Leistbares Wohnen ohne Flächenversiegelung: Das muss nicht ein Traum bleiben wie die sprichwörtlichen heißen Eislutscher, sondern kann laut Scientists for Future und Diskurs, das Wissenschaftsnetz gerade im urbanen Raum Realität werden. Doch dazu brauche es ein Neudenken und Umstrukturieren des städtischen Straßenraumes im Sinne eines qualitätsvollen Lebensraumes. Derzeit sind in Österreich schließlich steigende Wohnkosten und auch die immense Bodenversiegelung Dauerthemen.
Ein wesentlicher Schlüssel für eine nachhaltige und resiliente Stadtentwicklung sei das gesamtstädtische Reintegrieren natürlicher Oberflächen. Diese "grün-blaue Infrastruktur" mit dem größten Potenzial im Straßennetz erfülle ökologische, soziale und ökonomische Aspekte. Die Forschenden argumentieren hierbei neben vielen weiteren Punkten mit positiven Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, Lebensqualität und geringeren Klimafolgekosten. Der "Lebensraum für alle" müsse der Raum zwischen den Fassaden in seiner Gesamtheit sein.
Bäume seien stadtklimatisch als "natürliche Klimaanlagen" besonders bedeutend. So erziele ein ausgewachsener, gesunder Baum wie beispielsweise eine Kastanie die Kühlleistung von zehn bis 15 Klimaanlagen indem sie pro Tag bis zu 300 Liter Wasser umsetzt. Dazu kommt dann noch die Beschattungsleistung. Voraussetzung sind Böden mit hoher Wasserspeicherkapazität - Stichwort: "Schwammstadt". Einmal versiegelte Flächen verdichten auch den Untergrund stark, die Wasserspeicherfähigkeit sinkt. Grundsätzlich sollte also immer auf bereits versiegelte Flächen zurückgegriffen werden anstatt neue zu versiegeln.
Generell gelte es, Erhalt, Sanierung, energetische Verbesserung, aber auch Aufstockungen, Erweiterungen und die Anpassung an zukünftige Nutzungsanforderungen als Antworten auf die Wohnfrage zu liefern, so Stadtplanerin Gaby Krasemann. "Und wenn man trotzdem neu bauen muss, dann günstig, bezahlbar und über kommunale Gesellschaften und Wohnungsbaugenossenschaften", so die Gemeinderätin im Kärntner Villach. "Neubauten als Anlageobjekte, in denen womöglich auch niemand wohnt, können wir uns weder sozial noch ökonomisch leisten und schon gar nicht ökologisch." Was für den Wohnbau gelte, gelte auch für Gewerbe und Industrie, so die Wissenschafterin. Es gehe um die Wiedernutzung bestehender Gebäude. Das wiederum könne besonders im ländlichen Raum und auch in Ortskernen funktionieren.
"Neue Widmungskategorien für geförderten Wohnbau können eine soziale Wohnbaupolitik unterstützen", so Paul Hahnenkamp von der TU Wien. Denn: "Positive Lenkungsmaßnahmen wie etwa Beitragszahlungen für unbebautes Bauland reichen nicht aus, um Private zu einer der Widmung entsprechenden Nutzung zu animieren." Vielmehr seien, wie in manchen Bundesländern vorgesehen, Rückwidmungen in Grünland vorzusehen. Auch Vorkaufs- und gar Enteignungsmöglichkeiten zugunsten von Gemeinden oder gemeinnützigen Wohnträgern seien einzuräumen, um entweder weniger Boden zu versiegeln oder leistbaren Wohnraum zu schaffen, fordert der Wissenschafter.
"Neben Maßnahmen der Positivplanung sollten in den Bundesländern Maximalflächenangaben für die Neuwidmung von Bauland eingeführt werden", so Hahnenkamp weiter. "Regelungen zur Befangenheit bei persönlichen Interessenskonflikten können der politischen Tragweite bei Widmungsverfahren gerecht werden." Der Forscher meint, Wohnraum sollte kein Anlageobjekt darstellen. "Eine Ausweitung der Mietpreisregelung des Mietrechtsgesetzes auf neuere Wohnungen sowie eine Leerstandspolitik, die neben finanziellen Beiträgen eine stärkere Inpflichtnahme von unbewohntem Wohnraum ermöglicht, ist angebracht." Gleichzeitig brauche es Maßnahmen, um Eigentümerinnen und Eigentümer bei ökologisch notwendigen Sanierungen im Bestand zu unterstützen. (apa)