Wir treffen einander im Entler in Wien Wieden. Warum gerade hier? „Zum Ersten wohne ich gleich in der Nähe und zum Zweiten gibt es hier modern interpretierte, traditionelle Hausmannkost“, erklärt Prüfert. „Außerdem stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis – das ist mir wichtig.“ Der ÖRAG-Geschäftsführer hat nicht zuviel versprochen. Beim Blick in die Speisekarte fällt einem die Auswahl schwer. Prüfert hat es wesentlich leichter. Er war erst vor zwei Tagen zum letzten Mal da: „Hochzeitstag. Essen mit meiner Frau.“ Der zweifache Familienvater – „Paul ist 6 und Theo 3 Jahre alt.“ – ordert Ziegenkäse mit Feige im Prosciuttomantel und Rucola. Ich kann mich nicht gleich entscheiden und schwanke: Schaumsuppe von dreierlei Kürbis mit Marillenkernöl? Oder doch gebackene Grammelknödel auf Rahmgurken mit Erdäpfeln und Marillenkernöl? Es werden die Grammelknödel – ich sollte es nicht bereuen. Als Hauptspeise wählt Prüfert Medaillons von der Truthahnbrust im Parmesanmantel gefüllt mit Salami und Mozzarella auf Basilikumsauce, Gnocchi und Melanzanistrudel. Mich lacht das Schweinefilet und Backerl mit gebratener Knödelbrotschnitte mit Kürbismousse und Portweinsauce an.
Der ÖRAG–Geschäftsführer wohnt seit mittlerweile 15 Jahren in diesem Grätzl. „Ein tolles Viertel. Wir schätzen die Stadtnähe, die Nähe zum Kindergarten und zur Schule. Der Große hat diese Jahr mit der Volksschule begonnen, das erfüllt einen schon mit Stolz. Unglaublich, wie die Zeit vergeht! Mein Büro ist auch nicht weit weg. Ich brauche knapp 15 Minuten von Tür zu Tür.“
Seine Wohnung hat Prüfert direkt von einem Bauträger erworben. „Das war 2001. Damals hatte ich mit Immobilien noch nichts zu tun. Das war, wenn Sie so wollen, mein erster Berührungspunkt mit der Immobilienbranche.“ Da er schon seit 15 Jahren in dieser Wohnung lebt, drängt sich natürlich die Frage auf, ob dies bereits die Traumwohnung sei.
Studiert hat der 39-Jährige an der FH in Wiener Neustadt. „Die Situation damals ist mit der von heute nicht vergleichbar. Es gab nur zwei Lehrgänge. Meine Schwerpunkte waren Unternehmensrechnung, Revision und Personalmanagement. Immobilienmanagement wurde damals noch nicht angeboten.“ Ursprünglich wollte Prüfert Steuerberater werden. „Ich habe auch in einigen Unternehmen in diesem Bereich gearbeitet.“ Gewechselt hat er, weil er sich in den Firmen nicht wohlfühlte. „Bis ich realisiert habe, es ist nicht das Unternehmen, in dem ich mich nicht wohlfühle – es ist der Job.“ Die Konsequenz: Prüfert holte an der FH die nun mittlerweile angebotene Vertiefung „Immobilienmanagement“ berufsbegleitend nach – und wechselte in die Immobilienbranche. „Angefangen habe ich bei der ÖRAG-Tochter Friedrich & Padelek Immobilien. Im Kern eine Hausverwaltung mit einem kleinen Maklerteam. Auf den Punkt gebracht: Es gab zwei Makler – einer davon war ich.“ Nach einem Jahr erhielt Prüfert die Chance, in die ÖRAG zu wechseln. „ÖRAG-Vorstand Stefan Brezovich hat mich angerufen, ob ich nach wie vor Interesse hätte, zur ÖRAG zu kommen.“ Prüfert wollte und feierte im vergangenen Jahr sein zehnjähriges Firmenjubiläum. 2013 wurde er in die Geschäftsführung berufen.
