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Wann gilt ein Altbau mietrechtlich als neu errichtet?

Der OGH kam in einem Erkennis (5 Ob 162/23v) zur Ansicht, dass baulichen Aspekte gewichtiger sind als die wirtschaftlichen.
Roland Weinrauch
Wann gilt ein Altbau mietrechtlich als neu errichtet?
© Weinrauch Rechtsanwälte

Was ist passiert?

Die Antragsgegner sahen in der Erneuerung eine „Entkernung des Gebäudes“ und vertraten daher die Rechtsauffassung, dass von einer „Neuerrichtung des Gebäudes“ auszugehen ist, die mietrechtlich den Teilanwendungsbereich des MRG begründet. Die Antragsteller wiederum argumentierten, dass die alten Räume weiterverwendet worden seien.

Es stellte sich daher die Frage, wann von einer „Neuerrichtung eines Gebäudes“ auszugehen ist, die mietrechtlich den Teilanwendungsbereich des MRG begründet.

Rechtliche Beurteilung

Unter den Teilanwendungsbereich des MRG fallen Gebäude, die aufgrund einer nach dem 08.05.1945 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden.

Eine Neuerrichtung eines Gebäudes iSd § 1 Abs 4 Z 1 MRG liegt dann vor, wenn es sich um die Neuschaffung von neuem Raum für Wohnzwecke oder Geschäftszwecke handelt, der entweder bisher überhaupt nicht zur Verfügung stand oder zur Verwendung als Wohn- oder Geschäftsräume nicht geeignet war.

Bloße Veränderung und bauliche Umgestaltung von bestehendem Raum, wie bspw. durch Renovierung, Teilung von Wohnungen oder Umwandlung von Geschäftsräumen in Wohnräume, mag sie auch mit beträchtlichen Kosten verbunden sein, fällt nicht unter den Begriff. Es liegt daher keine Neuerrichtung eines Gebäudes vor, wenn bestehen gebliebene Räume des alten Baubestandes im neuen Haus weiterverwendet werden.

Wenn nur einzelne Gebäudeteile eines Objekts erhalten geblieben sind, wird darauf abgestellt, welche Funktion diese Teile haben und in welchem Ausmaß sie weiterbestehen.

Wenn es sich um geringfügige Reste des alten Mauerwerks handelt wie bspw. Gebäudeteile, denen im Zusammenhang mit der Vermietung keine selbständige Bedeutung zukommt, kann im Einzelfall trotzdem von einer Neuerrichtung gesprochen werden. Wenn aber das eigentliche Mieterschutzobjekt, also eine als Wohnung oder Geschäftslokal selbständig vermietbare Räumlichkeit, erhalten geblieben ist, liegt keine Neuerrichtung vor.5 Ob 162/23v

Der OGH kam schließlich im vorliegenden Rechtsstreit zu 5 Ob 162/23v zu dem Ergebnis, dass selbst wenn die wirtschaftlichen Aspekte so schwer wiegen, dass wegen Unwirtschaftlichkeit nicht einmal mehr die Erhaltungspflicht des Vermieters gegeben ist, trotzdem keine „Neuerrichtung des Gebäudes“ vorliegt, da die baulichen Aspekte gewichtiger sind als die wirtschaftlichen.

Die Bewertung der baulichen Veränderung bleibt jedoch, gerade wenn Gebäudeteile erhalten bleiben, stets eine Frage des Einzelfalls.

Schlussfolgerung

Bleiben Teile erhalten, ist insbesondere das Ausmaß und die Funktion der erhalten gebliebenen Gebäudeteile von Bedeutung, nicht nur das Ausmaß der Erneuerung. Die baulichen Aspekte wiegen schwerer als die wirtschaftlichen, mögen die Erneuerungen noch so kostenintensiv sein. Die Frage, wann von einer Neuerrichtung eines Gebäudes auszugehen ist, die mietrechtlich den Teilanwendungsbereich des MRG begründet, hängt daher regelmäßig vom Einzelfall ab.