IMMOunited

Zombie-Alarm

Das Beratungsunternehmen A.T.Kearney schlägt Alarm. „Seit 2010 hat sich die Zahl der Zombie-Unternehmen weltweit nahezu verdreifacht“, beginnt die Zusammenfassung der Studie. Schuld daran sind laut Studie die niedrigen Zinsen und die damit einhergehende lange Phase des billigen Geldes.
Gunther Maier
MAIER, Gunther
MAIER, Gunther
© REMG

Wen diese Nachricht noch nicht das Fürchten lehrt, dem sei gesagt, dass der Immobiliensektor am stärksten „zombifiziert“ ist. 

Vom Manager Magazin über die Deutschen-Wirtschafts-Nachrichten bis ORF, Tiroler Tageszeitung, Presse und Standard berichteten alle über die Zombie-Studie von A.T.Kearney. Und das wohl völlig zu Recht. Denn immerhin wurden „ca. vier Millionen Datensätze von etwa 67.000 börsennotierten Unternehmen aus 154 Branchen und 152 Ländern auf Zombie-Merkmale gemäß OECD-Definition untersucht“. Gesucht wurde dabei nach mindestens zehn Jahre bestehenden Unternehmen, die in drei aufeinanderfolgenden Jahren ihre Zinslast nicht aus dem operativen Geschäft decken konnten.

Die Zahlen machen stutzig  

Es ist sicher ein Problem, dass der Anteil derart schwachbrüstiger Unternehmen im letzten Jahr bei 4,5 Prozent lag und seit 2010 stark angestiegen ist. Schaut man allerdings auf die absoluten Zahlen, dann waren das 2020 gerade einmal 1.772 Unternehmen – weltweit, in 152 Ländern und aus 154 Branchen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht, aber mich machen solche Zahlen stutzig. Leider geben die 20 Seiten der Studie keinen klaren Aufschluss darüber, woher die Daten stammen, was wie gerechnet wurde, wie mit Zombie-Unternehmen umgegangen wurde, die doch der Tod ereilt hat. Daher kann man, um den Wert der Analyse abzuschätzen, nur aus den veröffentlichten Zahlen zurückrechnen.

Dabei fällt zuerst einmal auf, dass man von den veröffentlichten Prozentanteilen und Absolutwerten nie und nimmer auf die Zahl 67.000 kommt. Über die Jahre ergeben sich eher Werte zwischen 32.000 und 40.000, Tendenz steigend über die Jahre. Kann es sein, dass von den heute bestehenden Unternehmen ausgegangen wurde und viele der Zombies der früheren Jahre gar nicht mehr gesehen werden können? Der beklagte Anstieg wäre damit zum Teil das Ergebnis eines Erhebungsfehlers. In der Statistik heißt das „Survivorship-Bias“. 

Und wo sind die 67.000?

Besonders heikel wird es, wenn die Studie Ergebnisse auf Länder und Branchen herunterbricht. Leider gibt es auch dazu nur Schlaglichter und keine vollständigen Listen. Sicher ist aber, dass die Fallzahlen so klein werden, dass fundierte Aussagen eigentlich nicht mehr möglich sind. In Deutschland hat die Studie im Jahr 2020 gerade einmal 16 Zombies gefunden (sieben 2010). Daraus eine Verschlechterung „insbesondere im Vergleich zu China“ zu diagnostizieren, ist statistisch gewagt. 

Und was lässt sich für Österreich und seine Immobilienwirtschaft ab- lesen? Genau genommen, gar nichts. Der ORF hat bei A.T.Kearney nachgefragt und erfahren, dass unter den 67.000 untersuchten Unternehmen gerade einmal 80 aus Österreich kommen. Darunter fanden sich 2017 und 2018 ein, 2019 zwei Zombie-Unternehmen. Wie hoch der Anteil der Immobilienwirtschaft an diesen Unternehmen ist, wird – erfreulicherweise – nicht berichtet. 

Univ. Prof. Dr. Gunther Maier: Modul Universität Wien (MU). Gründer des Forschungsinstituts für Raum- und Immobilienwirtschaft an der WU Wien und Vizepräsident der European Real Estate Society.