Prüfert kann sich noch gut an seinen ersten Deal erinnern. „Das war noch bei Friedrich und Padelek in der Schönbrunner Straße 76. Ich kann mich deshalb so gut daran erinnern, weil der (zukünftige) Mieter der Wohnung ein Lehrer mit 45 bis 50 Jahren war. Bei der Besichtigung hat er mir erzählt, dass dies seine erste Wohnung ist und er erst jetzt von zu Hause auszieht. Das bleibt einem im Gedächtnis. Das Schöne am Makeln ist ja, dass man einen Erfolg unmittelbar spürt. Wenn man jemandem dazu verhelfen kann, die richtige Immobilie zu finden, dann ist das etwas, das Freude bereitet. Das hat mir in meinem vorigen Job gefehlt. Dieser reine Bürojob war mir einfach zu trocken. Vielleicht war ich damals zu ungeduldig.“
Jede Immobilie hat ein Alleinstellungsmerkmal
Schwierige Objekte gibt es für ihn nicht. „Jede Immobilie hat ein Alleinstellungsmerkmal. Dies gilt für Wohnungen, Büroflächen und Anlageimmobilien. Natürlich gibt es Objekte, die herausfordernd sind, wo man sich überlegen muss, wer dafür in Frage kommt. Darin liegt die Herausforderung.“ „Am Wohnungsmietenmarkt haben wir die letzten zwei Jahre beobachten können, dass sich eine klassische Zwei bis Drei-Zimmer-Wohnung sehr rasch vermieten lässt. Wichtig ist, dass die Lage und die Infrastruktur passen. Zwei bis Drei-Zimmer-Wohnungen funktionieren in allen Bezirken gut. Zwischen 40 und 70 Quadratmeter, da ist die Nachfrage extrem groß und liegt bei weitem über dem Angebot.“
Neu errichtete Gebäude sollten einen guten Teil Wohnungen dieser Größe haben. „Man muss aber aufpassen, dass es ein gutes Verhältnis zwischen großen und kleineren Wohnungen gibt.“ Er erklärt: „Der Mieter schaut auf die Gesamtkosten. Er schaut auch nicht mehr auf Quadratmeter. Er schaut auf die Anzahl der Zimmer und den Schnitt der Wohnung.“
Ob das Bestellerprinzip die ultima ratio für die Maklerbranche sei, darin ist sich Prüfert nicht sicher. „Die Maklerbranche ist in den letzten Jahren durchgebeutelt worden. Die Provisionen wurden von 3 auf 2 Bruttomonatsmieten gekürzt, dann kam der Energieausweis, den kaum ein Mieter versteht, und das Verbraucher-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (VRUG) – allein schon dieser Name.“
Die Erfahrungen aus Deutschland zeigen, dass in der Regel der Abgeber den Makler honoriert. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass die Makler ihre Immobilien auf den Plattformen reduziert haben. Auf diese Weise will man sich offenbar die Chance bewahren, die Immobilie für sich zu behalten. „Ob das in Österreich funktionieren wird, weiß ich nicht. Was ich mir eher vorstellen könnte, wäre ein Multi-Listing-System. Ob man das in Österreich einführen kann und alle bereit sind mitzumachen, ist zwar fraglich, aber es wäre sicher einen Versuch wert."
Dass die Immobilienbranche bei der Digitalisierung noch viel zu tun hat, steht für Prüfert außer Zweifel. „Da stehen wir erst am Anfang. Mit den Digital Natives sowohl auf der Vermieter- als auch auf der Mieterseite wird sich das Angebot deutlich verändern. Die ÖRAG war eines der ersten großen Immobilienunternehmen, die eine eigene App hatten“, berichtet Prüfert stolz.
