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Die Umsatzsteuer bei Vermietung an unecht steuerbefreite Nutzer („böse“ Mieter)

Seit dem 01.09.2012 sollten Vermieter ein besonderes Augenmerk auf die umsatzsteuerliche Behandlung ihrer Mieter legen.
Mag. Bernd Winter

Seit dem 01.09.2012 sollten Vermieter ein besonderes Augenmerk auf die umsatzsteuerliche Behandlung ihrer Mieter legen.

Sogenannte (aus umsatzsteuerlicher Sicht) „böse“ Mieter können den Vermieter um den Vorsteuerabzug bringen. Es handelt sich hierbei um Mieter, deren Umsätze nach § 6 Abs 1 UStG unecht steuerbefreit sind. Dazu zählen bspw insbesondere Banken, Versicherungen und Ärzte. Der vorliegende Beitrag thematisiert die wesentlichen Probleme und Praxisfragen in diesem Zusammenhang und zeigt auf, dass aus einer Vermietung an „böse“ Mieter wesentliche finanzielle Nachteile für den Vermieter resultieren können.

Grundsätzlich ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, worunter auch die Überlassung der Nutzung an Geschäftsräumen fällt, selbst ebenso gemäß § 6 Abs 1 Z 16 UStG unecht von der Umsatzsteuer befreit. Daraus ergibt sich, dass ein Vermieter für seine Leistungen einerseits keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, andererseits aber keinen Vorsteuerabzug geltend machen darf.

Option zur Umsatzsteuerpflicht für Mietverträge, die bis 31.08.2012 begründet wurden

Nach der alten Rechtslage, die auf vor dem 01.09.2012 begründete Mietverträge anwendbar ist, kann der Unternehmer gemäß § 6 Abs 2 UStG alte Fassung einen steuerfreien Umsatz aus der Vermietung von Grundstücken als steuerpflichtig behandeln.

Option zur Umsatzsteuerpflicht für Mietverträge, die ab 01.09.2012 begründet werden

Bei Mietverträgen, die nach dem 01.09.2012 begründet werden, kann der Vermieter nach neuer Rechtslage (§ 6 Abs 2 UStG in der geltenden Fassung) auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs 1 Z 16 UStG nur verzichten, soweit der Leistungsempfänger (Mieter) das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer (Vermieter) hat diese Voraussetzung nachzuweisen.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung bedeutet „nahezu ausschließlich“ in diesem Zusammenhang, dass der Mieter das Grundstück / den Grundstücksteil zu mindestens 95% zur Ausführung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze verwendet. Ein „baulich abgeschlossener, selbständiger Grundstücksteil“ ist ein solcher, an dem Wohnungseigentum begründet werden könnte. Die Möglichkeit, Wohnungseigentum begründen zu können, ist dann nicht erforderlich, wenn das gesamte, vom Leistungsempfänger angemietete Grundstück (auch wenn es nicht parifiziert werden kann) nahezu ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze verwendet wird.

Ausgenommen von dieser Neuregelung sind lediglich Vermieter, die ebenfalls Errichter des Gebäudes sind, vorausgesetzt mit der Errichtung des Gebäudes durch den Unternehmer wurde bereits vor dem 01.09.2012 begonnen. Hat der Vermieter das Gebäude nicht errichtet, sondern erworben, so gilt die nachteilige Neuregelung für alle Miet- und Pachtverhältnisse, die ab dem 01.09.2012 beginnen. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerb durch den Vermieter vor dem 01.09.2012 erfolgte.

Im Hinblick auf die Frage nach der Anwendbarkeit der Neuregelung ist gemäß UStR Rz 899c nicht der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblich, sondern die faktische Begründung des Miet- bzw Pachtverhältnisses, somit die tatsächliche Innutzungnahme des Gebäudes bzw Gebäudeteiles. Ein Wechsel auf Mieter- oder Vermieterseite begründet für Umsatzsteuerzwecke ein neues Miet- bzw Pachtverhältnis.

Dies gilt mangels Unternehmeridentität auch dann, wenn der Wechsel im Zuge einer nicht steuerbaren Rechtsnachfolge (zB Erbfolge, Umgründung) erfolgt. Kein Mieter- oder Vermieterwechsel liegt hingegen vor, wenn im Rahmen einer Umgründung die Unternehmeridentität erhalten bleibt. Die Verlängerung eines Mietvertrags durch einseitige Willenserklärung oder durch zweiseitige Willenseinigung ist kein neues Miet- bzw Pachtverhältnis, wenn die Vertragsverlängerung ohne zeitliche Unterbrechung erfolgt. Werden die Mietverträge also gleich nach der Befristung verlängert, kommt es zu keinem neuen Mietvertrag im umsatzsteuerrechtlichen Sinn.

