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Büroimmobilieninvestmentmarkt Deutschland im ersten Halbjahr 2023 mit geringer Transaktionsdynamik

Transaktionsvolumen sank im Vorjahresvergleich um 79 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro - Spitzenrendite stieg im Durchschnitt der Top-7-Märkte um 1,27 Prozentpunkte auf 4,07 Prozent
Patrick Baldia
Berlin
Berlin
© AdobeStock | Berlin bleibt der größte Büroinvestmentmarkt Deutschlands

Der deutsche Büroimmobilieninvestmentmarkt verzeichnete im ersten Halbjahr 2023 ein Transaktionsvolumen von 2,8 Milliarden Euro. Damit erreichten Büroimmobilien einen Anteil von 28 Prozent am Gewerbeimmobilieninvestmentmarkt und von 22 Prozent am gesamten Immobilieninvestmentmarkt, an dem sie sich knapp hinter Wohnimmobilientransaktionen (ab 50 Einheiten) mit einem Anteil von 24 Prozent einreihten. Verglichen mit dem ersten Halbjahr 2022 ging das Transaktionsvolumen am Büroimmobilientransaktionsmarkt um 79 Prozent zurück. Neben den Herausforderungen der Zinswende für den Immobilieninvestmentmarkt und den strukturellen Veränderungen auf Nutzerseite infolge hybrider Arbeitskonzepte geht dieser deutliche Unterschied auch auf die Übernahme der alstria office-REIT AG durch Brookfield im ersten Quartal 2022 zurück, die das damalige Transaktionsvolumen auf Rekordhöhe trieb. Im ersten Halbjahr 2023 fehlte dagegen eine derartige Transaktion. Nur sieben Großtransaktionen über der 100-Millionen-Euro-Marke wurden in den vergangenen sechs Monaten vollzogen. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum waren es noch 22 Abschlüsse. Daher halbierte sich die durchschnittliche Dealgröße im Bürosegment nahezu auf aktuell 31 Millionen Euro. Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE.

„Viele Investoren agieren aufgrund der weiterhin andauernden Unsicherheit in Bezug auf die Preisentwicklung sowie angesichts der neuen Finanzierungsbedingungen äußerst zurückhaltend. Chancen bieten sich für eigenkapitalstarke Akteure, welche von den gestiegenen Zinsen kaum beeinflusst werden und gar ohne Fremdkapital Transaktionen durchführen können. Aber auch diese Investoren sind aktuell sehr vorsichtig, da sie sich natürlich an den anderen Marktakteuren orientieren. Insgesamt setzen potenzielle Käufer weiterhin auf sinkende Preise – und der Markt wird dann wieder anziehen können, wenn sich das Preisgleichgewicht auf einem neuen, spürbar niedrigeren Niveau, stabilisiert hat“, sagt Fabian Klein, Head of Investment bei CBRE in Deutschland.

„Festverzinsliche Anlagen werden wegen der gestiegenen Renditen von vielen professionellen Anlegern aktuell vorgezogen, um ihre Portfolios sowohl zu diversifizieren als auch entsprechend ihrer Renditevorstellung anzupassen“, erläutert Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland. „Wie auch für andere Immobilienassetklassen bedeutet dieses Marktumfeld für Büroimmobilien zunächst einen deutlichen Attraktivitätsverlust. Zwar sind Büroobjekte für viele institutionelle Investoren grundsätzlich weiterhin interessant – dennoch erwarten sie aber eine Risikoprämie gegenüber der Benchmarkrendite.“

Renditeanstieg setzt sich fort

Entsprechend legten die Renditen für Büroimmobilien bereits spürbar zu. Die Spitzenrenditen stiegen im Durchschnitt der Top-7-Büromärkte im Vergleich zum Ende des zweiten Quartals 2022 um 1,27 Prozentpunkte auf 4,07 Prozent. Die geringste Spitzenrendite konnten in München (3,9 Prozent) verzeichnet werden, gefolgt von Berlin (vier Prozent), Hamburg (4,05 Prozent), Frankfurt am Main (4,1 Prozent) sowie Düsseldorf, Köln und Stuttgart (alle 4,15 Prozent). „Das Bedürfnis nach höheren Renditen übertrifft jedoch nicht die Risikoaversion der Investoren“, ergänzt Klein. „Analog zum Nutzermarkt fokussiert sich die Investorennachfrage derzeit vor allem auf moderne Büroimmobilien in zentrale und damit auf nachhaltiges Mietwachstum.“ Mit 72 Prozent des Transaktionsvolumens wurde leicht mehr als im Vorjahreszeitraum (68 Prozent) in Core- und Core-Plus-Produkte investiert, wohingegen die Anteile von Value-Add- und insbesondere opportunistischen Investments sanken.

