Das macht es für mich so spannend, strategischer Sparringpartner für Softwareentwickler, Datenexperten, potenzielle User bzw. deren Marketer zu sein. Die „Übersetzungsarbeit“ zwischen den unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen zu leisten, zählt seit Jahren zu den absoluten Lieblingsthemen in meinem beruflichen Wirkungsbereich.
Dieses besondere Jahr 2020 hat uns wohl allen mehr denn je gezeigt, in welchem Status quo der Automatisierung sich unsere Branchenteilnehmer befinden: Wir sehen Firmen, für die das Thema Digitalisierung ein papierloses Büro inkl. Versand von PDF-Schriftstücken bedeutet. Wir sehen Betriebe, die ihre Kundendaten analysieren wollen, die Ergebnisse jedoch nicht effektiv verwertet werden. Wir sehen ebenso Unternehmen, die sinnvoll Leistungen in automatisierte Alternativen lenken, um ihre Mitarbeiter optimaler in deren Kernbereichen einsetzen zu können. Unternehmerische Selbst- und Fremdbilder divergieren im Hinblick auf progressive Entwicklung oft immens, was sich nicht selten auch auf den Bereich des Employer Branding auswirkt: Der Generation der Digital Natives muss man als Arbeitgeber schon auch einen gewissen technischen Standard bieten, um Anreize zu schaffen. Das muss auch den Konservativsten unter uns klar werden.
Automatisierungsgegner standen plötzlich vor der Herausforderung, wie ihr Business weiterlaufen kann.
Wenn uns COVID-19 etwas gelehrt hat, dann wohl, dass viele Abläufe in der Not reduziert bzw. ausgelagert werden können. Auch die absoluten Automatisierungsgegner standen plötzlich vor der Herausforderung, wie und wodurch ihr Business trotzdem weiterlaufen kann. So mancher hat seine allererste Videokonferenz-Erfahrung gemacht und festgestellt, dass es ungewohnt ist, wenn man von seinem eigenen Bild abgelenkt wird, weil man sich plötzlich selbst beim Sprechen sieht und dabei so manche Eitelkeiten erweckt werden. Gleichzeitig kann es herrlich sein, dass Termine, die für eine Stunde anberaumt worden sind, auch wirklich binnen 60 Minuten durchgeführt werden. Betrachten wir grundsätzlich die gesamte Home-Office-Causa: Es ist schon interessant, wie viele Führungskräfte nach wie vor skeptisch sind, ob ihre Mitarbeiter auch von zuhause aus ihre Leistung erbringen (können) – obwohl ergebnisorientierte Messungen implizieren, dass in manchen Bereichen sogar an Effizienz in der Arbeitsweise gewonnen und dies von vielen Mitarbeitern als Zugewinn an Lebensqualität gewertet wird.
Unterschiedliche Ansprechgruppen – unterschiedliche (Fort-)Schritte. Natürlich musste man sich etwa als Makler mit Alternativen zu den nicht erlaubten Besichtigungsterminen auseinandersetzen. Natürlich sind viele an ihre Grenzen gegangen, weil das Digital-Know-how in kürzester Zeit angeeignet werden musste. Natürlich gibt es nach wie vor Verweigerer, die meinen, dass digitale Möglichkeiten ihnen nicht ausreichend nützlich sind. Irritiert haben mich vor allem jene, die grundsätzlich pro Digitalisierung eingestellt sind – jedoch nur, solange es die Führungsebene selbst nicht betrifft. Nehmen wir uns etwa ein Beispiel an dem früheren Katalogriesen Otto Versand, der es in einer beachtlichen Zeitspanne geschafft hat, das gesamte Unternehmen, sowohl technologisch als auch mit einem kompletten Kulturwandel (beginnend auf Vorstandsebene), zu digitalisieren. Chapeau!
Ein Blick auf andere Länder zeigt, wie viel Arbeit uns in Bezug auf digitale Transformation noch bevorsteht, weil Prozesse dort bereits strukturell vereinfacht worden sind, was sich äußerst positiv auf die Ergebnisse ausgewirkt hat. Viele erfolgreiche, großartige PropTech-Gründer aus Wien oder Start-ups aus der Chatbot-Hochburg Graz hatten innovative, disruptive Ideen. Ausgestaltet wurden diese jedoch oftmals in anderen Ländern, da potenzielle Kunden und Investoren dort offener eingestellt und eher zu begeistern waren als heimische.
Eine natürliche Abwehrhaltung resultiert vielleicht aus einer Art Angst, ersetzt zu werden. Diese Emotion legt sich über den Habitus und wir wissen, dass wir eher ablehnen, was wir (noch) nicht verstehen. Schade, wir könnten einfach soviel lernen.
Ein optimaler Mix aus mittelfristigem Business-Plan und kurzfristig erforderlichem Troubleshooting wird in den Unternehmensstrategien künftig eine noch wichtigere Rolle einnehmen. Die Zeiten des Auf-den-Lorbeeren-Ausruhens sind definitiv vorbei. Was gestern noch wunderbar funktioniert hat, bringt heute nur mehr die Hälfte ein und wird schon morgen vom fortschrittlicheren Marktbegleiter bedient.
Weiters gilt: Erfahrung kann man nicht nachholen. Im Wesentlichen stellt die Symbiose von Branchenkennern mit Verfechtern der neuen digitalen Möglichkeiten die optimale Mischung dar. Erprobte Expertise gepaart mit innovativen Techniken – die frischen Impulse tun unserer etablierten Immobilienbranche sehr gut. Da sind wir beim Schlüsselelement: Erfahrung ist wichtig. Weiterentwicklung essenziell. Wenn das Ergebnis dem Kunden dann noch Spaß macht, gibt’s nur Sieger. Das Chancenpotential ist unendlich.
Ganz frech gesagt: Im Endeffekt geht es darum, die Probleme seines Kunden zu lösen – egal, ob Mensch und/oder Maschine. Wer zuerst kommt, löst zuerst.
Anita Körbler, MA – Geschäftsführerin
Anita Körbler, MA ist ideenreiche Branchenkennerin und Managerin mit Herz und Hirn. Körbler kann auf langjährige Erfahrung in Immobilienunternehmen sowie exklusive Projekte im öffentlichen Bereich (PPP) zurückblicken. Berufsbegleitend absolvierte sie erfolgreich zwei Studien im Bereich Wirtschaft und Public Communications, zeichnete jahrelang für verschiedene PropTech-Unternehmen als Geschäftsführerin verantwortlich und widmet sich der Beratung und Immobilienvermarktung sowie der Realisierung von Digitalisierungsprozessen in der Immobilienbranche.