Der österreichische Immobilienmarkt geriet im Vorjahr unter Druck: Sowohl das Transaktionsvolumen als auch die Preise waren rückläufig, berichtete EHL am Mittwoch zum Immobilienmarkt. Das Transaktionsvolumen ist im Vorjahr 10 Prozent auf mehr als 4 Mrd. Euro gesunken. Allerdings sei heuer im 2. Halbjahr wieder mit einem steigenden Transaktionsvolumen zu rechnen.
2022 kam es nach einem guten 1. Halbjahr zu einem Einbruch zur Jahresmitte, erst im letzten Quartal erholte sich der Markt wieder. Wobei Top-Objekte deutlich besser abgeschnitten haben, als der Durchschnitt. Dafür gab es in anderen Segmenten Preisrückgänge um bis zu 15 Prozent, heißt es in dem Immobilienbericht.
"Der Markt hat steigende Rohstoffpreise, Konjunkturschwäche, Lieferkettenprobleme und auch noch den Beginn des Ukrainekonflikts gut bewältigt, aber die geänderte Zinspolitik und die in der Folge deutlich gestiegenen Finanzierungskosten haben sowohl das Transaktionsgeschehen als auch die Preise negativ beeinflusst", erklärte Michael Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe. "Insbesondere für institutionelle Investoren hat sich die relative Attraktivität von Immobilienveranlagungen verschlechtert. Es ist viel Geld in andere Märkte und Segmente, vor allem festverzinsliche Wertpapiere im US-Dollar-Raum geflossen" , ergänzte Ehlmaier.
Für heuer ist man bei der EHL aber wieder vorsichtig optimistisch. Insbesondere bei den für Investoren relevanten, langfristigen Zinsen stünden die Zeichen bereits wieder auf Entspannung: "Zwar liegen die SWAP-Sätze im 10-Jahresbereich mit aktuell rund 2,8 Prozent deutlich höher als vor einem Jahr, als sie sich noch unter der Ein-Prozent-Marke befanden, sind aber immerhin um fast einen ganzen Prozentpunkt niedriger als auf dem Höhepunkt der Entwicklung im Sommer 2022. Wenn sich diese Entwicklung verfestigt, wird das auch Immobilien wieder attraktiver machen", sagte Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter der EHL Investment Consulting. Unsicherheiten bei der Genehmigungs- und der Bauzeit erschwere Immobilien-Entwicklern laut Pöltl einen Umstieg auf langfristige Zinsbindungen.
Preisrückgänge seien etwa bei Objekten in schwächeren Lagen oder mit schwierigen Vermietungssituationen oder größerem Handlungsbedarf zur Erreichung der ESG-Ziele zu erwarten. Bei Top-Objekten werde sich die Preisanpassung aber in Grenzen halten.
Markante Änderungen gab es am Wiener Wohnungsmarkt: Einerseits wurden einige Wohnbau-Projekte aus den Jahren 2019 bis 2021 fertig gestellt, sodass im Vorjahr 19.000 neue Wohnungen auf den Markt gekommen sind. Dafür haben hohe Energiepreise für steigende Wohnkosten gesorgt. In Kombination mit den verschärften Finanzierungsregeln und höheren Finanzierungskosten verschob sich die Nachfrage vom Eigentum hin zur Miete. Dafür sei der Markt stabil, erklärte Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen. "Trotz des geänderten Umfelds sind Leerstände weiterhin kein großes Thema", ergänzte Schunker. .
Bis Jahresmitte würden noch ausreichend Wohnungen auf den Markt kommen, so Schunker, doch ab der zweiten Jahreshälfte sei mit einem markanten Rückgang zu rechnen. Der deutliche Rückgang der Baugenehmigungen seit 2021 und der Baustopp der Entwickler werde zu einem Rückgang der Bauleistung führen. Für 2024 erwarte sie mit weniger als 11.000 Einheiten das niedrigste Niveau seit 2018. Bei den Entscheidungskriterien von Wohnungssuchenden gewinne das Thema Energie an Bedeutung, so Schunker.
