Seit dem Jahr 2019 schrumpft der Einfamilienhausmarkt in Österreich – im ersten Halbjahr 2022 sogar auf das niedrigste Niveau seit 2014. Mit 4.633 Kaufakten fehlten auf den Vorjahresvergleichszeitraum österreichweit 130 Einheiten oder 2,7 %, auf das Spitzenjahr 2018 sogar 1.286 Häuser oder 21,7 %.
Der Traum ist realisierbar, aber nicht überall und nicht für alle
„Dass ein Einfamilienhaus für viele Österreicher der absolute Wohntraum ist, ist bekannt. Die Nachfrage hat sich mit Beginn der Pandemie nochmals verstärkt, der Trend zu Homeoffice und Wohnen im Grünen war besonders stark ausgeprägt. Gleichzeitig wurde das Angebot immer weniger und die Preise sind stark gestiegen. Mittlerweile sehen wir am Markt eine Situation, die in den Statistiken noch nicht angekommen ist. Aufgrund von stark steigenden Lebenshaltungskosten, einer Inflation, so hoch wie schon lange nicht mehr, den steigenden Zinsen und den Verschärfungen bei der Kreditbeschaffung, ist die Anzahl der Einfamilienhausinteressenten, die sich einen Kauf auch leisten können, deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig steigt seit drei Monaten das Angebot. Das wird dazu führen, dass es zu einer merklichen Entspannung bei den Einfamilienhauspreisen kommen wird“, erklärt der Geschäftsführer von RE/MAX Austria, Bernhard Reikersdorfer, MBA.
Gesamtverkaufswert für Einfamilienhäuser um eine Viertelmilliarde höher
Mit Ausnahme vom Rekordjahr 2018 steigt seit 2013 jedes Jahr der Gesamtwert der verkauften Einfamilienhäuser linear. 2022 lag er zum Halbjahr den RE/MAX-Experten zufolge bei 1,91 Mrd. Euro, um 105 Mio. Euro oder 5,8 % mehr als 2021 und höher als jemals zuvor.
Die größten Zuwächse verzeichnete die Steiermark (59 Mio. Euro), die im Vorjahr als einzige unter den 2020er Werten lag, gefolgt von Niederösterreich (29 Mio. Euro) und Kärnten (23 Mio. Euro). Unter den Vorjahresumsätzen lagen 2022 nur Oberösterreich (-11 Mio. Euro) und Tirol (-35 Mio. Euro).
In der Bedeutung für den Immobiliengesamtmarkt sind damit die Einfamilienhäuser bei der Anzahl vom 2013er Rekordanteil an den Verbücherungen von 10,4%, auf nur mehr 6,2% gesunken, beim Transaktionswert lag der Spitzenwert vom Gesamtmarkt im Jahr 2012 bei 12,4%. Heuer lag er nur mehr bei 8,8%.
Einfamilienhaus-Preissteigerung zum zweiten Mal zweistellig
In den Jahren 2010 bis 2020 lag die durchschnittliche Teuerung bei Einfamilienhäusern im ersten Halbjahr laut dem RE/MAX ImmoSpiegel bei einem jährlichen Zuwachs von 5,3 %. 2020 stieg sie schon auf 8,8 % und 2021 auf 13,5 %, um sich 2022 auf 13,1 % – auf hohem Niveau, aber doch geringfügig unter der Vorjahresrate – einzupendeln. Der österreichweite Einfamilienhauspreis betrug 2022 typischerweise im Mittel 347.313 Euro. Das bedeutet einen Anstieg innerhalb von zwölf Monaten um 40.229 Euro und im Fünfjahresvergleich einen Zuwachs von 55,5%.
„Typischerweise“ bedeutet beim RE/MAX-ImmoSpiegel, dass in einem komplexen statistischen Verfahren die billigsten und die teuersten Einfamilienhäuser weniger stark in die Berechnung einbezogen werden, dafür jene in der Mitte der Preisrange stärker.
Statistik zeigt ein anderes Bild als die aktuelle Realität
„Die Verbücherungszahlen von Jänner bis Juni basieren vor allem auf Kaufverträgen von November bis Mai, also einer Zeit mit anderen weltpolitischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen und Aussichten als derzeit“, erklärt der RE/MAX-Research-Experte Mag. Anton Nenning. „Damals hat so mancher Eigentümer den Verkauf mitunter einfach vor sich hergeschoben – nach dem Motto „Grundbuch statt Sparbuch gilt auch für mich“ – und so das Angebot reduziert. Gleichzeitig rückte aber für viele ein Neubau, aufgrund von angekündigten Finanzierungserschwernissen, Lieferproblemen, fehlenden Facharbeitern und stark gestiegenen Baugrundstückspreisen, außer Reichweite. Nicht wenige Menschen schwenkten auf einen Hauskauf um und die Nachfrage nach bestehenden Einfamilienhäusern stieg weiter an.“
„Mittlerweile wissen wir vom Markt im dritten Quartal, dass insbesondere Erben jetzt viel schneller reagieren und die Immobilie rasch auf den Markt bringen. Ihr Kalkül dabei: Schnell und professionell bei einer noch relativ guten Wirtschaftslage zu verkaufen und den Erlös rasch in die eigene Wohnsituation investieren zu können, bevor die Inflation die eigenen Pläne noch weiter strapaziert und die Wirtschaftslage die Nachfrage stärker einbrechen lässt“, erläutert Nenning weiter.