Wir treffen einander im Coté Sud in der Schleifmühlgasse im 4. Bezirk. Ein kleines Bistro mit leichter französische Küche. Alexander Fiedler ist hier Stammgast: „Ich bin gerne hier. Die Küche ist leicht und abwechslungsreich. Ideal, wenn man gerne zu Mittag essen geht – außer man steht auf Schweinsbraten und Schnitzerl. Aber wenn Sie das wollen – auch die Lokale gibt es hier in der Umgebung.“ Wie heißt es dazu auf der Homepage des Falstaff, das 2017 das Coté Sud mit 84 Punkten bewertet: „Bistronomie“ nennen die Betreiber ihr Konzept zwischen Bistro und gehobenem Essen. Fokussierte saisonale Karte mit großteils französischen Gerichten und einigen Klassikern. Das Lokal ist voll. Aber wir können noch einen Platz im kleinen Schanigarten ergattern. Schon eilt die Chefin, eine gebürtige Französin, herbei. Man erkennt sofort, mein Gesprächspartner ist bekannt, ein Stammgast eben.
Für Fiedler hat dieses Lokal einen großen Vorteil. „Unser Büro ist gleich vis-à-vis. Der Weg kann nicht kürzer sein. Es entspricht dem, wie ich es mir im Prinzip vorstelle. Ein bisschen Südfrankreich nach Wien geholt, an einem der belebtesten Plätze überhaupt. Diese Kreuzung ist wohl eine der gefährlichsten – vor allem für Radfahrer und Fußgänger.“
„Die meisten unserer Geschäftspartner haben ihre Büros im 1. Bezirk. Ich wohne im 13. Bezirk, mein Geschäftspartner Michael Wögerer in Perchtoldsdorf. Da liegt unser Bürostandort in Wieden gerade richtig. Wir sind 2001 hierhergezogen und haben den Naschmarkt für Geschäftsessen entdeckt. Heute gibt es hier viel mehr Lokale im Umfeld. Der Naschmarkt ist nach wie vor nett, aber er hat ein bisschen abgehoben.“
Fiedler greift zu Salat als Vorspeise, zum Hauptgang gibt es Pasta. Ich wähle gegrillten Oktopus – vorher gibt es eine Maissuppe. „Und zum Nachtisch?“ Das lassen wir vorerst offen.
Fiedler ist ein Freund der leichten, mediterranen Küche. Vor allem, weil er regelmäßig und gerne zu Mittag essen geht. „Mittagstermine sind beruflich. Ich nütze die Mittagszeit aber auch, mit meinen Kollegen essen zu gehen, um Dinge zu besprechen. Da ist alles nicht so formal. Man kann auch private Dinge reden. Einfach eine Stunde abschalten, vernünftig kommunizieren.“
„Ich bin absolut kein Morgenmensch“, gesteht Fiedler. Er braucht einfach ein bisschen länger, um auf Touren zu kommen. „Meine Frau ist Ärztin. Sie ist die erste, die raus muss. Bevor sie in die Ordination fährt, bringt sie mir einen Kaffee ans Bett. Dann wird noch ein wenig geplaudert, was so ansteht – und dann starten wir in den Tag. Es ist ein lieb gewonnenes Ritual.“ Fiedler verlässt als letzter – nach den zwei Kindern – das Haus. Wenn es die Zeit erlaubt, wird in Hietzing im Waldemar in der Altgasse oder gleich ums Eck beim Büro im Blue Orange noch ein Zwischenstopp eingelegt. „Ich lese noch schnell die Zeitung, sortiere mich ein bisschen – und dann geht es los.“ Klingt nach totalem Kaffee-Freak. Fiedler ein heimlicher Barrista?
