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Zinsanstieg und ESG-bedingte Investitionen bremsen die Dynamik auf dem Wiener Zinshausmarkt

Transaktionsvolumen wird voraussichtlich zurückgehen - Preisrückgänge um durchschnittlich zehn Prozent, gute Lagen deutlich stabiler - Starke Mietnachfrage und indexbedingte Ertragssteigerungen sorgen mittel- bis langfristig für positive Perspektiven
Patrick Baldia
Wiener Zinshaus
Wiener Zinshaus
© AdobeStock: Laut EHL wird es nach einer langen Periode steigender Transaktionsvolumina und eines deutlichen Nachfrageüberhangs heuer zu einem starken Rückgang bei Zinshausverkäufen kommen

Der Wiener Zinshausmarkt verzeichnet im Jahr 2023 eine markante Trendwende: Nach einer langen Periode steigender Transaktionsvolumina und eines deutlichen Nachfrageüberhangs wird es heuer zu einem starken Rückgang bei Zinshausverkäufen kommen.

Die Zurückhaltung ist dabei sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite spürbar: „Wir erleben eine typische Phase der Unsicherheit, in der die Marktteilnehmer die aktuelle Marktsituation nur schwer einschätzen können und Entscheidungen lieber verschieben“, erklärt Michael Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe. „Das gegenwärtige Finanz- und Konjunkturumfeld hat die Rahmenbedingungen verändert und wenn sich eine einigermaßen einheitliche Marktmeinung gebildet hat, was wahrscheinlich nach Ende der Zinsanhebungen durch die EZB der Fall sein wird, werden auch wieder mehr Objekte gehandelt werden.“

Neben dem Volumensrückgang ist ein Preisrückgang zu verzeichnen. Im Durchschnitt sind die Quadratmeterpreise um rund zehn Prozent gefallen, wobei sich gute und sehr gute Lagen deutlich besser halten als der Durchschnitt und zum Teil sogar zulegen können. Die Preise kommen durch mehrere Faktoren unter Druck: Die stark gestiegenen Finanzierungskosten, die hohen Baukosten, die auch die Erhaltungs- und/oder Ausbaukosten nach oben treiben, und nicht zuletzt die zu erwartenden Kosten für die Erfüllung der künftigen Vorgaben zur Einhaltung der EU-Klimataxonomie, die auf Grund von noch fehlenden gesetzlichen Vorgaben besonders schwer zu kalkulieren sind.

Die derzeitige Marktsituation führt auch zu deutlich geänderten Investitionsstrategien: „Kurzfristig ausgerichtete Geschäftsmodelle funktionieren im momentanen Zinsumfeld nicht, dafür nutzen verstärkt eigenkapitalstarke und langfristig ausgerichtete Investoren die aktuelle Situation, um ihr Portfolio um gute Objekte zu erweitern. Auch der Ausbau von Dachböden ist wegen der hohen Kosten und der unsicheren Verwertungsmöglichkeiten kaum ein Thema, dementsprechend spielen Rohdachböden bei der Kaufpreisbildung aktuell eine untergeordnete Rolle“, erläutert Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting.

Mittel- und langfristig stellen sich die Marktperspektiven aber durchaus positiv dar: „Die empfindlichen Rückgänge im Wohnungsneubau führen zu starker Mietnachfrage und gleichzeitig können Zinshäuser in langfristiger Perspektive als ausgezeichneter Inflationsschutz punkten“, so Pöltl. „Das war in den vergangenen Jahren mit äußerst geringer Inflation weitgehend irrelevant, aber in Zukunft wird das vor allem in langfristiger Betrachtung ein entscheidendes Kaufmotiv darstellen.“