffen?

Marcus Berger:??Noch geht es. Aber es wird immer schwieriger. Die hohen Grundstückspreise sind ein – wenn nicht sogar das größte – Problem für die Bauträger.

Georg Tauzher:??Vor allem in Wien. Hier wird es für die Entwickler zunehmend enger. Die Margen werden kleiner. Obwohl die Gewinnerwartungen deutlich nach unten geschraubt worden sind. Vor einigen Jahren hat man noch von 15 bis 20 Prozent Bauträgergewinn gesprochen. Heute müssen sich die Developer schon mit zehn Prozent und weniger zufrieden geben.

Heißt das überspitzt formuliert: Steigen die Grundstückspreise weiter, werden die Bauträger aufhören zu bauen?

Tauzher:??Im Moment geht es sich für die meisten Bauträger noch aus. Keine Frage: Das hängt auch mit den steigenden Kaufpreisen zusammen. Doch die Akzeptanz der Käufer, immer höhere Preise zahlen zu müssen, ist enden wollend. Developer realisieren zwischendurch auch einmal Projekte, die einfach nur kostendeckend sind und keinen Gewinn abwerfen. Das ist eine höchst ungesunde Entwicklung.

Berger:??… und stellt ein gesellschafts- und sozialpolitisches Risiko dar. Wir reden hier vom freifinanzierten Wohnbau. Wir wissen, dass viel zu wenige Wohnungen gebaut werden. Wenn es sich die Bauträger nicht mehr leisten können, Wohnungen zu errichten, dann werden die Preise am Wiener Wohnungsmarkt nicht stabil bleiben.

Wenn sich der Mittelstand freifinanziertes Eigentum nicht mehr leisten kann, wird dieser in der Zukunft vermehrt in den geförderten Wohnbau drängen?

Tauzher:??Das ist anzunehmen. Der geförderte Wohnbau allein wird aber den Bedarf an Wohnungen nicht decken können. Wohnbau kann nur funktionieren, wenn man alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten - und dazu zähle ich auch die Investoren - verdienen lässt. Für jeden muss sich seine Arbeit beziehunsgweise sein Investment rechnen.

Die Gemeinde Wien will mit Baurechtsverträgen das Preisniveau nach unten drücken? 

Tauzher:??Wir sehen in der Praxis  selbst dann, wenn Baurechtsliegenschaften mit attraktiven Konditionen angeboten werden, bei den Käufern eine deutliche Zurückhaltung. Österreicher wollen kaufen. Sie wollen Grund und Boden an die nächste Generation weitergeben können. Hier spielt sicher auch Eitelkeit eine gewisse Rolle.

Berger:??Das ist ein sehr emotionales Thema. In vielen Ländern Europas sind Baurechtsverträge gang und gäbe. Zum Beispiel in Polen oder England. Die Frage ist, ob das wirklich für den freifinanzierten Wohnbau eine Lösung wäre. Ich glaube nicht. Die Stadt Wien wird es sich nicht leisten können, Liegenschaften in sehr guten Lagen zu einem günstigen Baurechtszins für Jahrzehnte aus der Hand zu geben. Freifinanzierter Wohnbau auf günstigem Baurechtsgrund - allein die politische Diskussion stelle ich mir sehr schwierig vor. Anders sieht es im geförderten Wohnbau aus. Eine günstige – weil geförderte – Wohnung auf Baurechtsgrund, das könnte passen.

Wie stehen Sie zur Idee, Grundbesitzer durch Androhung der Rückwidmung in Grünland zu animieren, tatsächlich zu bauen oder ihr Bauland zu verkaufen?

Tauzher:??Grundstücksspekulation ist sicher ein großes Problem für den Wohnungsmarkt.  Ob man dieser durch eine Überregulierung Herr wird, ist zu bezweifeln.

Berger:??Kaum etwas, was die Politik tun kann, hat Vorteile für alle. Derartige Maßnahmen wären ein tiefer Eingriff in das Privatrecht. Ein zweischneidiges Schwert. Zudem ist es schwer, öffentliches und privates Interesse gegeneinander aufzuwiegen. Aus meiner Sicht gibt es andere, vielversprechendere Maßnahmen, den Wohnbau zu forcieren, wie zum Beispiel Bebauungsdichten und -höhen zu erhöhen. Prinzipiell ist es besser, Anreize zu schaffen, als mit Verboten zu arbeiten.

Hat man den optimalen Zeitpunkt, in Immobilien zu investieren, bereits verpasst oder lohnt es sich noch?

Berger:??Vom reinen Bauchgefühl her würde ich sagen, wir sind sehr knapp an der Grenze. Man muss sich auch immer die Frage stellen: „Würde ich jetzt im Moment eine Wohnung kaufen?“

Berger, Dr. Marcus _ (PLANET HOME) _03… Und? Würden Sie kaufen?