„Ich esse gerne gut und trinke auch gerne guten Kaffee. Aber ich bin weder ein Koch noch Barrista.“ Bei der italienischen Küche hat man das Glück, fast überall guten Kaffee zu bekommen. Bei mir geht es auch mehr um das ganze Drumherum, um die kurze Pause, sich einfach Zeit zu nehmen, denn um den besten Kaffee.“
„Meine Eltern und mein Onkel hatten Restaurants und Lokale. Ich bin im Gasthaus aufgewachsen.“ In seiner Jugend „so mit 15, 16 Jahren“ habe er viel in den Gasthäusern der Familie arbeiten müssen. „Da mussten alle anpacken.“ Da komme man schnell darauf, ob es passt oder nicht. „Ich habe schnell bemerkt, dass die Gastronomie nicht meins ist. Ich würde alleine in meinem Wirtshaus sitzen, weil ich jedem Gast, der mir unsympathisch wäre, dies auch sagen würde.“ Seine Schwester hat ein Kaffeehaus in Linz. „Für sie ist es perfekt – für mich nicht.“ Den Schritt in die Immobilienwirtschaft hat Fiedler nie bereut.
Der gebürtige Oberösterreicher ist in Linz aufgewachsen und in die Schule gegangen. „Wir waren viel im Salzkammergut, am Attersee unterwegs. Ich habe ein tolle Jugend verbracht.“ Nach der Matura hat es den 47jährigen nach Wien an die TU zum Studium des Bauingenieurwesens verschlagen. „Ich habe immer viel gearbeitet, weil es finanziell für meine Eltern nicht möglich war, mein Studium zu finanzieren. Vor allem ist es nach der Krankheit meines Vaters wirtschaftlich nicht gut ausgegangen.“ Nach dem zweiten Abschnitt, ein paar Prüfungen vor Abschluss des Studiums, brach er sein Studium ab und heuerte bei einer Baufirma an. „Da ist das Thema Immobilien immer stärker in den Vordergrund gerückt. Mich hat aber nicht nur der technische Teil, sondern der ganze Bereich interessiert.“
Seine ersten Jahre in der Immobilienbranche verbrachte er bei Zwerenz & Krause. „Dort habe ich auch meinen späteren Partner Michael Wögerer kennengelernt.“ Gemeinsam habe man einige Jahre mit Erwin Krause gearbeitet und eine sehr lustige Zeit gehabt. „Wir haben als junge Projektmanager riesige Projekte bewegt, haben top-verdient, das muss man dem Erwin Krause schon lassen. Und wir sind auch lustige Firmenautos gefahren.“ Eine Leidenschaft, die ihn nicht mehr loslassen sollte. „Ich bin ein Autonarr.“ Nach einigen Jahren aber fiel der Entschluss: „Wir wollen unser eigenes Ding machen. Mein Partner und ich wollten es schon immer klein und fein haben, wir strebten nie eine Marktführerschaft an. Michael hat die Firma 2001 gegründet und ich bin dann 2003 nachgekommen.“
Die Bande zu Erwin Krause und seinem Umfeld sind nie abgerissen. „Wir leben eine intensive Partnerschaft mit ihm. Zuletzt haben wir mit ihm ein Bürogebäude in Wien realisiert. Halbe-halbe. Gerade eben haben sie uns kontaktiert. Sie fragen oft: „Was fällt euch zum Thema ein?“ Es ist nach wie vor eine gute, vertrauensvolle Freundschaft.“
„Wir kommen aus dem Bereich der Projektentwicklung und Gewerbeimmobilien. Angefangen haben wir mit Bürogebäuden und Logistikimmobilien“, erinnert sich Fiedler an die Anfänge zurück. „Vor zehn Jahren haben wir begonnen, auch in Berlin zu investieren und Zinshäuser zu kaufen. Am Höchststand hatten wir 25 Zinshäuser, die wir Gott sei Dank vor Lehman sehr gut verkauft haben.“ Gearbeitet werde in der Regel auf eigene Rechnung. „Wir entwickeln selbst. Wir investieren selbst. Wir holen uns Co-Investoren dazu. Das sind teilweise private Vermögende, die nicht so gerne in der Zeitung stehen.“ International arbeite man zum Beispiel schon seit längerem mit einem holländischen Fundraiser zusammen. Die beiden Geschäftsbereiche sind klar getrennt. „Wir haben unsere eigene Dienstleistungsgesellschaft und unsere eigene Investmentholding.“ RED konnte seit der Gründung des Unternehmens im Jahre 2001 ein Gesamtprojektvolumen von mehr als 750 Millionen Euro in Österreich, Deutschland und den CEE Staaten erfolgreich bewegen.
