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Zu Tisch mit... Ursula Simacek

Als Nachfolgerin im Familienbetrieb erzählt Ursula Simacek bei einem Frühstück, wie es ist, in ein Unternehmen hineinzuwachsen, und welche Verantwortung damit verbunden ist.
Michael Neubauer

Organisiert und verantwortungsbewusst. Als Nachfolgerin im Familienbetrieb erzählt Ursula Simacek bei einem Frühstück, wie es ist, in ein Unternehmen hineinzuwachsen, und welche Verantwortung damit verbunden ist.

Aus dem Mittagessen in einem Restaurant wird nichts. „Bitte lieber einen Frühstückstermin, damit ich mich für Mittag freispielen kann.“ Eine Alternative muss her – „Wie wäre es mit einem gemeinsamen Frühstück  bei mir in der Firma?“ Gesagt, getan – und so fahre ich an einem sonnigen Frühlingsmorgen in die Simacek-Zentrale. Hier gibt es einen eigenen privaten Dining Room. „Ein idealer Ort, um in angenehmer Atmosphäre über Geschäfte zu sprechen. Außerdem spare ich enorm viel Zeit, da weniger häufig Lokale angefahren werden müssen.“

Und Zeit ist knapp für die 42-jährige, die die Unternehmensgruppe in dritter Generation führt. Seit 2010 ist Ursula Simacek zusätzlich stellvertretende Innungs- sowie Bundes- und Landesinnungsmeisterin der Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger. Im Jahr 2011 übernahm sie ehrenamtlich Vorstandsagenden bei respACT - austrian business council for sustainable development. Zur Vizepräsidentin der Industriellenvereinigung in Wien wurde sie 2012 gewählt. Eine Vollblutunternehmerin, die nichts dem Zufall überlässt. Ihr Tag ist streng durchgetaktet. Als Mutter einer 16-jährigen Tochter ist Planung das halbe Leben.

Klingt nach Stress pur. „Nein. Überhaupt nicht. Wenn man seine Arbeit voller Freude sieht, dann hat man sein ganzes Leben auch Spaß daran. Für mich ist das so. Ich bin spätestens um neun Uhr im Haus. Dafür haben meine Arbeitstage in der Regel ein Open End. Durch meine ehrenamtlichen Engagements stehen viele Abendtermine auf meinem Kalender.“ Das Plaudern mit Geschäftsfreunden sei immer ein schöner Ausklang nach einem anstrengenden Tag – Networking, das auch gut für langlebige Beziehungen ist. Dass sie das Unternehmen übernehmen würde, stand schon früh fest. „Das war klar, seitdem ich ein kleines Mädchen war. Mein Vater hat mich öfter zu Geschäftsterminen mitgenommen, so wuchs ich in den Betrieb hinein. Für mich hat sich nie die Frage gestellt, welchen Beruf ich ergreifen möchte. Für mich war es ganz selbstverständlich, später in den Familienbetrieb einzusteigen.“

Der Einstieg kam früher als geplant. „Mein Vater ist früh verstorben. Ich war zu dieser Zeit gerade mit der Schule fertig. Die Schwester meines Vaters führte den Betrieb weiter und hat mich gefragt, ob ich das Unternehmen übernehmen möchte. Ich wollte das unbedingt. Ich habe versucht, ein Studium zu finden, das ich neben den Fachausbildungen absolvieren konnte. In meiner Schulzeit bin ich nach dem Unterricht in die Firma gefahren, habe dort meine Hausaufgaben gemacht. Ich habe die Mitarbeiter von einer sehr persönlichen Seite kennengelernt. Es gab keine Berührungsängste. Auch nicht von Seiten der Mitarbeiter. Es war ein langsames Hineinwachsen. Daher lief die Übergabe von meiner Tante an mich auch sehr entspannt ab."

„Ich bin generell der Meinung, dass wir nur so gut sind, wie wir im Team gut zusammenarbeiten, und da bin ich für unser tolles Team dankbar.“

Doch wie startet man als Tochter des Firmenchefs seine eigene Karriere im Unternehmen?

„Mit Ferialjobs – es war Learning by Doing. “ Mit 29 hatte sie bereits in allen Abteilungen gearbeitet. „Heute sagt man Traineeprogramm dazu.“

Die richtige Balance

Das tägliche Frühstück ist der Managerin wichtig. „Ohne Kaffee geht gar nichts. Zwei Espressi sind ein guter Start.“ Das ist das Stichwort: Der doppelte Espresso weckt auch in mir die Lebensgeister. Ein guter Start in den Morgen. Vor allem die italienische Küche hat es ihr angetan. „Ich liebe Meeresfrüchte und Fisch." Zu einem guten Essen gehört für sie ein gutes Glas Wein. „Ich mag auch traditionell österreichische Küche. Ein wunderbarer Ausgleich ist für mich auch das Reisen, das mich beflügelt und neue Impulse setzt. In jeder Stadt ist der Galeriebesuch ein Muss, da Kunst für mich Kraft bedeutet und Immobilien einen Charakter verleiht, das sollte in keiner Immobilie fehlen. Persönlich liebe ich PopArt Kunst. Sport als Ausgleich wiederum ist die tägliche Herausforderung. Es ist nicht so einfach, eine gute Work-Life-Balance zu schaffen. Ich laufe gerne, verbringe gerne Zeit mit meiner Familie, gehe sehr gerne spazieren. Einfach, um nach meinem Tag im Büro den Kopf frei zu bekommen.“