Berger:?Ja. Aber ich würde auf höchste Qualität und auf einen attraktiven Standort achten. Ich habe mir die Preisentwicklung der vergangenen 15 Jahre im Detail angesehen: Im Neubau haben sich die Wohnungspreise in Wien laut Wirtschaftskammer Österreich um ca. 80 Prozent erhöht, im Bestand um ca. 70 Prozent. Die Mieten sind hingegen nur um 35 Prozent gestiegen. Wenn das Nutzungsentgelt so stark vom Entgelt des Erwerbs abweicht, deutet das darauf hin, dass der Erwerb unwirtschaftlich wird. Wohnungen sind mittlerweile sehr teuer. Ob zu teuer, wird die Zukunft zeigen.

Gibt es regionale Unterschiede?

Berger: Durchaus. In Linz zum Beispiel sind die Wohnungsmieten um 42 Prozent und die Neubaupreise um 46 Prozent gestiegen. Hier habe ich eine gesunde Korrelation.

Es werden immer mehr Zwei-Zimmer-Wohnungen bzw. Mikrowohnungen gebaut. Kann man sich keine größeren Wohnungen mehr leisten oder will man tatsächlich in kleinen Wohnungen leben?

Tauzher:??Beides. Das hat auch mit einer veränderten Gesellschaftsstruktur zu tun. Stichwort: Singlehaushalt. Zudem wollen sich viele nicht mehr so stark an einen Ort binden, indem sie zu viel Geld investieren.

Welche Investoren greifen aktuell zu Vorsorgewohnungen?

Berger:??Private Anleger stehen unter enormem Investitionsdruck. Negativzinsen stehen im Raum. Also - welche Alternativen hat man? Immobilien. Auf drei bis vier Prozent Rendite komme ich aber nur, wenn meine Vorsorgewohnung werthaltig ist. In den vergangenen Jahrzehnten hat die allgemeine Marktpreisentwicklung die notwendigen Instandhaltungsaufwendungen und den Wertverlust durch Zeitablauf überkompensiert. Beim jetzigen Preisniveau stellt sich die Frage, ob diese Grundvoraussetzung, die bisher niemand hinterfragt hat, wirklich noch für alle Wohnungen Gültigkeit hat.

Das sollte doch im Kaufpreis eingepreist sein?

Berger:??Ist es aber nicht immer, weil es bisher keinen Beleg dafür gab, dass Wohnungen zu niedrigeren Preisen verkauft werden, als sie eingekauft wurden. Das ist in den Köpfen der Menschen drinnen: Eine Immobilie steigt Jahr für Jahr im Wert und ist ein sicheres Investment. Das muss nicht immer der Fall sein.

Wie sollte der Investor dann vorgehen?

Berger:??Vorsichtig. Auf jeden Fall sollte mit genügend Eigenkapital investiert werden.

Welche Eigenkapitalquote  empfehlen Sie?

Berger:??Das ist individuell. Ich persönlich - ich bin ein sehr konservativer Anleger - würde mich mit einer 50:50 Finanzierung wohl am sichersten fühlen. Aber das ist eine ganz subjektive Sache. So stark wird sich der Wohnungspreis nicht korrigieren, dass man das gesamte Eigenkapital verliert. Aber ja: Ich glaube schon, dass man mit einem Wohnungsinvestment auch Geld verlieren kann.

Eine von uns in Deutschland durchgeführte  Studie kam zu dem Ergebnis, dass in Wahrheit ein Drittel aller Wohnungsinvestoren kein Geld mehr verdient. Wenn Sie eine Wohnung vermieten, müssten Sie jedes Investment, jeden Leerstand in der Renditeberechnung berücksichtigen.  Am Ende kommt dann wahrscheinlich die Erkenntnis, dass das Investment in eine Wohung nicht so viel abwirft - aber immer noch mehr als die meisten anderen Anlageformen.

Früher wurden von Privatanlegern Altbauwohnungen gekauft und selbst saniert, um bei der Vermietung höhere Renditen erzielen zu können. Noch immer ein Erfolgsmodell?

Tauzher:??Altbau ist immer ein Thema, weil er nicht beliebig vermehrt werden kann. Ich würde Altbau aber nicht zu stark im Zusammenhang mit laufenden Erträgen sehen. Eher im Sinne von Wertsteigerung durch Entwicklung und Gewinnerzielung durch Verkauf. Das große Problem bei der  Vermietung von Altbauwohnungen in Wien sind die zu niedrigen Richtwerte. Wobei man sagen muss, dass das Richtwertsystem in den anderen Bundesländern funktioniert, da stimmt der Richtwert eher mit dem Marktpreis überein.

Mit der geplanten Mietrechtsreform soll Wohnen günstiger werden. So viel ist dem Regierungsprogramm von 2013 zu entnehmen. Glauben Sie, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode ein Mietrecht verabschieden wird?

Tauzher: Ja. Das glaube ich schon. Diesmal sind sie schon knapp davor. Es wäre für die Regierung wichtig, Erfolge vorzuweisen.