Relativ wenig Veränderung erwarte sie bei den Preisen: 2022 sind die Kaufpreise im Durchschnitt um 8,2 Prozent gestiegen. Ab dem 2. Halbjahr könne es aufgrund der Angebotsverknappung wieder zu Preisanstiegen kommen. Bei den Mieten rechnet Schunker nach einem Plus von durchschnittlich 6,8 Prozent im Jahr 2022 mit einem Anstieg um 6,0 bis 8,5 Prozent im heurigen Jahr.
An Büroflächen wurden im Vorjahr in Wien 126.000 Quadratmeter errichtet, heuer werden es nur rund 42.500 sein. Im Vorjahr konnten trotz der Krisen und Probleme rund 190.000 Quadratmeter vermietet werden. "Insgesamt können wir jedoch auf einen sehr zufriedenstellenden Marktverlauf mit erfreulichem Flächenumsatz zurückblicken. Auch das Mietpreisniveau zeigt sich zu Jahresende leicht steigend und die Leerstandsrate wies einen weiteren Rückgang auf nur mehr 4,0 Prozent auf", sagte Bürospezialist Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien. Wobei Wernhart einen Wandel vom Mieter- zum Vermietermarkt feststellt - also ein leicht steigender Trend zu verzeichnen sei. Die Durchschnittsmieten stiegen 2022 von 14,90 auf 15,10 Euro pro Quadratmeter im Monat, Spitzenmieten stiegen auf 27 Euro. Für 2023 ist mit einem weiteren moderaten Mietpreisanstieg zu rechnen, der sich aber auf moderne und energieeffiziente Objekte in perfekt erschlossenen Lagen beschränken werde.
Der Einzelhandel litt zuletzt unter der hohen Inflation und dem damit verbundenen Kaufkraftverlust sowie unter den Lieferkettenproblemen. Der wieder aufkeimende Tourismus konnte hier nur wenig gegensteuern. Daher verzeichne man höhere, aber noch immer moderate Leerstandsraten und niedrigere Mieteinnahmen. Doch trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sei der Einzelhandelsmarkt insgesamt intakt und stabil. "Am besten schnitten ein wenig überraschend Luxus und Diskont ab", so Mario Schwaiger, Leiter Einzelhandelsimmobilien der EHL Gewerbeimmobilien. Auffällig sei die deutlich kürzere Laufzeit neuer Mietverträge, mehr als 5 Jahre seien mittlerweile die Ausnahme. "Damit wird der Unsicherheit über die langfristigen Perspektiven in wichtigen Handelsbranchen ebenso Rechnung getragen wie der Betriebskostenthematik, die wegen der hohen Energiepreise enorm an Brisanz gewonnen hat", erklärte Schwaiger. Auch andere, risikobegrenzende Maßnahmen wie umsatzabhängige Mietbestandteile oder Vereinbarung von Gesamtmieten inkl. Betriebskosten gewinnen an Bedeutung.
Bei der Flächennachfrage gehe der Trend weiterhin in Richtung sehr guter und bester Lagen, während B-Lagen noch stärker als bisher unter Druck gerieten.
Am Logistikmarkt wurden im Vorjahr in Wien und Wien Umgebung rund 182.000 Quadratmeter vermietet. Auf die Regionen im Süden und Osten von Wien entfielen rund zwei Drittel der Logistik-Vermietungen, teilte CBRE in einer Aussendung mit.
An den drei Logistik-Hotspots Wien, Graz und Linz wurden im Jahr 2022
insgesamt etwa 146.000 Quadratmeter fertiggestellt. Der Großteil -
96.000 Quadratmeter - entfiel auf den Logistikmarkt Wien, in Graz wurden
rund 7.000 Quadratmeter fertiggestellt, am Logistikmarkt Linz waren es
43.000 Quadratmeter. Zum Jahresende 2022 lag die Spitzenmiete bei 6,50
Euro pro Quadratmeter und Monat, ein Anstieg um 12 Prozent gegenüber dem
Jahresende 2021. (apa)