„Wir sind in der Regel Investor oder Investorenvertreter, werden aber auch auf Wunsch als Berater oder Vermittler tätig.“ Ab und zu arbeite man auch für große Konzerne. „Da geht es meist um Fragen der Strukturierung und um Kontakt zu Co-Investoren. Da bringen wir dann die potentiellen Partner zusammen“. Wobei im Moment die Schwierigkeit darin liege, gute Projekte zu finden. „Es ist wahnsinnig viel Geld da, das den Weg zu Investments sucht. Aber relativ wenige Projekte mit den entsprechenden Qualitäten.“
Eines seiner Lieblingsprojekte ist der Office Campus Gasometer. „Eine 50.000 Quadratmeter-Entwicklung – also richtig groß. Wenn ich daran vorbeifahre, habe ich imer noch Freude daran. Er ist zehn Jahre alt, er war nie ein architektonisches Denkmal, aber es ist eine sehr gut funktionierende Büroimmobilie. Noch immer so sauber und wertig, wie es damals gedacht war, noch immer so nachhaltig.“
„Beim Office Campus Gasometer waren wir keine Gesellschafter. Das war ein Projekt von Erwin Krause. Aufgrund der langen Beziehung mit Europa-Capital meinten sie, wir müssten uns bei diesem Projekt finanziell nicht engagieren – waren aber am Erfolg beteiligt.“
Nein. Es ist doch nicht sein Lieblingsprojekt: „Ich versuche, bei Projekten nie zu emotional zu werden. Man sollte damit Geld verdienen. Wenn man zu emotional wird, geht das meistens schief.“ Beim Office Campus Gasometer sei aber alles gut verlaufen. Obwohl es ein schwieriges Projekt war, erinnert sich Fielder gerne daran zurück. „Spannend war der Einzug der Statistik Austria. Ein 20.000 Quadratmeter-Mieter. Die sind sehr kurzfristig auf uns zugekommen. Kennengelernt haben wir sie im September, im Jänner haben sie den Vertrag unterschrieben – eingezogen sind sie im April. Mit vollem Ausbau und einem Datencenter auf 3.000 Quadratmetern. Das war spannend und herausfordernd zugleich.“
Beim Projekt Kommandogebäude Theodor Körner kommt er aber dann doch noch ins Schwärmen. Errichtet wurde es als von der Breitenseer Kaserne getrenntes Offizierswohnhaus. 1898 wurde hier die k.k. Infanterie-Kadettenschule, eine der größten Militärschulen der Monarchie, untergebracht. Zuletzt beherbergte es das Heeres-Nachrichtenamt und Dienstwohnungen für Beamte des Verteidigungsressorts. „Im vermieteten Bestand umzubauen, ist immer eine Herausforderung.“ Der Verkauf der Wohnungen verlaufe sehr gut, so Fiedler.
Wobei die Projekte schwieriger geworden sind. Nicht nur, weil gute Projekte am Markt Mangelware sind. „Wir bekommen immer wieder von Banken Projekte zugetragen von Leuten, die mit ihren Projekten nicht weiterkommen. Bei uns fallen viele Projekte durch den Rost, weil wir meinen, es rechnet sich nicht.“
Der Formalismus auf Bankenseite habe enorm zugenommen.
„Wir sind ein kleines, sechsköpfiges Team“, so Fiedler. „Wir wollen bewusst klein bleiben. Das hat natürlich seine Nachteile. Ein Vorteil aber ist, dass ich nicht viele Projekte machen muss, um eine riesige Mannschaft durchzufüttern. Ich mache nur das, was ich machen will. Das läuft sehr gut seit vielen Jahren. Wenn wir nicht überzeugt sind, machen wir es nicht. Wenn man sich die Projekte genauer ansehen kann und nicht ein Projekt nach dem anderen realisieren muss, steigert das natürlich die Erfolgsquote.“ Natürlich fänden sich im Track-Record auch Projekte, die nicht optimal verlaufen sind. „Ein Fachmarktprojekt im Osteuropa ist nach Lehman danebengegangen. Eines haben wir noch immer dort. Man kann nicht immer gewinnen. Das kann man entspannt sehen.“
Apropos Nachtisch: Den hatten wir ja noch offen gelassen. Da gab’s Kaffee. Guten starken Espresso.