Für die Chefin der Wüstenrot-Gruppe, Susanne Riess-Hahn, wird die aktuelle Debatte um die hohen Wohnbau-Kreditzinsen zu kurzfristig geführt. "Ich kann die finanziellen Auswirkungen eines Darlehens nicht anhand von einem halben Jahr 2023 beurteilen", sagte die Unternehmenschefin im Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten". Ein Darlehenszyklus gehe über rund 30 Jahre, im vergangenen Jahrzehnt hätten Kreditnehmer mit variablem Zinssatz "unheimlich profitiert".
Die Zinsen würden aktuell nur hoch erscheinen, "weil es so schnell gegangen ist". Man müsse aber auch berücksichtigten, dass Banken und Bausparkassen in den vergangenen 20 Jahren, in Zeiten sehr niedriger Zinsen, kaum Einlagengeschäft hatten und die Liquidität für die Finanzierung von Wohnkrediten teuer einkaufen mussten, so Riess-Hahn zu der Zeitung am Mittwoch.
Wichtiger als eine isolierte Zins-Diskussion ist laut Riess-Hahn eine generelle Debatte um leistbares Wohnen. Die Reduktion der Wohnbauförderung in den vergangenen Jahren sei "ein schwerer Fehler" gewesen. Die Ausgaben hierfür müssten auf rund ein Prozent vom BIP, also 4,5 Mrd. Euro, steigen. Zudem plädiert die Wüstenrot-Chefin für treffsichere Unterstützungen und eine Zusammenführung der einzelnen Beihilfen, um bürokratische Hürden abzubauen. Ein Mietpreisdeckel sei dagegen keine Lösung, "der verknappt das Angebot, was die Preise weiter erhöht", sagte Riess-Hahn.
Bei der Wüstenrot selbst sehe man die Auswirkungen der hohen Zinsen und der hohen Immobilienpreise, das Finanzierungsvolumen liege heuer bei nur 30 Prozent des Vorjahres. Dennoch macht sich die Chefin keine Sorgen um das Geschäft. "Das Einlagengeschäft ist um 86 Prozent im Plus. Wie erleben eine Renaissance des Bausparens", so die Wüstenrot-Chefin. (apa)