[caption id="attachment_1738" align="alignleft" width="225"]Dr. Christoph Pramböck Dr. Christoph Pramböck[/caption]

Notwendigkeit einer Vorsteuerkorrektur

Für den Fall, dass aus umsatzsteuerlicher Sicht „neue“ Mietverträge vorliegen und zur Umsatzsteuerpflicht unter den bereits oben genannten Bedingungen daher nicht mehr optiert werden kann, so ist eine Korrektur der bisher geltend gemachten Vorsteuern erforderlich.

Der Berichtigungszeitraum bei Gebäuden beträgt 10 (alte Regel) bzw 20 Jahre (neue Regel). Der Berichtigungszeitraum von 20 Jahren ist auf Berichtigungen von Vorsteuerbeträgen anzuwenden, die Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken betreffen, die das Unternehmen nach dem 31.03.2012 erstmals in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt.

Gem UStR Rz 2011ff sind die Vorsteuern danach aufzuteilen, wie sie den unecht steuerfreien Umsätzen und den übrigen Umsätzen bei wirtschaftlicher Betrachtung ganz oder teilweise zuzurechnen sind. Eine bestimmte Form der Aufteilung ist weder gesetzlich vorgeschrieben noch von der Finanzverwaltung in den UStR festgehalten. Es ist daher jede Methode, die im Einzelfall eine wirtschaftlich zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge ermöglicht, zulässig. In der Praxis erfolgt idR eine Aufteilung nach m², Nutzwerten oder Mieterlösen.

Anspruch auf Vorsteuerabzug bei Ausübung der Option zur Umsatzsteuer

Will der Vermieter bereits vor der Ausführung des Umsatzes den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, ist dies nach Ansicht der Finanzverwaltung in UStR Rz 900 nur dann möglich, wenn er darlegen kann (zB durch entsprechende Vorvereinbarungen mit zukünftigen Mietern oder anhand anderer über eine bloße Absichtserklärung hinausgehende Umstände), dass im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung (bspw erste Eingangsrechnungen von Architekt etc) die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Vermietung mit größerer Sicherheit anzunehmen war als der Fall einer steuerbefreiten Vermietung.

Risiko einer Änderung der Verhältnisse bei bestehenden Mietern

Sollte sich bei einem Mieter zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass dieser nicht mehr Umsätze ausführt, die nahezu ausschließlich (mindestens 95%) zum Vorsteuerabzug berechtigen, geht die Option zur Vermietung mit USt ab diesem Zeitpunkt verloren und der Vermieter müsste etwaige verbleibende Vorsteuer-Zehntel bzw -Zwanzigstel aus der Anschaffung bzw nachträglich angefallene aktivierungspflichtige Kosten korrigieren.

Untervermietung

Für den Fall, dass die untervermieteten Räumlichkeiten als baulich abgeschlossener Grundstücksteil zu qualifizieren sind (dh Wohnungseigentum könnte begründet werden) und diese an einen sogenannten „bösen“ Untermieter, also einen Untermieter, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, untervermietet werden, ist auch für den Vermieter ein Vorsteuerabzug hinsichtlich dieses Grundstücksteiles ausgeschlossen.

Sollte hingegen der untervermietete Grundstücksteil nicht baulich abgeschlossen sein, so ist darauf abzustellen, ob der Mieter die gesamten gemieteten Räumlichkeiten zu mindestens 95% für Umsätze verwendet, die dessen Berechtigung zum Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Das heißt der Mieter dürfte aus den umsatzsteuerfreien Untermieteinnahmen durch einen „bösen“ Untermieter (inklusive aller anderen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze) maximal 5% seiner gesamten Umsätze generieren, damit in weiterer Folge auch der Vermieter mit Umsatzsteuer vermieten kann und zum Vorsteuerabzug hinsichtlich des gesamten Gebäudes berechtigt ist.


BDO-Tipp:

Bei Mietverhältnissen, die nach dem 01.09.2012 begründet werden, sollte eine Bestätigung des Mieters eingeholt werden, dass dieser • das Grundstück oder einen baulich abgeschlossenen, selbständigen Teil des Grundstücks nahezu ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, • den Vermieter über diesbezügliche Änderungen in Kenntnis setzt sowie • allfällig daraus resultierende „Schäden“ übernimmt.