Durch Zufall zur Traumimmobilie

Durch das Laufen ist sie auch auf ihre Traumimmobilie gestoßen. „Die Geschichte klingt fast unglaublich, ist aber tatsächlich so geschehen. Ich laufe gerne durch den Bezirk. Ich war damals schon lange auf der Suche nach einer Immobilie, in die ich mich verlieben kann. Zufällig bin ich dann in eine Sackgasse mit mehreren Häusern gekommen. Da geht auf einmal eine Haustür auf. Ein Mann kommt heraus und fragt: ,Was machen Sie da? Sie sind sicher eine Maklerin.‘ Was ich natürlich verneinte. ,Dann sind Sie privat hier und möchten vielleicht kaufen?‘ Über mein spontanes ,Ja‘ waren wir wohl beide überrascht. Bei einem Kaffee sind wir uns dann relativ schnell einig geworden. Ich wollte immer ein altes Haus revitalisieren, es kam – wie oft im Leben – anders, so habe ich neu gebaut.“

Simacek wohnt am Stadtrand „Eigentlich fast im Weinberg. Ich liebe das urbane Leben und die Stadt. Nach der Arbeit genieße ich es dann, ins Grüne zu fahren.“

Trotz des dichtgedrängten Kalenders steht Simacek gerne selbst am Herd. „Man weiß mittlerweile, wie es geht. Wir haben ja in unserem Unternehmen auch einen eigenen Verpflegungsbereich. Mit unserer Care - und Business Catering Marke Contento sind wir im Krankenhaus- und Pflegebereich seit Jahrzehnten tätig. Von unseren Köchen habe ich mir einiges abgeschaut.“

Beruf und Familie

„Diversity bedeutet für mich, die soziale Vielfalt zu erkennen und optimal für die Menschen und das Unternehmen zu nutzen.“ Simacek beschäftigt zu 70 Prozent Frauen. „Sehr viele von ihnen mit Migrationshintergrund. Wir setzen auch auf die Inklusion von Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz. Ich bin überzeugt, dass gelebte soziale Verantwortung in einem Unternehmen zum Erfolg führt.“ So hat auch zum Beispiel Lebensphasen-orientiertes Arbeiten bei Simacek einen hohen Stellenwert. Wichtig und revolutionär ist die Entwicklung neuer Arbeitszeitmodelle, für die sich Simacek engagiert: „Mein Ziel ist es, unseren Mitarbeitern Rahmenbedingungen zur optimalen Vereinbarkeit von Beruf und Familie bieten zu können.“

Herausforderungen und Chancen

Aktuell sind 7.000 Mitarbeiter aus über 30 Nationen in über 40 Städten in Zentral- und Osteuropa beschäftigt – eine Herausforderung. Zentraler Punkt sind die Sprachkenntnisse.

„In Summe haben wir seit 2010 über 350 Sprachausbildungen umgesetzt. Gemeinsam mit dem Österreichischen Integrationsfonds haben wir ein Sprachenprojekt auf den Weg gebracht, das wir heute mit MyTraining noch immer weiterführen. 2013 haben wir die ersten Diversity-Trainings für unsere Führungskräfte gestartet, die anfangs durchaus skeptisch waren. Nach und nach haben alle verstanden, wie wichtig diese Workshops sind.

In den meisten Fällen werden die Dienstnehmer aktiv angesprochen, ob sie an einem Lehrgang teilnehmen möchten. „Wir sind – und das ist ja kein Geheimnis – eine Niedriglohnbranche mit Mitarbeitern, die häufig aus bildungsfernen Schichten kommen. Diese Mitarbeiter haben oft nicht das Selbstbewusstsein, eine Ausbildung zu fordern. Da müssen wir den ersten Schritt tun. Wir wollen beim Kunden eine hohe Qualität erbringen. Wir brauchen Mitarbeiter, die wissen, was wir bzw. unsere Kunden von ihnen wollen. Natürlich haben wir zweisprachige Objektmanager, manchmal brauchen wir auch Dolmetscher. Es geht dabei um Dinge wie Sicherheits- und Arbeitsanweisungen, Materialkunde oder eben die Kommunikation mit unseren Kunden.“

Technische Features

Aktuell arbeitet das Unternehmen mit einem App-Entwickler zusammen. „In diese App pflegen wir das Fachvokabular unserer Branche ein. In Folge können dann unsere Mitarbeiter mithilfe eines Übersetzungsprogrammes diese Fachausdrücke erlernen. Diese App ist auch für andere Unternehmen offen. Motivation zum Sprachenlernen aufzubauen, das geht am besten spielerisch.“

