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Wohnbau im freien Fall

Blaue Lagune präsentiert 4-Punkte-Förder-Programm zur Rettung von 13.200 Arbeitsplätzen in der Bauwirtschaft
Patrick Baldia
BENISCHEK
BENISCHEK
© Rizar.Photo | "Unser 4-Punkte-Förder-Programm ist nahezu kostenneutral, schafft jedoch dringend gebrauchten Wohnraum, Aufträge für die Baubranche und den Erhalt von tausenden Arbeitsplätzen", so Erich Benischek, Eigentümer und Geschäftsführer des A

Die Baubewilligungen für den Wohnbau gehen seit 2020 massiv zurück: Wurden 2020 noch insgesamt 63.600 Wohneinheiten in neuen Gebäuden bewilligt, beläuft sich diese Zahl in 2023 auf lediglich 33.900 Einheiten. Davon ist naturgemäß auch das Ein- und Zweifamilienhaus betroffen: Mit vermutlich 11.200 bewilligten Häusern in 2023 hat sich die Anzahl im Vergleich zu 2020 (19.400) um 42 Prozent reduziert. Für das Jahr 2024 ist noch mit keiner Trendwende zu rechnen.

Die Gründe sind hinlänglich bekannt: Massive Erhöhung der Zinssätze seit Ende 2022 mit gestiegenen Finanzierungskosten, restriktive Vergabe von Immobilienkrediten durch KIM-Verordnung (erforderlicher Eigenmittelanteil von 20 Prozent der Investitionssumme, Schuldendienstquote von höchstens 40 Prozent des Haushaltseinkommens) und parallel dazu die (zu den Baukosten unverhältnismäßig) gestiegenen Baupreise um rund ein Drittel. Bei den Grundstückspreisen ist der Preisauftrieb bereits seit 2015 markant. Die skizzierten Faktoren in Kombination bewirken, dass sowohl für gewerbliche als auch private Bauherren die Kosten nicht mehr zu stemmen sind.

Erich Benischek, Eigentümer und Geschäftsführer des Ausstellungszentrums Blaue Lagune und Auftraggeber der Studie, fordert die Politik zum Handeln auf: "Dieses 4-Punkte-Programm ist nahezu kostenneutral, schafft jedoch dringend gebrauchten Wohnraum, Aufträge für die Baubranche und den Erhalt von tausenden Arbeitsplätzen."

Wie groß ist der volkswirtschaftliche Schaden in Zukunft?

Im Rahmen der von Branchenradar Marktanalyse im Dezember 2023 durchgeführten Studie wurden der volkswirtschaftliche Schaden sowie die Auswirkungen auf die Beschäftigungslage für den gesamten Wohnbau untersucht, das Thema Sanierung zur etwaigen Abfederung beleuchtet und in einem dritten Schritt ein 4-Punkte-Förder-Programm für den Bereich Ein- und Zweifamilienhaus entwickelt, das zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten führt. Hier die Ergebnisse:

Massiver Einbruch der Bauproduktion

Der Bauproduktionswert im Wohnungsneubau ist bereits 2023 auf 15 Mrd. Euro (-1,1 Mrd. im Vergleich zu 2022) gesunken. Dieser Negativ-Trend wird sich noch verstärken: So gehen in den Folgejahren (2024 – 2026) kumuliert weitere 10,3 Mrd. Euro an Neubau-Volumen verloren, davon 4,8 Mrd. Euro im Bereich Ein- und Zweifamilienhaus.

Arbeitslosigkeit wird rasant steigen

Diese Entwicklung hat dramatische Auswirkungen auf die Beschäftigung: Waren in den Jahren 2020 bis 2022 im Wohnungsneubau im Jahresdurchschnitt knapp 90.000 Mitarbeitende (Vollzeitäquivalent) beschäftigt, wird sich diese Zahl bis 2026 auf rund 55.000 Beschäftigte reduzieren. Erschwerend kommt hinzu, dass steigende Material- und Personalkosten die Unternehmen zu Optimierungsmaßnahmen nötigen, zumal der Markt keine weitere Teuerung mehr akzeptiert. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass eine mögliche Abwanderung der Beschäftigten in andere Branchen (vgl. Situation Gastgewerbe und Hotellerie in der Pandemie) auch langfristig negative Auswirkungen auf die Bauwirtschaft haben könnte.

