Auffällig an den aktuellen Ergebnissen: die Projekte werden - sowohl in Wien als auch in Niederösterreich - kleiner. Dies betrifft die Anzahl der Wohneinheiten pro Projekt, wie auch Wohnnutzfläche und Freiflächen der einzelnen Wohneinheiten. „Diese Entwicklung hat definitiv mit den gestiegenen Grundpreisen und Baukosten zu tun, ebenso wie mit der Investitionsbereitschaft zukünftiger BewohnerInnen und AnlegerInnen“, erklärt Michael Pisecky, stv. Fachverbandsobmann und Obmann der Wiener Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder. Der Preis einer durchschnittlichen Bauträgerwohnung ist in Wien gegenüber Anfang 2021 um fast zehn Prozent gestiegen, bei annähernd gleicher Flächengröße. Durchschnittlich sind für eine Wohnung 399.000 Euro zu zahlen, in Niederösterreich sind es um 120.000 weniger.
Alexander Bosak, Mitbegründer und Geschäftsführer von EXPLOREAL erklärt: „Der durchschnittliche Preis von 279.800 Euro in Niederösterreich ist im Vergleich zu 2020 um vier Prozent leicht gesunken, bei allerdings deutlich geringerer Fläche.“
Klarer Trend zu kleineren Wohnungen – Ein- bis Zwei-Zimmerwohnungen nehmen deutlich zu
Bezüglich der Zimmeranzahl ist in Wien eine klare Tendenz zu kleineren Wohnungen erkennbar. Die Ein- bis Zwei-Zimmerwohnungen nahmen in Wien um sieben Prozent zu und machen jetzt bereits 60 Prozent der Wohneinheiten bei einem durchschnittlichen Projekt aus. Somit gibt es in Wien im Durchschnitt bei einem Wohnbau nur noch 12 Prozent an großen Wohneinheiten. „Das ist eine absehbare Entwicklung“, meint Michael Pisecky und erklärt: „Die Nachfrage nach ‚Single-Wohnungen‘ ist in der Großstadt höher, als das bestehende Angebot. Im Neubaubereich finden sich aktuell etwas weniger Familien-Wohnungen am Markt, am Gesamtmarkt ist die Auswahl allerdings ausreichend, wobei es hier mehr Miet- und weniger Eigentumswohnungen gibt.“ Bei Erstbezug sind diese, um sieben Prozent weniger geworden, wobei fünf Prozent auf die 3-Zimmer-Wohnungen entfallen und zwei Prozent auf die großen Wohnungen.
Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in Niederösterreich. Die Ein- bis Zwei-Zimmerwohnungen nahmen bei Wohnprojekten um vier Prozent zu, die 4+Zimmer-Wohnungen um vier Prozent ab, wobei es keinen Überhang von großen oder kleinen Wohnungen gibt. Johannes Wild, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder Niederösterreich konkretisiert: „In unserem Bundesland ist die Verteilung der Wohnungen bei der Zimmeranzahl zu je einem Drittel relativ gleichmäßig.“
Auch die Wohnungsgrößen zeigen eine auffällige Veränderung. „In Wien ist die Wohnnutzfläche bei Neubauwohnungen um 6,2 Quadratmeter auf durchschnittlich 58 Quadratmeter gesunken, in Niederösterreich sind es 3,9 Quadratmeter weniger als 2020. „Mit 75,6 Quadratmeter durchschnittlicher Wohnfläche kommt Niederösterreich noch ganz gut weg“, kommentiert Wild. Bei Freiflächen, wie Balkonen, Loggien, Terrassen oder Gärten, zeigt sich in beiden Bundesländern eine Reduktion von 0,8 Quadratmeter. Durchschnittlich betragen Freiflächen in Niederösterreich 10,7 Quadratmeter, in Wien 8,1 Quadratmeter.
Fertigstellungen 2022 am Höhepunkt
In Wien ist dieses Jahr mit rund 17.400 fertiggestellten Wohneinheiten zu rechnen. Damit werden ähnlich viele Wohneinheiten fertiggestellt wie schon 2020. Dieses Jahr werden besonders viele Einheiten im Segment der freifinanzierten Mietwohnungen errichtet, was mit dem Erwerb ganzer Wohnblöcke durch institutionelle Investoren zu tun hat. Pisecky: „Der Höhepunkt der Fertigstellungen wird - mit rund 19.700 Wohneinheiten - nächstes Jahr erreicht.“ In Wien ist der Anteil der Gemeinnützigen an der Gesamtwohnungsproduktion gegenüber den Gewerblichen leicht gestiegen, insbesondere im Mietsektor. Bernd Rießland, Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV), unterstreicht die Bedeutung der Errichtung größerer Wohnungen: „Durch Corona ist den Menschen die Bedeutung von Freiräumen und ausreichender Raumanzahl bewusst geworden. Die GBV versuchen daher, dem an den Bedürfnissen der Bewohner vorbeigehenden Angebot kleinerer Wohnungen entgegenzuwirken.“ Auch Niederösterreich wird 2022 einen Wohnbaurekord erreichen. „Konkret sind es in diesem Jahr 6900 Einheiten, 2022 rechnen wir mit 7400 fertiggestellten Einheiten“, berichtet Wild. „Ausschlaggebend für diese hohe Wohnungsproduktion ist der Anteil geförderter Mietwohnungen,“ ergänzt Rießland.
Wo in Wien und Niederösterreich gebaut wird
Die Bautätigkeit in Wien findet hauptsächlich in den Außenbezirken statt, Hotspots bleiben die Bezirke 10,11, 21,22 und 23. Im Vergleich dazu ist in den Bezirken 6, 9 und 20 das neu hinzugekommene Angebot am geringsten. Im 21., 22. und 23. Bezirk halten sich bei der Bautätigkeit gewerbliche und gemeinnützige Bauträger die Waage, während in allen anderen Bezirken gewerbliche Bauträger dominieren. Anders stellt sich die Situation in Niederösterreich dar. Hier sind gemeinnützige und gewerbliche Bauträger zu gleichen Teilen an der Wohnungsproduktion beteiligt. Besonders stark sind die Gemeinnützigen etwa in Wiener Neustadt, St. Pölten, Amstetten, Neunkirchen, Bruck an der Leitha oder Melk vertreten. In Mödling, Korneuburg und Krems überwiegt der Anteil der Gewerblichen. Rießland: „Gute Verkehrsverbindungen und Grundstückspreise, die leistbare Wohnkosten auch für Bezieher mittlerer Einkommen ermöglichen, sind die wesentlichen Auswahlkriterien für die Bautätigkeit der GBV."
In Niederösterreich wird in der Landeshauptstadt St. Pölten am meisten gebaut, ebenso wie im Umland von Wien, etwa in Korneuburg und Mödling und auch in Krems, das sich immer mehr zu einem Hotspot entwickelt. Im Most- und Industrieviertel gibt es 224 Bauträgerprojekte mit Vermarktungsbeginn ab Oktober 2020, im Wald- und Weinviertel sind es lediglich 76, wobei das Waldviertel mit 20 Projekten das geringste Angebot aufweist.