Fachwissen gefragt

Kleine Sorgenfalten bereitet Simacek die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt. „In einigen Bereichen geht ein Drittel der Mannschaft in zehn Jahren in Pension. Wir haben also einen erhöhten Altersdurchschnitt. Was durchaus für uns als Unternehmen spricht. Man kommt zu uns und bleibt. Es zeigt aber auch deutlich, dass es schwierig ist, junge Menschen für unsere Branche zu begeistern.“ Dass die Reinigungsbranche als Niedriglohnbranche gilt, mag ein Grund sein. „Die Reinigung ist vielleicht für viele unattraktiv, weil man sich wenig darunter vorstellen kann. Viele junge Menschen wissen aber gar nicht, welch hohes Fachwissen in der Höherqualifizierung gefordert ist. Nicht ohne Grund ist Reinigungstechnik ein Meisterberuf.“ Trotzdem regiert der Preiskampf.

In Österreich bieten über 9.000 Firmen ausschließlich Reinigung an. Bei jeder Ausschreibung werde es ein billigeres Unternehmen geben. „Es wird immer wichtiger, sich abzuheben. Wir schaffen das mit speziellen Service-Level-Agreements. Wie nehmen wir Qualitätssicherung vor, wie ist das mit den Ansprechpersonen, wie ist die Erreichbarkeit? Natürlich haben wir innovative Reinigungskonzepte, Maschinen und alles, was dazugehört. Am Ende des Tages ist es immer noch der Mensch, der die Leistung erbringt. Das sollte man bei der Vergabe nicht vergessen.“

Den Mitarbeitern wird auch abseits des Arbeitsplatzes geholfen. Das reicht von der Wohnungssuche, der Unterstützung beim Arztbesuch bis hin zur Hilfe bei der Schuldnerberatung. „Wenn wir so etwas frühzeitig erkennen, dann steigt die Produktivität. Die Krankenstandsrate sinkt, die Loyalität zum Unternehmen wird gestärkt. Wir wollen unsere Mitarbeiter glücklich machen.“

Möglichkeiten gemeinsam umsetzen

Simacek nimmt Social Responsibility ernst, das lässt sich aus der Tatsache ableiten, dass sie sich bereits seit 2013 bei RespACT, einer Plattform für Corporate Social Responsibility und Nachhaltige Entwicklung, engagiert.

„Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung waren mir schon immer wichtig. Viele glauben, dass die soziale Verantwortung selbstverständlich ist, viele machen es auch selbstverständlich. Aber es gibt sicherlich mehr Möglichkeiten, die man gemeinsam umsetzen kann.“

Dass sich die Facility- und die Reinigungsbranche durch die Digitalisierung verändern wird, steht für Simacek fest. Wie stark, steht noch in den Sternen: „Die Auswirkungen sind schwer abzuschätzen.“ Mit der Plattform Simacek sei man aber einer der Vorreiter in der Branche. „Dank moderner Mess- und Sensortechnik werden wir in Zukunft unsere Dienstleistungen weiter optimieren können. Energiemanagement ist bereits Teil des Kerngeschäftes. Vor allem der Bereich Sicherheit wird sich stark verändern.“ Um bei den ersten zu sein, arbeitet Simacek mit Start-ups zusammen, um deren Innovationen frühzeitig einsetzen zu können. „Mit SIM 4.0 haben wir eine Softwareplattform geschaffen, um unsere Services online zu unterstützen. In SIM 4.0 können wir jeden Vertrag, Standort, Wartungsintervall, jedes Servicelevel in der Bewachung, Technik oder im Energiemanagement einpflegen. Die Kunden können je nach Ausbaustufe ihre Immobilien zu jeder Zeit mittels Login betrachten und Servicelevel-Equipments abstimmen.“

Die Digitalisierung werde bei der Dokumentation der Einhaltung von Servicelevel-Agreements eine wesentliche Rolle spielen.„Das ist der Kernpunkt. Mit der Digitalisierung können wir dokumentieren, wie es um die von uns ganzheitlich betreuten Immobilien steht. Dafür betreiben wir Benchmarking zwischen den Standorten, um den Kunden hinreichend zu beraten.“

Wo aber liegt der USP von Simacek? „Wir betrachten Immobilien ganzheitlich. Wir waren sicher eines der ersten Unternehmen, die diesen Fokus gesetzt haben. Ich glaube, dass das der richtige Weg war. Wir können dem Kunden alles anbieten, was eine Liegenschaft oder ein Gebäude zum Betrieb braucht. Wir erbringen gebäudebezogene Dienstleistungen, aber auch Bewachung, Betriebsverpflegung, Industrieservices und noch viel mehr. „Damit wollen wir unseren Kunden maximalen Komfort bieten. Unser Slogan ,Check, recheck, Simacek‘ steht ebenfalls für den ganzheitlichen Fokus.“ Was sie sich wünscht, sind mitdenkende Planer: „Es gibt Architekten, die ganz tolle Ideen haben. Dies wirkt sich dann oft in einen sehr hohen Anspruch an die Services für die Immobilie aus. Und das ist dann der Punkt, wo unser Know-how und unsere Experten gefragt sind."