Den vom Vienna Reseach Forum (VRF) vorgestellten neuen Bewertungskriterien für Office-Flächen kann Prüfert viel Positives abgewinnen – nicht nur, weil die ÖRAG als einer der sieben Makler an der Entwicklung mitgearbeitet hat. „Ich freue mich, dass wir das nach drei Jahren endlich auf den Weg gebracht haben. Es war – das können Sie mir glauben – viel Arbeit. Vor allem die Erhebung der Immobilien und der Submärkte – wir waren für den 1. Bezirk verantwortlich. Ich glaube, dass ein gutes Ergebnis herausgekommen ist. Jetzt gibt es endlich eine genaue Definition. Es gibt klare Kriterien, welche Büros in die Bewertung hineinfallen. Das Ergebnis ist meiner Meinung nach international vergleichbar. Wir sind immer mit Ehrgeiz und Eifer hinter dem Projekt gestanden und sind froh, dass es so gut geworden ist.“
Wie viele von der ÖRAG verwaltete Office-Flächen, allein wegen der Größe, nicht in diesem Index abgebildet sind, weiß Prüfert aufgrund der komplexen Klassifizierung und ohne Datenbankzugang nicht. „Es sind natürlich doch einige Objekte – gerade im CBD – dabei, die diesen Standard nicht erfüllen. Das sind aber vorwiegend Gebäude mit Mischnutzung. Wenn ich in einem Palais 80 Prozent Wohnungen habe und nur 20 Prozent Büroflächen, ist das auch für einen Investor schwierig. Wo es kompliziert wird, ist die Klassifizierung B. Es sind viele Häuser nicht enthalten, die noch saniert werden müssen. Gemessen am Gesamtflächenumsatz ist der CBD doch relativ groß.“
Ob bei der vielen Arbeit noch genug Zeit für die Familie bleibt? „Leider immer zu wenig. Meine Frau hat noch fast alle ihre Kinderbücher. Mein Sohn hat die Kinderbibel dort rausgesucht. Und wenn ich am Abend rechtzeitig zu Hause bin, lesen wir gemeinsam in dieser Bibel. Er hört fasziniert zu. Es macht uns beiden Spaß, das zu lesen.“
„Wir leben unter der Woche in Wien und am Wochenende geht es – zumindest zwischen April und Oktober – ins Burgenland.“ Dort kann Prüfert abschalten. Dann bleibt die Arbeit in Wien. „Im Burgenland ist man gleich in einer anderen Welt. Unser Freundeskreis ist dort und man ist abgelenkt. Da geht das Abschalten besser als unter der Woche in Wien. Aber zum Leidwesen der Familie checkt man dann doch die Emails. Oft zählt auch einfach die Geschwindigkeit. Es ist wichtig, rasch zu reagieren.“ Ganz aufs Land ziehen will Prüfert nicht. „Ich bin kein Pendler.“
Im Burgenland wird oft gut gekocht und gegessen – vor allem lokale Produkte. Selbst steht Prüfert nicht in der Küche. „Meine Frau kocht sehr gut. Mir fehlt da ein bisschen die Muße und die Zeit dazu. Wenn man wirklich gut kochen will, muss man sich auch Zeit dafür nehmen.“ Was bei Prüfert nie auf den Tisch kommt: „Kaffee. Einmal probiert. Ist nicht mein Geschmack.“ Unter der Woche kommt Prüfert kaum dazu, gemütlich essen zu gehen. „Ich bin mit Leidenschaft Dienstleister. So lange es etwas zu tun gibt – und das ist den ganzen Tag so – fällt das Essen aus. Vielleicht gibt es zwischendurch ein Weckerl, aber das ist es dann auch." Für uns gibt es zum Nachtisch Topfen-Sauerrahm-Schmarrn mit Beeren und Reiseis. „Süßspeisen sind ein Laster von mir“, gesteht Prüfert. Was man ihm aber nicht ansieht.
Denn wann immer es geht, schwingt sich Prüfert auf sein Rennrad. Gut 1.500 bis 2.000 Kilometer spult er jährlich mit seinem Rennrad herunter. Heuer ist er aber nicht so gut im Training, daher wird er an der CA-Immo-Radtour zur Expo Real nach München nicht teilnehmen. „Von Triest nach München in vier Tagen. Mit einer Etappe über 160 Kilometer mit 3.000 Höhenmetern – ein ambitioniertes Programm.“ Neben dem Radfahren steht im Sommer Segeln am Programm. „Meine Frau und ich lieben das Wasser, das Meer.“ Daher zählt auch Kroatien zu den beliebtesten Urlaubszielen. Aktivurlaub ist angesagt. „Einen Urlaub mit meiner Frau, wo wir nur faul im Liegestuhl liegen – den gibt es nicht.“