Erhöhte Sanierungsrate kann Entwicklung nicht abfangen

Rund 5,51 Mrd. Euro fließen 2023 im Hochbau in die Erneuerung der Gebäudehülle sowie andere thermisch-energetische Bestandsmaßnahmen. Selbst bei deutlich steigender Nachfrage ist nicht davon auszugehen, dass der Bauproduktionswert in der Sanierung um mehr als 700 Mio. Euro jährlich steigen wird – die subjektive Verunsicherung in der Bevölkerung (Weltlage), fehlende Dringlichkeit und steigende Preise sprechen eher dagegen. Den Verlust von 10,3 Mrd. Euro Bauvolumen in den Jahren 2024 bis 2026 kann ein zusätzliches Sanierungsvolumen von max. 3,6 Mrd. Euro nur bedingt abfangen.

Ein- und Zweifamilienhaus – quo vadis?

Im Bereich des Eigenheim-Neubaus gehen, wenn von der Politik keine Maßnahmen ergriffen werden, in den Jahren 2024 bis 2026 (bezogen auf das Referenzjahr 2023) 4,8 Mrd. Euro an Bauproduktion verloren. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind fatal: Waren im Durchschnitt von 2021 bis 2023 rund 65.000 Arbeitnehmer dem Ein- und Zweifamilienhaussektor (Bauunternehmen sowie vorgelagerte Wertschöpfungssegmente wie Baustoffhandel und Baustoffindustrie) zurechenbar, wird sich diese Zahl bis ins Jahr 2026 auf 42.000 Beschäftigte – also ein Verlust von 23.000 Beschäftigen – reduzieren. Dies führt zu einem massiven Einbruch von Steuern und Abgaben sowie einem substanziellen Mehraufwand für die Arbeitslosenunterstützung – ein volkswirtschaftlicher Schaden von mehr als 3,2 Mrd. Euro droht!

4-Punkte-Förder-Programm bringt Win-win-Situation

Für das Segment Ein- und Zweifamilienhaus konnte BRANCHENRADAR Marktanalyse ein 4-Punkte-Förderprogramm bis 2026 entwickeln, das kurzfristig die Wohnbauproduktion ankurbelt und somit auch weitere Arbeitslosigkeit verhindert. Die 4 Punkte sind: Partielle Lockerung der KIM-Verordnung (einkommensabhängig), Gewährung einer Investitionsprämie von 20 Prozent der Baukosten (gedeckelt und zeitlich gestaffelt), Bonus für Gemeinden für Bau-Bewilligungen im Bereich Ein- und Zweifamilienhaus sowie eine verbindliche Absenkung der Baupreise in Relation zu den Baukosten.

Auswirkungen dieser Maßnahmen

Bis 2026 wäre mit zusätzlich 15.000 bewilligten Wohneinheiten zu rechnen, wovon 13.000 innerhalb des Programmzeitraums in Bau gesetzt werden könnten. Die Folge: Erhöhung des Bauproduktionswertes um insgesamt 4,8 Mrd. EUR und Erhalt von 13.200 Arbeitsplätzen (Jahresmittelwert) im Bausektor (Bauwirtschaft, Baustoffhandel, Zulieferindustrie). Die Netto-Programmkosten dafür belaufen sich auf rd. 143 Mio. EUR – hierbei wurde noch nicht der Kaufkraftverlust von Personen in Arbeitslosigkeit und dessen Auswirkungen auf den Konsum berücksichtigt. Es ist also davon auszugehen, dass die berechneten Netto-Programmkosten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Tragen kommen und das 4-Punkte-Programm somit ausschließlich nutzenspendend wäre.