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ESG

St. Pölten ist österreichischer Versiegelungs-Spitzenreiter

Österreichs größte Städte laut WWF-Analyse stärker versiegelt als gedacht - Handlungsbedarf werde sich wegen Klimawandel erhöhen - VCÖ fordert "Entsiegelungsoffensive" auf Großparkplätzen
Patrick Baldia
st. pölten
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© AdobeStock | Unter den 15 größten heimischen Städten ist Niederösterreichs Landeshauptstadt St. Pölten jene mit der größten Bodenversiegelung pro Einwohner

Einer WWF-Analyse zufolge sind die 15 größten Städte Österreichs deutlich stärker versiegelt als gedacht. Laut einer Auswertung von Satellitendaten liege die versiegelte Fläche bei rund 37.000 Hektar, das wäre fast 35 Prozent höher als auf Basis der bisherigen Methodik angenommen, hieß es am Dienstag in einer Aussendung. Der negative Spitzenreiter ist dabei St. Pölten mit einer versiegelten Fläche von 308 Quadratmetern pro Kopf - gefolgt von Wiener Neustadt und Villach.

"Die vielen Asphaltwüsten werden speziell im Sommer immer stärker zum Risiko für unsere Gesundheit und Lebensqualität. Daher muss die Politik dringend gegensteuern. Neben vorbeugendem Bodenschutz braucht es groß angelegte Entsiegelungs- und Begrünungsprogramme in den Städten", wurde WWF-Bodenschutz-Sprecher Simon Pories zitiert.

Laut WWF beruhte die Ermittlung der Bodenversiegelung bisher auf generellen Hochrechnungen und Einheitswerten für ganz Österreich. Die Werte der neuen Methodik basieren hingegen auf quadratmetergenauen Satellitendaten und erfassen somit alle Flächen präziser. "Der Handlungsbedarf ist größer als vermutet und wird sich aufgrund der Klimakrise weiter erhöhen. Denn gerade stark versiegelte Flächen führen zu Hitzeinseln, die sich auch in der Nacht nicht mehr ausreichend abkühlen", warnte Pories.

Unter den 15 größten Städten ist Niederösterreichs Landeshauptstadt St. Pölten jene mit der größten Bodenversiegelung pro Einwohner (308 Quadratmeter pro Kopf). "Alleine für Straßen sind rund 105 Quadratmeter pro Kopf zubetoniert oder asphaltiert", erklärte der WWF-Experte. Auf dem zweiten Platz folgt Wiener Neustadt mit einer versiegelten Fläche von rund 257 Quadratmetern pro Kopf. "Wiener Neustadt ist jene Stadt mit den meisten versiegelten Betriebsflächen pro Kopf", sagte Pories. Auf den Plätzen drei bis fünf folgen Villach (236 Quadratmeter pro Kopf), Wels (225) und Klagenfurt (221).

Österreichs größte Stadt Wien liegt mit einer Versiegelung von rund 79 Quadratmetern pro Kopf auf dem 15. Platz der untersuchten Städte. "Als Millionenstadt nimmt Wien im Pro-Kopf-Vergleich eine Sonderstellung ein, hat aber gemessen an der Gesamtfläche mit 37 Prozent den größten Versiegelungsgrad. Das ist um fast 40 Prozent mehr als bisher angenommen."

In Österreich ist mittlerweile eine Fläche von fast 3.000 Quadratkilometern komplett versiegelt - das entspricht der gesamten Fläche von Vorarlberg und Wien zusammen. Fast die Hälfte davon besteht aus Straßen oder Parkplätzen. "Überbreite Straßen und Parkplätze, etwa in Gewerbeparks oder im öffentlichen Raum, sollten schrittweise umgebaut und entsiegelt werden. Zudem muss die Politik die EU-Renaturierungsverordnung ambitioniert umsetzen, damit es auch in den Städten mehr Grünräume gibt", so Pories.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) forderte am Dienstag in einer Aussendung eine "Entsiegelungsoffensive" auf Großparkplätzen im Land, beispielsweise bei Shopping-Centern, Super- und Fachmärkten. Diese würden an heißen Tagen zu Hitzeinseln und verschärften die Belastung für die Bevölkerung in der Umgebung, hieß es. Asphalt könne sich auf über 60 Grad Celsius aufheizen. Mit mehr Bäumen sowie versickerungsfähigen Oberflächen solle die lokale Hitzebelastung reduziert werden.

Der Handelsverband versuchte in einer Aussendung in Reaktion auf den VCÖ indes etwa zu entkräften, dass rund 184.000 Autoparkplätze bei den 245 Austro-Einkaufszentren einen zu geringen Nutzen hätten. Den Abstellplätzen stünden 567 Millionen Besuche in den Shoppingcentern gegenüber. In vielen Regionen Österreichs nutzt die überwiegende Mehrheit der Kunden das Auto für ihren Einkauf, oftmals weil öffentliche Verkehrsmittel nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Deshalb braucht es natürlich auch Parkplätze", so Geschäftsführer Rainer Will. "Der VCÖ kritisiert Österreich als Land der Parkplätze, weist dabei aber ausschließlich auf Supermärkte und Einkaufszentren hin - so als ob andere Einrichtungen wie Spitäler, Ämter, Schulen, aber auch Wohngebiete keine Parkplätze hätten." (apa)