Berlin weiterhin größter Büroinvestmentmarkt

Weiterhin stehen die Top-7-Standorte deutlich im Fokus der Investoren, wenngleich der aktuelle Anteil von 71 Prozent leicht unter dem des ersten Halbjahres 2022 lag (78 Prozent). Berlin, München und Stuttgart verzeichneten dabei einen höheren Anteil als im Vorjahreszeitraum, wobei die Bundeshauptstadt mit einem Anteil von 24 Prozent weiterhin mit deutlichem Abstand die Führungsposition einnimmt.

Zurückhaltung bei internationalen Investoren

Lediglich gut ein Fünftel des Volumens entfiel auf internationale Anleger, die im ersten Halbjahr 2022 noch für mehr als die Hälfte der Investmentsumme verantwortlich zeichneten. Derzeit sind kaum noch angloamerikanische Investoren am deutschen Markt aktiv, zumal diese aus ihren Heimatmärkten deutlich höhere Renditen gewohnt sind und diese entsprechend auch hierzulande einpreisen. So stehen derzeit viele Value-add- und opportunistische Investoren in den Startlöchern, um am deutschen Markt verstärkt aktiv zu werden, jedoch sind deren Kaufpreisvorstellungen sehr weit entfernt von jenen, die die Verkäufer derzeit noch aufrufen. Auch wenn durchaus ‚Schnäppchenjäger‘ am Markt unterwegs sind, sehen wir nach wie vor noch keine Notverkäufe. Auch noch nicht auf Seiten von Projektentwicklern, wenngleich es hier durch die schwierigen Rahmenbedingungen zu einer leichten Marktkonsolidierung kommen dürfte“, analysiert Klein.

Ausblick auf das Gesamtjahr 2023

„Es dürfte noch einige Zeit dauern, bis die Zinsen wieder spürbar gesunken sind und damit auch die Liquidität am Markt insgesamt wieder zunimmt. Momentan erwarten wir, dass die EZB Ende Juli einen weiteren Zinsschritt um einen Viertelprozentpunkt durchführt. Aufgrund der weiterhin hohen Inflationsraten sind auch weitere Zinsschritte denkbar – auch die Signale der EZB deuten an, dass sie weiterhin einen restriktiven geldpolitischen Kurs verfolgen wird.

Für den deutschen Büroimmobilieninvestmentmarkt sind die Folgen höhere Kreditzinsen und ein weiterhin hoher Druck auf die Immobilienrenditen. Außerdem erwarten wir, dass die Banken angesichts der strengeren Regulierung hinsichtlich der Verschärfung der Eigenkapitalunterlegung ihr Engagement in der Immobilienfinanzierung deutlich verringern werden. Alternative Darlehnsgeber sind in Bezug auf die Finanzierungskonditionen teurer und werden die Lücke zur klassischen Immobilienfinanzierung nicht schließen können“, prognostiziert Klein.

„Sobald sich aber Zinsentwicklung und Finanzierungsbedingungen stabilisieren, werden wir wieder eine zunehmende Dynamik am Büroimmobilieninvestmentmarkt beobachten können. Schon jetzt sehen wir eine größere Anzahl an Immobilien und Portfolios, welche zur Vermarktung vorbereitet werden“, sagt Klein.

„ESG und Asset Management gewinnen für Eigentümer stärker an Bedeutung. Denn so können mögliche Vermietungsrisiken reduziert werden und zugleich existierende Upside-Potenziale bei Mieten und Nettoerträgen realisiert werden. Das ist eine wichtige Grundlage zur Vorbereitung auf den nächsten Immobilienzyklus. Trotz der aktuellen zyklischen Schwächephase sind die Fundamentaldaten am deutschen Vermietungsmarkt äußerst robust, geht der Trend nutzer- wie investorenseitig in die Top-Objekte in infrastrukturell gut angebundene Objekte in den bevorzugten Innenstadtlagen“, beobachtet Linsin.