Die Situation auf dem Investmentmarkt wird sich jedoch weiterhin differenziert darstellen, je nach Lage und Ausstattung des jeweiligen Objekts. Liegenschaften in schwächeren Lagen, mit einer schwierigen Vermietungssituation oder größerem Handlungsbedarf im Hinblick auf die ESG-Ziel (Umwelt, Soziales, Governance), werden zu niedrigeren Preisen gehandelt werden. Bei Topobjekten, bei denen die Indexierung der Mieten durchgesetzt werden kann, wird der Inflationsschutz, den Immobilien klassisch bieten, wieder stärker Beachtung finden und für diese Objekte wird sich die Preisanpassung in Grenzen halten.
Der Fokus wird in den kommenden Monaten verstärkt auf die ESG-Dynamik gelegt werden, die als wesentlicher Treiber für die Entwicklung des Marktes angesehen wird. Zunehmend wird darauf geachtet, dass Immobilienprojekte nachhaltig und umweltfreundlich sind und einen positiven Beitrag zur Erreichung der ESG-Ziele leisten.
Insgesamt ist der Immobilienmarkt in Österreich derzeit weiterhin von der allgemeinen Unsicherheit und einer abwartenden Haltung geprägt, die sich jedoch durch eine zunehmende Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage und steigender Klarheit in Hinblick auf die zukünftige Zinsentwicklung in den kommenden Monaten wieder verbessern wird.
Investoren
Im Jahr 2022 haben sich vorrangig Investoren aus Österreich (69 %) und Deutschland (26 %) auf dem Investmentmarkt engagiert. Insbesondere Spezialfonds, Projektentwickler sowie Family Offices haben auf Käuferseite dominiert. Speziell für institutionelle Investoren hat die relative Attraktivität von Immobilieninvestitionen jedoch abgenommen. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Unsicherheiten und den unsicheren Zinsperspektiven, hat ein großer Teil des Kapitals stattdessen den Weg in andere Märkte und Anlageklassen gefunden, vor allem in festverzinsliche Wertpapiere im US-Dollar-Raum.
Die hohe Inflation und die negativen Realzinsen, die beide normalerweise für Investitionen in Immobilien sprechen würden, finden in der aktuellen Marktsituation, die derzeit stark von Sicherheitsüberlegungen geprägt ist, noch keine adäquate Beachtung. Institutionelle Investoren haben sich im vergangenen Jahr lieber auf bewährte und sichere Anlageformen abseits der Immobilie konzentriert.
Es ist davon auszugehen, dass in den kommenden Monaten einige Joint Ventures zwischen lokalen Entwicklern und institutionellen, kapitalstarken Investoren, hauptsächlich aus dem Vereinigten Königreich und den USA, im Bereich der Projektentwicklung und der Revitalisierung von bestehenden Immobilien entstehen werden.
Entwicklung der Assetklassen
Die stärkste Assetklasse im Jahr 2022 mit rund 31 % des Investitionsvolumens war, wie auch in den vergangenen Jahren, Wohnen. Die beiden größten Transaktionen im Wohnbereich waren hierbei die durch EHL vermittelten Projekte „Lavater 2“, das von Invester United Benefits an die Bank Austria Real Invest, sowie das Leuchtturmprojekt „High Five“ in Linz, das von STC und Roombuus an die ZBI verkauft wurden.
Der Anteil von Büroimmobilien betrug knapp 20 %, gefolgt von stark risikodiversifizierten, gemischt genutzten Liegenschaft mit rund 19 % des Gesamttransaktionsvolumens.
Rund 9 % wurden in Einzelhandelsimmobilien investiert und ca. 8 % in die Assetklasse Logistik, welche in der Vergangenheit sehr gut performt hat, dieses Jahr aufgrund des geringen Angebots jedoch unter den Erwartungen lag.
Entwicklung der Renditen
Der Immobilieninvestmentmarkt in Österreich hat in den letzten Jahren einige Herausforderungen zu meistern gehabt. Nach der Pandemie, dem Anstieg der Rohstoffpreise, der Ukraine-Krise und einer stark gestiegenen Inflation hat die Dynamik des österreichischen Immobilienmarktes durch die Zinsschritte der Europäischen Zentralbank im Sommer 2022 ein Ende gefunden und eine Trendwende eingeleitet.
Aktuell ist ein weiterer Zinsschritt zum Teil bereits eingepreist, die Unsicherheit über die zukünftige Zinsentwicklung bleibt jedoch spürbar. In Folge dessen haben sich die Preise im Spitzensegment relativ stabil entwickelt, während in den nachgelagerten Qualitätssegmenten teils deutliche Preisreduktionen und nur ein sehr verhaltenes Interesse verzeichnet werden konnten.
Die aktuellen Tendenzen der Banken, weniger Kredite zu vergeben, in Kombination mit dem Anstieg der Swap-Sätze, beeinflussen die Preisentwicklung in allen Bereichen negativ. Dies zeigt sich nicht nur in höheren Zinsen, sondern auch in den höheren Anforderungen an das Eigenkapital und den höheren Risikomargen. In vielen Fällen führt dies zu Preisanpassungen.
Die Spitzenrenditen für institutionelle Wohn- und Büroobjekte liegen für Top-Produkte bei ca. 3,50 %. Bei schwächeren Lagen, ineffizienten Grundrissen, schlechter Infrastruktur oder Nachhaltigkeitsthemen bei den Gebäuden, werden dagegen höhere Risikoaufschläge von bis zu 100 Basispunkten oder sogar mehr angesetzt.
Im Logistikbereich bleiben die Renditen für ausgewählte, langfristig vermietete Objekte im Spitzensegment auf einem niedrigen Niveau von knapp über 4 %. Im Bereich Einzelhandel zeigt sich ein Unterschied zwischen Lebensmittelmärkten und Fachmarktzentren, die sich nach wie vor guter Nachfrage erfreuen, und großen Einkaufszentren, die für Investoren derzeit weniger attraktiv sind. Es ist daher aktuell schwer, das Renditeniveau in diesem Segment zu bestimmen, da es eine unzureichende Zahl von Transaktionen gibt.