Berger: Die  Regierungsparteien werden ein Mietrecht verabschieden – einfach, weil sie es müssen. Was dabei rauskommt, ist eine andere Frage. Es wird etwas für die Mieter und etwas für die Vermieter rausspringen und keiner wird so recht glücklich sein. Was vielleicht schlussendlich auch in Ordnung ist. Eines muss man der Wiener Stadtregierung aber zu Gute halten: Wien ist es gelungen, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, den sich fast alle leisten können und der nicht Substandard ist. Das kann man sicher nicht von jeder Hauptstadt in Europa behaupten.

Da hilft natürlich der geförderte und der kommunale Wohnbau mit. Man darf sich aber nicht erwarten, dass der kommunale Wohnbau allein in der Lage ist, das Wohnungsproblem zu lösen.

Wie sehen Sie den Zinsmarkt? Weitere Zinssenkungen wird es ja kaum mehr geben können.

Berger: Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ich Ihnen da nicht widersprechen möchte. Ich sehe keinerlei Philosophie, dass die Zinsen steigen werden, nicht in den nächsten zehn Jahren. Ich bin kein Volkswirt, aber ich glaube, das würde die öffentlichen Haushalte stark belasten. Ich bin mir nicht sicher, ob wir nach unten schon alles gesehen haben. Der Negativzinssatz auf der Anleihenseite ist gang und gäbe. Ich persönlich rechne absolut mit Negativzinsen auch auf Spareinlagen.

Das würde den Wohnbau ja noch weiter befeuern. Blasenbildung inklusive.

Berger:??Das würde jegliche Blasenbildung befeuern, egal ob Wohnbau, Gold oder Aktien. Bis eine dieser Blasen platzen wird – und welche das zuerst ist, weiß ich auch nicht. Aber ich tippe eher auf den Aktien- oder Anleihenmarkt.

Gibt es für Immobilien ein No-Go? Wovon sollte man auf jeden Fall die Finger lassen?

Berger:??Von überteuerten Wohnungen in  schlechten Lagen mit schlechten Grundrissen. Man muss sich immer überlegen – was passiert mit der Wohnung in den nächsten 20 bis 30 Jahren? Wer soll dort wohnen, besser noch: Wer will dort wohnen?

Ich sollte also in eine Vorsorgewohnung investieren, in der ich selbst gerne wohnen würde?

Berger:??Eine Wohnung, die ich selbst nicht bewohnen würde, will ein anderer wahrscheinlich auch nicht bewohnen. Da wäre ich schon skeptisch, ein Investment zu tätigen.

Was ist bei der Ausstattung der Vorsorgewohnungen zu beachten?

Berger:??Da würde ich mich schon nach der Masse richten. Eine extravagante Küche einzubauen, weil sie mir gefällt, würde ich nicht empfehlen. Aber was sich schon immer zeigt, insbesondere in Krisen: Qualität setzt sich durch.

Tauzher, Mag. Georg (PLANET HOME) _03 Tauzher:??Die ideale Ausstattung hängt stark von der Lage ab. Was an einem Ort als Luxus gilt, wird anderorts als Standard vorausgesetzt. Das ist aber auch eine Frage der Anlagestrategie. Wenn ich sage, ich möchte kurzfristig Geld verdienen, würde ich das nicht nur in Wien versuchen. Es gibt rund um Wien auch genug Möglichkeiten zu investieren, die aber viele gar nicht in Betracht ziehen. Die Vermietung ist gut, wenn es eine Anbindung wie z.B. eine Schnellbahn gibt. Wenn man längerfristig denkt und sein Geld sehr sicher veranlagen will, ist man in Wien besser bedient.

Berger:??Um eine Frage von vorhin noch zu beantworten: Worin sollte man investieren? Vielleicht in einen guten Zweitbezug, in eine Wohnung außerhalb von Wien, in einer anständigen Umlandgemeinde, die Wachstum vorzuweisen hat und gut an den Verkehr angebunden ist. Das sind nicht die klassischen Abschreibungsmodelle, aber ich kann immer noch schöne Renditen erzielen. Es ist sicher betreuungsintensiver, aber kein schlechtes Investment und vielleicht sogar werthaltiger.

Macht es dann auch Sinn, beispielsweise als Tiroler in Wien oder Salzburg zu investieren?

Berger:??Ich würde als Privatinvestor  keine Wohnung kaufen, die ich nicht unmittelbar erreichen kann. Das kann schon sehr aufwändig sein. Wenn man von einem Zinshaus spricht, ist das etwas anderes, sofern dieses professionell verwaltet wird.

Tauzher:??Oder es wird kostenintensiver. Die Hausverwalter betreuen mittlerweile auch schon einzelne Wohnungen und kümmern sich dann um alles. Es ist generell ein Irrglaube, dass eine Wohnung ein Selbstläufer ist. Es ist schon einiges zu tun.