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Zwischen Lager und Verteilung

Die Warenströme sind in den vergangenen Jahren massiv im Steigen begriffen. Treiber ist vor allem der E-Commerce, der die Logistikbranche vor neue Herausforderungen stellt.
Walter Senk

Die Warenströme sind in den vergangenen Jahren massiv im Steigen begriffen. Treiber ist vor allem der E-Commerce, der die Logistikbranche vor neue Herausforderungen stellt.

Wenn man heutzutage Stadtteile entwickelt, dann muss Logistik rein. Das ist ein wesentlicher Faktor.“ Diese Aussage von Rainer Kiehl, Projekt Manager City Logistik bei UPS, beim 2. GO ASSET Logistik Forum bringt die aktuelle Situation auf den Punkt. Vor einigen Jahren noch am Rande der Stadt angesiedelt, wachsen Logistikimmobilien immer weiter ins Zentrum. Die steigende Frequenz der Zustelldienste zeigt daher in den Städten immer mehr ihre Problematik. „Die Komplexität wird größer und es gibt immer mehr Restriktionen bezüglich der Zustellung im urbanen Raum“, meint Rainer Schwarz, DPD Direct Parcel Distribution Austria GmbH: „In den Städten rechnen wir damit, dass es eine Art von Zufahrtsbeschränkung geben wird.“ Verständlich, denn der E-Commerce steht erst am Anfang seiner Entwicklung. DPD Direct Parcel Distribution Austria GmbH setzt daher jetzt schon auf kleine Verteilerzentren. Microhubs in Salzburg, Linz und Wien, die von den Lieferfirmen als Zwischenstation zwischen großen Logistikhallen am Stadtrand oder außerhalb der urbanen Zentren und der Haustüre des zu beliefernden Kunden platziert sind.

UPS hat mittlerweile in Hamburg ein neues Konzept präsentiert. Von einem abgestellten Container aus wird mittels E-Lastenfahrrädern umweltfreundlich und geräuscharm geliefert. Die verkehrsbehindernden Klein-LKWs, weil auf den Gehsteigen oder im Haltverbot oftmals kurz geparkt, gehören damit der Vergangenheit an. Das „Hamburger Modell“ macht Schule und Kiehl ist mittlerweile in einigen Großstädten Europas unterwegs, um die neue Verteilerkette von UPS interessierten Stadtverantwortlichen zu präsentieren, denn das Konzept funktioniert nicht nur für die Innenstadt, sondern für den urbanen Bereich an sich: „In einem Stadtteil oder einer Stadt mit bis zu 15.000 Einwohnern stellen wir die Logistikverteilung mit Fahrrädern auf.“

In diesem dynamischen Umfeld sind auch die Städte gefordert und die Frage ist, wie entsprechende Flächen zur Verfügung gestellt werden können. „Die Stadt Wien hat hierauf rasch reagiert“, meint Kurt Mittringer, Stadtentwicklung & -planung, MA 18 der Stadt Wien. Die Kategorie „gewerbliches Mischgebiet“ in der Wiener Flächenwidmung ermöglicht die von allen Seiten geforderten Mischnutzungen im innerstädtischen Bereich. So kann etwa in einem leerstehenden Erdgeschoßlokal die Mikroverteilung erfolgen, während darüber Wohnraum geschaffen wird. Dabei ist allerdings auch Vorsicht geboten, denn sonst erfahren die Erdgeschoßzonen wieder das gleiche Schicksal, das sie schon einmal hatten – nur sind es dann Lager statt Garagen.

Wie dem auch sei: Der Wunsch nach einer Lösung für die Lieferanten ist groß – ebenso wie der Wunsch der Konsumenten nach rascher Lieferung. „Wir sind alle sehr ungeduldig geworden, es geht um Speed und Convenience“, erklärt Tim Davies, Head of EMEA Industrial and Logistics Agency bei Colliers International, und UPS-Projekt Manager Kiehl gibt ihm Recht: „Die Serviceerwartungen steigen.“ Eine effiziente Lieferkette, verknüpft mit immer kürzer werdenden Lieferzeiten, verlangt zunehmend kleinteilige innerstädtische Logistikimmobilien. Insbesondere gibt es innovative Lösungen für stadtnahe oder sogar innerstädtische Verteilzentren, mit denen der Transport auf der „letzten Meile“ zu den Konsumenten hocheffizient organisiert werden kann.

Kleine Standorte und Hubs sind gefragt, wobei es relativ egal ist, um welche Immobilienart es sich handelt. Genommen wird, was da ist. Als Beispiel nennt Davies die Firma Amazon: „Mit dem Aufbau der Lieferketten werden eine Vielzahl an Immobilien benötigt. Kleine Standorte als Verteilungshubs bei Tankstellen, Lagerhallen, kleine Lagerflächen oder Parkhäuser.“ Auch nach oben bauen ist eine Möglichkeit, denn neben der Art, wie geliefert wird, müssen auch die Immobilien auf diese neuen Prozesse ausgerichtet werden. David Szendzielarz, Geschäftsführer P3 Urban Logistics beim internationalen Entwickler p3parks, meint, dass „moderne, innerstädtische Logistikhallen in Zukunft vielleicht auch vertikal in die Höhe ragen werden“.

Diese Idee wirkt nur auf den ersten Blick ungewöhnlich, denn bei der rasanten Entwicklung sollte nicht vergessen werden, dass wir erst am Anfang stehen. Ungefähr 2,4 Milliarden Pakete wurden im letzten Jahr in Europa ausgeliefert. Tim Davies: „Insgesamt beläuft sich der E-Commerce-Umsatz in Europa heuer vermutlich auf 600 Milliarden Euro und das sind mittlerweile 3 Prozent des gesamteuropäischen Bruttosozialproduktes. Wir gehen davon aus, dass sich diese Summe in den nächsten Jahren verdoppeln wird, da die Wachstumsraten europaweit bei 18 Prozent liegen.“ Die Folge: Das traditionelle Belieferungssystem in einer Stadt stößt an seine Grenzen, vor allem in der so genannten „letzten Meile“ – also der Zustellung zum Endverbraucher. Daher ist die „Strategie für die letzte Meile besonders wichtig“, meint Kiehl.

Bei dieser prognostizierten Steigerung der Pakete im Zuge des E-Commerce kann trotz aller Innovationen der Platz knapp werden. David Szendzielarz sieht zukünftig nur eine Lösung, wie das gesamte Zulieferungssystem funktionieren kann: „Über kurz oder lang werden sich die Verteiler wohl an einen Tisch setzen und miteinander sprechen müssen und gemeinsame Sache machen.“